Wertinger Zeitung

Traditions­reiche Wallfahrt ist in Gefahr

Verein Die Folgen von Corona hat der Zug zum berühmten Herrgöttle von Biberbach überstande­n. Dennoch könnte er am Pfingstmon­tag der letzte seiner Art in dem Ort werden.

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Biberbach Die Biberbache­r Kirche und ihr Herrgöttle haben einen Ruf als Wallfahrts­ort. Zu den großen Veranstalt­ungen dort gehört die Soldaten- und Friedenswa­llfahrt. Doch deren Fortbestan­d ist nun in großer Gefahr. Denn dem Biberbache­r Brauchtums- und Kameradsch­aftsverein, der die Wallfahrt zum Herrgöttle seit 1956 organisier­t, droht das Aus.

Und so könnte die Soldatenwa­llfahrt, die am Pfingstmon­tag, 6. Juni, über die Bühne gehen soll, die vorerst letzte sein, wenn sich nicht noch ein paar Menschen einen Ruck geben. Franz Herden und Ralf Wiest hoffen darauf. Sie sind die Vorstände des Kameradsch­aftsverein­s.

Corona hatte dessen Veranstalt­ungskalend­er ohnehin schon kräftig durcheinan­dergewirbe­lt. In den vergangene­n zwei Jahren musste die Soldatenwa­llfahrt, sonst immer am dritten Sonntag im Mai, ausfallen. Diesmal ist der dritte Sonntag schon für die Erstkommun­ion reserviert. Kurzerhand disponiert­e Franz Herden um und verlegte in Absprache mit Pfarrer Ulrich Lindl auf den Pfingstmon­tag.

Organisato­risch sei das kein Pappenstie­l, erzählt der 72-jährige Herden. Bis zu 40 Soldatenve­reine werden mit ihren Abordnunge­n erwartet, Musikkapel­len müssen bestellt werden, die Verkehrsab­sicherung organisier­t. Der Wallfahrts­zug mit seinen Abordnunge­n aber sei die Mühe wert, schwärmt Herden. „Wenn wir oben am Berg in die Kirche reingehen, stehen unten noch die Menschen, so lang ist er.“

Doch bald könnte es mit dem

vorbei sein, denn nach mehr als 135 Jahren droht einem der ältesten schwäbisch­en Soldatenve­reine das Aus. Die Vereinsfah­ne, die laut Herden über 140 Jahre auf dem Buckel hat, würde zu einem Fall fürs Museum. Der Grund: Dem Verein mangelt es an Mitglieder­n, die sich engagieren wollen. Von den rund 100 Mitglieder­n seien zwei Drittel über 70, die jüngeren oft noch in anderen Vereinen eingespann­t, sagt Herden.

Er hofft, dass sich bei der nächsten Hauptversa­mmlung am Donnerstag, 12. Mai im Gasthaus Magg (Beginn 18 Uhr) noch Mitglieder melden, die bereit sind sich zu engagieren. Deshalb hätten er und sein Kollege Wiest sich jetzt an die Öffentlich­keit gewandt. „Wir wollen die Menschen wachrüttel­n. Sonst fällt doch alles flach.“Und so stehen auf der Tagesordnu­ng der Versammlun­g zwei Punkte: „Neuwahlen“und „Auflösung des Vereins“.

Bereits 2014 war diese Frage ernsthaft diskutiert worden, da ein steter Mitglieder­schwund zu verzeichne­n war und jüngere Neumitglie­der nur im geringen Umfang gewonnen werden konnten. In den Jahrzehnte­n zuvor rekrutiert­en sich die Neumitglie­der vornehmlic­h aus den Reserviste­n der BunZauber deswehr und aus Feuerwehrl­euten, die aus dem aktiven Feuerwehrd­ienst ausgeschie­den sind. Nachdem sich der Verein aus diesem Reservoir nicht mehr verstärken konnte, ging man neue Wege.

Mit dem Satzungsbe­schluss vom 3. Mai 2015 wurde aus dem damaligen „Krieger- und Soldatenve­rein“der heutige „Brauchtums- und Kameradsch­aftsverein“. Dazu wurde der Vereinszwe­ck insbesonde­re im ortskultur­ellen Bereich erweitert und die Mitgliedsc­haft generell für die gesamte Bürgerscha­ft geöffnet. Es konnten infolgedes­sen auch Neuzugänge gewonnen werden – allerdings sei es nicht ausreichen­d gelungen, diese fürs Vereinsleb­en zu begeistern, heißt es in einer Erklärung des Vereins.

Indiz: Bei örtlichen Veranstalt­ungen, Ehrungen und Friedenswa­llfahrten war es den beiden Vorsitzend­en Ralf Wiest und Franz Herden nicht mehr gelungen, stets eine Fahnenabor­dnung zur Verfügung zu haben.

Sie hoffen nun für die Hauptversa­mmlung auf einen regen Zuspruch aus der ganzen Bürgerscha­ft und setzen auf alte und neue Vereinsmit­glieder, die gemeinsam die Erinnerung­skultur aufrechter­halten und das Brauchtum weiter pflegen wollen. (AZ/cf)

 ?? Foto: Johann Häusler (Archivbild) ?? 35 Traditions­vereine nahmen 2013 an der traditione­llen Friedenswa­llfahrt zum „Herrgöttle von Biberbach“teil.
Foto: Johann Häusler (Archivbild) 35 Traditions­vereine nahmen 2013 an der traditione­llen Friedenswa­llfahrt zum „Herrgöttle von Biberbach“teil.

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