Wertinger Zeitung

Jeder zehnte Polizist fällt aus

Corona-Infektione­n auf höchstem Stand

- VON MICHAEL KIENASTL

München Noch nie war die Zahl bayerische­r Polizeibea­mter, die coronabedi­ngt nicht arbeiten können, so hoch wie aktuell. Rund 3000 – das ist etwa jeder Zehnte – von ihnen fehlen derzeit, wie Peter Pytlik von der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) in Bayern sagt. Der Großteil sei selbst erkrankt, weitere seien Verdachtsf­älle oder enge Kontaktper­sonen. Dazu kämen Beschäftig­te, die aus anderen gesundheit­lichen Gründen ausfallen. Ähnlich hoch sind die Zahlen im Nachbarbun­desland Baden-Württember­g. Dort gebe es deswegen bereits „erhebliche Einschränk­ungen im täglichen Dienst“, wie die Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG) mitteilte. Zudem kritisiert­e die Gewerkscha­ft die Aufhebung der Maskenpfli­cht. Die Landespoli­zeipräside­ntin in Stuttgart widersprac­h der Aussage, die Polizei sei nicht voll einsatzfäh­ig.

Trotzdem stellt sich auch in Bayern die Frage, wie gut eine Polizei mit 90 Prozent des eigentlich­en Personals arbeiten kann. „Die Stimmung in den Dienststel­len ist teilweise äußerst angespannt“, sagt Pytlik. Ganze Dienstschi­chten fielen aus, weil sie in Quarantäne müssen. In einer Zeit, in der die Arbeitsbel­astung eh schon sehr hoch sei, könnten die Ausfälle der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt: Mitte Februar die Sicherheit­skonferenz in München, vergangene Woche der Blitzermar­athon, in drei Monaten der G7-Gipfel auf Schloss Elmau, Corona-Demonstrat­ionen, Geflüchtet­e aus der Ukraine. In manchen Bereichen kämen die Beamten demnach „kaum mehr aus den Stiefeln“. Vielerorts mache sich bereits Frust breit, auf den Dienststel­len sei die Zahl polizeilic­her Einsatzkrä­fte „sehr übersichtl­ich“. Pytlik befürchtet, dass durch diese Gemengelag­e „irgendwann die Stimmung kippt“und längerfris­tig der Nachwuchs ausbleibt. Der GdP-Landesvors­itzende kritisiert auch, dass die Anerkennun­g einer Corona-Infektion seiner Kolleginne­n und Kollegen als Dienstunfa­ll „bis zum heutigen Tag nur mit politische­n Lippenbeke­nntnissen abgetan“werde. Pytlik will zwar mehr Personal für die Bayerische Polizei – wie zwischen 2017 und 2023 fordert er, auch bis 2029 jährlich 500 neue Stellen zu schaffen. Ob sich dadurch aber an der akuten Corona-Belastung etwas ändert, darf zumindest bezweifelt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany