Ihr Zuhause ist das Wildwasser
Ricarda Funk ist Weltmeisterin und Olympiasiegerin. Am Wochenende kämpft sie in ihrer Wahlheimat Augsburg um einen Startplatz für die nächste Meisterschaft.
Schon als junges Mädchen hat Ricarda Funk anschauliche Worte für ihren Sport gefunden. „Das Wasser und seine Strömung ist unser Element, wir versuchen es zu nutzen und zu überlisten. Kanuslalom ist eine Faszination, die man nicht erklären kann, sondern erleben muss“, beschrieb sie als Schülerin des Rheingymnasiums Sinzig einst ihren Alltag als Leistungssportlerin. Damals absolvierte sie um 5 Uhr morgens ihre ersten Trainingseinheiten auf dem Wasser und klebte den Schulstoff in Klarsichthüllen auf ihr Boot, um während des Paddelns zu lernen.
Heute ist Ricarda Funk 30 Jahre alt und amtierende Olympiasiegerin im Kajak Einer der Frauen. Vor elf Jahren, kurz nach dem Abitur, entschloss sie sich, ihre Heimat im Ahrtal zu verlassen, um sich in Augsburg auf ihre sportliche Karriere zu konzentrieren, denn „ohne einen solchen Superstandort kommt man nicht weiter“, sagt Funk. Als Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr wechselte sie in die Fuggerstadt, wo sie Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert und im Bundesleistungszentrum am Eiskanal trainiert.
„Ein Schlüsselerlebnis“, sagt sie mit Blick auf ihren Ortswechsel, denn schnell folgten die großen internationalen Erfolge: 2013 EM-Gold in Wien, 2016 und 2017 jeweils der Gesamt-WeltcupSieg, 2017 und 2018 WM-Bronze. Doch nichts ist vergleichbar mit dem herausragenden Jahr 2021, in dem Ricarda Funk die internationale Konkurrenz in ihrer Bootsklasse in Grund und Boden fuhr und das historische Double erreichte. Sie wurde nicht nur Weltmeisterin, sondern gewann im gleichen Jahr in Tokio Gold bei den wegen der Pandemie um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele. Bei der Kanuslalom-Weltmeisterschaft vom 26. bis 31. Juli könnte sie in ihrer Wahlheimat Augsburg mit der Titelverteidigung einen weiteren Coup landen. Allerdings muss sie sich bei der am Wochenende in Augsburg stattfindenden Qualifikation erst noch den Startplatz im Nationalteam sichern.
Die Kanutin, die aus Verbundenheit zu ihrer rheinland-pfälzischen Heimat weiter für den KSV Bad Kreuznach startet, geht das mit der ihr eigenen Disziplin und Akribie an. Der Wettkampfgeist sei von Anfang an ihr Antrieb gewesen. „Ich wollte wie mein älterer Bruder Rennen fahren und Pokale gewinnen. Doch in meinem allerersten Wettkampf bin ich Letzte geworden. Das hat mir gar nicht gepasst“, erinnert sich Funk heute mit einem Lachen.
In Augsburg wurde sie mehrfach zur Sportlerin des Jahres gewählt. Und für ihre Karriere nimmt Ricarda Funk – wenn auch mit einem kleinen Bedauern – gern in Kauf, dass andere Aktivitäten wie Lesen, Wandern, Freunde treffen oder die Familie zu besuchen momentan ein wenig zu kurz kommen. Dafür hat sie ihre neue Popularität nach dem Olympiasieg mit viel Engagement dafür genutzt, Spendengelder für die Flutopfer in ihrer Heimat zu sammeln.