Die Fuggerei feiert ihr Jubiläum nach
Pandemie Weil Touristen ausblieben, brachen der Sozialsiedlung Einnahmen weg. 2023 werden deshalb die Eintrittspreise erhöht. Wie die Bewohner durch die Krise kamen und worum es ab heute auf dem Rathausplatz geht.
Augsburg Es waren schlechte Zeiten für die Fuggerei – und das ausgerechnet in einem Jahr, in dem gefeiert werden sollte: Durch die Corona-Pandemie und die Entwicklung auf dem Holzmarkt brachen der Sozialsiedlung rund 60 Prozent ihrer Einnahmen weg. Das 500-jährige Bestehen, das im August 2021 auf dem Programm stand, fiel deshalb kleiner aus, der Fuggerei-Pavillon, der Freitag auf dem Rathausplatz eröffnet wird, wurde um ein halbes Jahr verschoben. Schwerer wiegen jedoch die Auswirkungen auf die Siedlung selbst, denn sie wird aus Eintrittsgeldern und den Einnahmen aus der Forstwirtschaft unterhalten. Die Fugger’schen Stiftungen werden daher nächstes Jahr die Ticketpreise erhöhen.
Die Fuggerei ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Augsburgs, die Besucherinnen und Besucher kommen aus der ganzen Welt. Vor Corona war die Zahl der Gäste auf rund 220.000 im Jahr gestiegen – darunter viele Schulklassen, Busreisende und Touristen aus Europa, Amerika und asiatischen Ländern. Mit der Pandemie war damit schlagartig Schluss: Weil die Fuggerei laut der Corona-Verordnungen wie ein Museum zu handhaben war, wurde sie mit dem ersten Lockdown für Besucherinnen und Besucher geschlossen und blieb über Monate zu.
Kulturbetriebe seien von den Kulturbeschränkungen mit am längsten betroffen gewesen, für die Fuggerei habe es keine finanziellen Entschädigungen von Bund oder Land gegeben, sagt Stiftungsadministrator Wolf-Dietrich Graf von Hundt. „Allein im Tourismus blieben wir bei den Einnahmen 60 bis 70 Prozent unter dem Plan.“
Obwohl nun nahezu alle Beschränkungen aufgehoben sind, hat sich der Tourismus noch nicht wieder erholt. „Bei Gruppenreisen fehlt uns noch rund ein Drittel der Besucher, auch die Schulklassen – normal etwa 850 im Jahr – sind noch nicht in dem Maß zurückgekehrt“, sagt Fuggerei-Sprecherin Astrid Gabler. Der Individualtourismus laufe langsam wieder an, allerdings: Viele Besucher stammen aus Augsburg und der Region. „Gäste aus weiter entfernten Ländern, vor allem aus dem asiatischen Markt, kommen kaum.“Den 150 Bewohnerinnen und Bewohnern der Sozialsiedlung ging der gewohnte Trubel in den Gassen der Fuggerei ab. Für viele ist ein Gespräch mit Touristen eine nette Abwechslung. Darüber hinaus wurden Angebote eingestellt, die die Stiftungen normalerweise für Bewohner bereithält: der Fuggerei-Treff, in dessen Rahmen sie sich zum Frühstück oder Austausch treffen, die Gottesdienste ... „Die Stimmung in der Siedlung war teilweise gespenstisch, weil auch hier niemand mehr aus dem Haus ging“, so Graf von Hundt.
Vereinsamung ist auch ohne Pandemie ein Thema, mit dem man sich in der Fuggerei beschäftigt: Rund 60 Prozent der Menschen leben dort alleine. Während der Lockdowns habe dieses Problem zugenommen. „Manche Bewohner hatten sich komplett zurückgezogen“, sagt der Stiftungsadministrator. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, riefen Sozialpädagoginnen und die Leiterin des Fuggerei-Treffs neue Formate ins Leben. „Wir haben eine Fuggerei-Zeitung entwickelt, in der wir monatlich über Neuigkeiten informierten. Das werden wir nach Corona beibehalten“, so Astrid Gabler. Die Sozialpädagoginnen begannen, jeden Bewohner und jede Bewohnerin einmal pro Woche anzurufen, um ein Gespräch zu ermöglichen. Statt des für alle offenen FuggereiTreffs gab es Einzelbegegnungen zwischen der Organisatorin und je einem Gast.
Auch die zweite Einnahmequelle, die Forstwirtschaft, brach zeitgleich mit dem Tourismus ein: Durch die Trockenheit der Jahre 2018 und 2019 und daraus resultierenden Schäden wie erhöhtem Schädlingsbefall, aber auch wegen starker Stürme mussten mehr Bäume geschlagen werden, der Markt war bis ins erste Corona-Jahr hinein gesättigt. Die Folge: sinkende Preise. In diesem Bereich belief sich das Minus der Fuggerei-Einnahmen auf rund 50 Prozent. Der Markt habe sich erst seit Oktober vergangenen Jahres wieder beruhigt.
Was die jedes Jahr notwendigen Sanierungen der Fuggereihäuschen betrifft, für die in der Regel etwa eine Million Euro einkalkuliert ist, musste laut Stiftungsadministrator nicht abgespeckt werden. Um die Instandhaltung für die Zukunft zu garantieren, werden die Stiftungen ab 2023 aber die Eintrittspreise erhöhen. Bislang zahlen Erwachsene für einen Besuch 6,50 Euro, zuletzt waren die Preise im Jahr 2019 von damals 4 Euro pro Person erhöht worden. Wolf-Dietrich Graf von Hundt kann sich vorstellen, dass es ab dem ersten Quartal 2023 noch einmal um ein bis zwei Euro nach oben gehen wird.
Das Programm zum 500-jährigen Bestehen der Fuggerei, das im Sommer 2021 groß hätte gefeiert werden sollen, wurde aufgrund der Entwicklungen während Corona eingedampft. Viele Programmpunkte wurden gar nicht angeboten, andere abgespeckt. „Es war einfach etwas weniger Glamour, als wir uns vorgestellt hatten“, so Graf von Hundt.
Dafür soll nun ab Freitag gefeiert werden. Auf dem Rathausplatz steht dafür ein Holzpavillon, der an ein Fuggereihäuschen erinnern soll.
Dort wird es bis 12. Juni viel Programm mit prominenten Gästen geben. Zur Eröffnung wird der ehemalige deutsche Entwicklungsminister und jetzige Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (Unido), Gerd Müller erwartet. Auch der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter und Rip Rapson, Präsident der Kresge-Stiftung, haben sich angesagt. Zu einem weiteren Festakt am Samstag werden EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ministerpräsident Markus Söder erwartet. Ab Samstagabend ist der Pavillon dann für alle geöffnet.
Der Pavillon, der aus Holz der Fugger’schen Stiftungswälder gebaut wurde, soll auch nach dem Ende der Feierlichkeiten weiter bestehen. Wolf-Dietrich Graf von Hundt würde sich eine Verwendung im sozialen oder kulturellen Bereich wünschen, der Pavillon sollte zudem in Augsburg bleiben. Erste Gespräche mit Interessenten gebe es. „Wir sind aber weiter offen“, so Stiftungsadministrator Graf von Hundt.