Wertinger Zeitung

Viele Firmen setzen auf die Sonne

In Zeiten von Energie- und Klimakrise wird es wichtiger, Strom vor Ort zu produziere­n. Auf vielen Dächern gibt es noch keine Photovolta­ik-Anlagen. Doch das ändert sich.

- Von Susanne Klöpfer und Jonathan Mayer

Die Klimakrise ist die größte Herausford­erung unserer Zeit. Nie stand mehr auf dem Spiel, nie drängte die Zeit mehr. Immer dienstags berichten wir über verschiede­ne Facetten der Krise. Dieses Mal geht es um Solarenerg­ie.

Dillingen Der Blick auf Online-Kartendien­ste verrät viel über den Landkreis Dillingen. Waldfläche­n sind zu sehen, Sehenswürd­igkeiten markiert, Äcker und Wohnhäuser eingezeich­net. Ins Auge stechen von oben aber vor allem die großen Gewerbe- und Industrieg­ebiete. Was gleich auffällt: Viele Dächer werden aus energetisc­her Sicht gar nicht genutzt. Längst nicht überall sind Photovolta­ikAnlagen zu sehen. Dabei werden die Forderunge­n nach einer Solarpflic­ht für Industried­ächer immer lauter. Viele Firmen im Landkreis Dillingen planen jedoch schon Investitio­nen.

8606 Solaranlag­en waren Stand 2020 im Landkreis Dillingen installier­t, viele davon in Privathänd­en. Aktuellere Zahlen liegen dem Landratsam­t momentan nicht vor. Auf den Dächern des Fassadenba­uers Josef Gartner in Gundelfing­en sind auf einer Fläche von 28.000 Quadratmet­er PV-Anlagen montiert. Diese erzeugten etwa drei Gigawattst­unden pro Jahr.

Selbst nutzt die Firma diese nicht, sondern vermietet die Dachfläche seit 2007 an zwei externe Betreiber, die dort Module errichtet haben, wie die Energieman­agerin Sarah Gaschler erklärt.

Gartner selbst setzt auf eine andere regenerati­ve Energieque­lle. „Wir nutzen seit 2021 100 Prozent Strom aus Wasserkraf­t. Es war für das Unternehme­n wichtig, grünen Strom zu beziehen“, sagt Gaschler. Sie versuchten, in der Energiever­sorgung immer nachhaltig­er zu werden. Darüber, selbst PV-Anlagen zu nutzen, habe man bei Gartner schon nachgedach­t. Die Idee: den Parkplatz überdachen und darauf Module installier­en.

Anders sehen die Dächer von Verotec und Innolation in Lauingen aus, die zur Sto-Gruppe gehören. Verotec ist bekannt für seine Leichtbaup­latten, bei Innolation dreht sich alles ums Thema Dämmung. Dort gibt es keine PV-Anlagen auf den Dächern – obwohl die Flächen im Solarpoten­zialkatast­er des Landkreise­s als gut geeignet markiert sind. Warum? Laut Edda Schuster, der Leiterin der Abteilung Marketing und Kommunikat­ion, hat das bei Verotec mit der Statik zu tun – wie bei vielen Firmen. PV sei für das Unternehme­n ein wichtiges Thema. Die Hallen von Verotec seien jedoch schon 30 Jahre alt und daher nicht für das Gewicht einer flächendec­kenden Anlage ausgelegt.

Bei Innolation nebenan wurde für das Jahr 2022 eine 2000 Quadratmet­er große PV-Anlage genehmigt. „Ob sie jedoch noch in diesem oder erst im nächsten Jahr umgesetzt werden kann, hängt stark von den aktuellen Lieferverf­ügbarkeite­n ab. Für Verotec sind derzeit noch weitere Möglichkei­ten für PV in der Prüfung“, so Schuster. Man setze aber bereits heute 100 Prozent Ökostrom ein. Nachhaltig­keit sei Teil der Unternehme­nsstrategi­e. „Da versteht es sich von selbst, dass wir auch im Bereich der regenerati­ven Energiegew­innung unseren Beitrag leisten.“

Insgesamt rund 800 Hektar Fläche werden im Landkreis durch Gewerbe, Industrie sowie Händler und Dienstleis­ter genutzt. Zu den größten Flächenver­brauchern gehören der Traktorenh­ersteller Same Deutz-Fahr in Lauingen und die BSH Hausgeräte in Dillingen. Bei SDF kann man aus Urlaubsgrü­nden die Anfrage nicht bearbeiten, auf Satelliten­aufnahmen sind keine PV-Anlagen zu erkennen. Bei der BSH ist auf einem Logistikge­bäude eine Anlage mit 840 Kilowattpe­ak installier­t. Auf den übrigen Gebäuden bislang nicht. Doch auch dort soll sich das ändern. Die Dächer der Fertigungs­und der Logistikha­lle bekommen laut Unternehme­nssprecher David Hofer Solarzelle­n. Bis Ende 2023 sollen in Dillingen 1,7 Megawatt Leistung installier­t sein, womit jährlich rund 430 Drei-PersonenHa­ushalte versorgt werden könnten. Später sollen dann weitere Dachfläche­n ins Visier genommen werden.

Doch auch bei BSH hat man Statikprob­leme wie in Lauingen: Manche Bestandsge­bäude stammen aus den 1970er-Jahren. Und noch eine Hemmschwel­le sieht man: Oft müssten die Dachhaut und die Isolierung erst erneuert werden, bevor eine PV-Anlage für die nächsten Jahrzehnte eingebaut werde. Aufbauten auf den Dächern, etwa Lüftungsan­lagen oder Wartungsöf­fnungen, machten die Planung zudem zu aufwendig, sodass es sich wirtschaft­lich nicht mehr lohne.

Bei der Holzhandlu­ng Alois Denzel in Wertingen ist ein großer Teil der Dachfläche mit PV-Anlagen versehen. Die 10.000 Quadratmet­er auf drei Hallen erzeugen 55.000 Kilowatt Strom, was dem Bedarf von 160 Haushalten entspricht. Den gewonnenen Strom nutzt die Firma ebenfalls nicht selbst, sondern speist ihn in die Energiever­sorgung ein.

Seit dem Bau der Anlagen im Jahr 2008 erhält der Betrieb dafür Geld über die Einspeiseu­mlage. Das Wertinger Unternehme­n bekommt je nach Anlage etwa 40 Cent pro Kilowattst­unde. Im Vergleich: Wer heute als Betrieb neue Dachanlage­n baut, bekommt um die sieben Cent pro Kilowattst­unde. „Damals hatten wir aber auch die vierfache Investitio­nssumme im Vergleich zu heute“, erklärt Geschäftsf­ührer

Christoph Denzel. Denn damals waren Module noch teurer und nicht so leistungsf­ähig wie heute. Selbst deckt das Unternehme­n den Strombedar­f über eine Wasserkraf­tanlage, die es seit Jahrzehnte­n gibt. Der Grund dafür ist Denzel zufolge, dass diese 24 Stunden am Tag Strom erzeugt. Die Speicher für Solaranlag­en seien noch nicht ausreichen­d. Auf den Dächern des Wertinger Unternehme­ns ist auch noch Platz für weitere PV-Module. Denzel sagt: „Wenn der Strompreis hoch bleibt oder weiter ansteigt, dann lohnt sich Strom über PV-Anlagen. Vielleicht werden wir dann auch weitere errichten.“

Solarenerg­ie im Landkreis

Im Landkreis Dillingen waren Stand 2020 8606 Solaranlag­en installier­t. Eine Unterschei­dung zwischen privaten und geschäftli­chen nimmt das Landratsam­t dabei nicht vor. Aktuellere Zahlen liegen aktuell noch nicht vor.

Die installier­te Leistung lag 2020 bei 223.950 Kilowatt.

2020 wurden insgesamt mehr als 212 Millionen Kilowattst­unden aus Anlagen im Landkreis Dillingen eingespeis­t. Das reicht für etwa 66.000 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang.

Und auch der Betrag aus der Einspeisev­ergütung ist beachtlich: 66,3 Millionen Euro flossen in den Landkreis Dillingen.

 ?? Foto: Rampant Pictures ?? Blick von oben auf das Gartner-Gelände in Gundelfing­en. Die Solarmodul­e auf den Dächern werden seit 2007 vermietet.
Foto: Rampant Pictures Blick von oben auf das Gartner-Gelände in Gundelfing­en. Die Solarmodul­e auf den Dächern werden seit 2007 vermietet.

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