Festspiele in Zeiten des Krieges
Krise Von Netrebko bis Currentzis: Wie man in Salzburg mit russischen Künstlern umgehen will.
Der Druck auf berühmte Künstler, die mit dem russischen Machtapparat verknüpft sind, nimmt weiter zu – und offensichtlich auch der Druck auf Intendanten im Westen, die sich bislang direkt oder indirekt schützend vor schnell geächtete Künstler wie Anna Netrebko und Valery Gergiev gestellt haben.
Während der Salzburger Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser bald nach der Münchner Kündigung des Philharmoniker-Generalmusikdirektors Valery Gergiev am 1. März und nach den Stornierungen von Auftritten der Starsopranistin Anna Netrebko grundsätzlich erklärt hatte, russische Künstler sollten nicht im Stich gelassen werden, sie seien zu unterstützen statt zu ächten, sagte er nun in einem Interview des Fernsehsenders 3Sat hinsichtlich Salzburg: „Ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es in den nächsten Jahren nicht zu einem Engagement von Anna Netrebko kommen wird. Mit Sicherheit.“
Gleichzeitig könne er sehr gut nachvollziehen, dass für den Dirigenten Gergiev „alle Türen in unserem Bereich zugefallen sind“. Auch er werde niemandem eine Bühne geben, der eine wesentliche Rolle im System Putin gespielt habe – oder „von dem ich weiß, dass er diesen Krieg gutheißt“.
Mit dieser Positionierung aber ist ein Problem für die Salzburger Festspiele 2022 noch nicht gelöst: Die repräsentative Festival-Eröffnung mit Opern von Bartók und Orff soll laut Planung der in Griechenland geborene Teodor Currentzis übernehmen – Dirigent mit russischem Pass und Leiter des Orchesters „musicAeterna“, finanziell gefördert durch die mittlerweile sanktionierte russische Bank VTB und die Oligarchen-Stiftung V-A-C.
Gleichwohl Currentzis von mehreren Seiten gebeten wurde, hinsichtlich des Ukraine-Kriegs und Putin deutlich Stellung zu beziehen – und diese offizielle Stellungnahme bislang ausblieb –, liegt das Salzburger Problem auch in der SponsorenFinanzierung des Festspiel-Auftaktabends. Hinterhäuser: „Das ist eine der komplexeren Fragen, denen wir uns im Moment zu stellen haben.“Der Südwestrundfunk Stuttgart, bei dem Currentzis ebenfalls Chefdirigent des Symphonieorchesters ist, will jedenfalls an ihm festhalten.
Unterdessen hat Kriegsführer Putin in einer russischen Fernsehsendung Gergiev angeboten, zusätzlich zum Petersburger MariinskiTheater das Moskauer Bolschoi musikalisch zu übernehmen.