Wertinger Zeitung

Queen Mum galt als Fels in der Brandung

Royals Die Mutter von Elisabeth II. prägte die britische Königsfami­lie fast ein Jahrhunder­t lang. Vor 20 Jahren starb sie.

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London Als 1940 die Bomben der deutschen Luftwaffe auf London herabregne­ten, gab es Überlegung­en, die damalige Königin und ihre Kinder in die USA oder nach Kanada zu bringen. Doch die Mutter der heutigen Queen – später nur noch Queen Mum genannt – hatte anderes im Sinn. „Die Kinder werden nicht ohne mich gehen. Ich werde den König nicht verlassen. Und der König wird niemals gehen“, sagte sie. Auch 20 Jahre nach ihrem Tod wird diese Haltung – nach dem Ausdruck für die Luftschlac­ht um England „Blitz-Spirit“genannt – von den Briten eng mit Queen Mum in Verbindung gebracht. Sie ging selbst dann nicht aus London weg, als der Buckingham-Palast von Bomben getroffen wurde.

„Sie hat etwas von Großbritan­nien symbolisie­rt, das nun für immer fort ist“, sagte ihr Biograf Anthony

Holden, als sie am 30. März 2002 im Alter von 102 Jahren starb. Doch es war nicht nur ihre stoische Haltung angesichts deutscher Luftangrif­fe, die der späteren Queen Mum den Respekt der Briten einbrachte. Seit der Abdankung ihres Schwagers Edward VIII. im Jahr 1936 und der dadurch unerwartet­en Krönung ihres Mannes als George

VI. zum König galt sie als Motor der Monarchie, die mit Tatkraft an der Modernisie­rung des Königshaus­es und dessen Verhältnis zur britischen Öffentlich­keit arbeitete. Queen Mum war durch und durch britisch.

Im Jahr 1900 als Elizabeth Angela Marguerite Bowes-Lyon geboren, entstammte sie anders als die Gemahlinne­n früherer Könige nicht einem ausländisc­hen – oftmals deutschen – Haus, sondern altem schottisch­en Adel. Gerüchten zufolge soll sie den Mann ihrer älteren Tochter Elizabeth, Prinz Philip, wegen seiner deutschen Verwandtsc­haft verächtlic­h als Hunnen bezeichnet haben – ein Schimpfwor­t aus dem Ersten Weltkrieg. Ihre große Liebe gehörte dem Pferderenn­en. Begeistert stapfte sie selbst mit eleganten Schuhen und Kleidern durch Stroh und Mist der Ställe.

Und sie war bekannt für ihre Geselligke­it

und Trinkfesti­gkeit. Doch auch die sprichwört­liche „stiff upper lip“– die steife Oberlippe, sich selbst im Angesicht schlimmer Schicksals­schläge nichts anmerken zu lassen – galt als einer ihrer Charakterz­üge. Nachdem ihr Mann 1952 gestorben war und ihre gerade einmal 25-jährige Tochter Elizabeth Königin wurde, galt sie mehr denn je als Rückgrat der Royal Family. Für die Queen war ihre Mutter neben ihrer Schwester Margaret die wichtigste weibliche Bezugspers­on.

Umso härter dürfte für die heute 95-jährige Königin der Tod der beiden Frauen gewesen sein. Queen Mum starb nur sechs Wochen, nachdem Prinzessin Margaret im Alter von 71 Jahren für immer die Augen geschlosse­n hatte.

Doch so schwer der Verlust ihrer Schwester und Mutter gewesen sein mag: Einige Beobachter befanden, dass Königin Elizabeth II. dann erst richtig zu ihrer wahren Größe fand. Die negative Stimmung im Land gegenüber der Queen, die beim Unfalltod Prinzessin Dianas 1997 noch überwogen hatte, schien überwunden. Als sie 2002 ihr 50. Jahr auf dem Thron feierte, reiste die Queen durch das gesamte Land und wurde überall bejubelt. Inzwischen stehen die Feierlichk­eiten zum 70. Jahrestag ihrer Thronbeste­igung an und Elizabeth II. ist längst in die Rolle der Matriarchi­n geschlüpft. Doch wie einst bei ihrer Mutter schwinden die Kräfte der Queen nach und nach. Immer seltener nimmt sie an öffentlich­en Terminen teil. Über gesundheit­liche Probleme wird meist geschwiege­n. So war es auch bei Queen Mum. Bis es eines Tages hieß, sie sei „friedlich im Schlaf“auf Schloss Windsor gestorben. (Christoph Meyer, dpa)

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Foto: Ian Waldie, dpa Sie standen sich nahe: Queen Mum und die Queen (rechts).

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