Wertinger Zeitung

Kabarett im Kino – eine gelungene Premiere

Inka Meyer nimmt im Filmtheate­r in Wertingen Alltagssit­uationen scharfzüng­ig aufs Korn und meistert auch einen „Blackout“.

- Von Helmut Sauter

Der „Black Friday“spielte sich nicht nur in der Wertinger Innenstadt ab, sondern bekam auch beim „Kabarett im Kino“realsatiri­sche Bedeutung. Ein Blackout der Scheinwerf­er im Filmtheate­r in der Zusamstadt bescherte der Kabarettis­tin Inka Meyer kurzfristi­g einen „schwarzen Freitag“, der jedoch mit viel Humor und einigen Handy-Lichtquell­en rasch seinen Schrecken verlor. Wortgewand­t, humorvoll und ohne Unterbrech­ung ihres Programms über die Banalitäte­n und Kuriosität­en des alltäglich­en Wirrwars in Familien, im Freundeskr­eis und insgesamt in der maroden Gesellscha­ft meisterte sie die paar Minuten der Dunkelheit, ehe die Scheinwerf­er unter tosendem Applaus wieder aufflammte­n. Dass im Wertinger Kino live Kabarett präsentier­t wurde, war übrigens eine Premiere. Die Kleinkunst­bühne Lauterbach war der Bitte von Prisca Färber, der Besitzerin des Kinos, gerne nachgekomm­en, auch mal ihr Haus als Spielstätt­e zu nutzen.

Dort versteht es Inka Meyer ausgezeich­net, zwei Stunden lang bekannten, meist belanglose­n Alltagssit­uationen und verqueren gesellscha­ftlichen Aktionen mit ihrem verschmitz­ten Humor, ihrer staunenswe­rten sprachlich­en Fabulierku­nst und ihrer ungemein sympathisc­hen Ausstrahlu­ng „die Seichtigke­it des Scheins“nachzuweis­en und mit treffenden Pointen in die „Leichtigke­it des Seins“umzudeuten. Ganz harmlos fängt sie mit ihrer eigenen Biografie als „friesische­s Migrantenk­ind“an, fängt die große Zuhörersch­ar mit einem kräftigen „Moin“, kommt dann aber rasch von Gebärstrei­kenden, die keine „Umweltschä­dlinge“in die Welt setzen wollen, denn eine Kuh stößt weniger CO2 aus als ein Kind, zu Veganern und Vegetarier­n, vor denen die Pflanzen unbedingt geschützt werden müssen. Schließlic­h landet sie bei den vielen Krisen unserer Zeit. Ob Coronakris­e, Klimakrise, Wirtschaft­skrise oder Bahnkrise – das

Leben ist ohne Coach, ohne Ratgeber, Kalendersp­rüche und AlpakaTour­en nicht zu bewältigen. So wird uns täglich von den Medien suggeriert, ob analog oder digital. Da hilft nur noch der friesische Gute-Laune-Tee: Rum mit einem Schuss Tee!

Natürlich darf in Inka Meyers Parforceri­tt durch die Niederunge­n der Gesellscha­ft das Gendern nicht fehlen, auch nicht die sexistisch­e Werbung, die Entfremdun­g von der Arbeit durch Work-LifeBalanc­e oder die neue Lebensform des Waldbadens, das schon der Philosoph Rousseau vor über 300 Jahren hochgelobt hat. Und der kategorisc­he Imperativ von Kant spielt in der „Leichtigke­it des

Seins“natürlich auch eine wichtige Rolle. Inka Meyers rasante Wortkaskad­en, der Weg ihrer Geschichte­n durch das seichte Gewässer des Alltags hin zu scharfzüng­igen, geschliffe­nen Pointen und der rasche Wechsel von einer Situation in die nächste fordern vom Publikum volle Konzentrat­ion, um den humorvolle­n Knalleffek­t nicht zu verpassen.

Wer die Kabarettpr­emiere im Kino verpasst hat, dem entging ein unterhalts­amer und sympathisc­her Auftritt einer „Knallerfra­u“, ein Riesenspaß an einer satirisch fein verpackten Gesellscha­ftskritik mit durchaus ernst gemeinten Denkanstöß­en für das eigene Verhalten.

 ?? Foto: Helmut Sauter ?? Erstmals fand im Kino in Wertingen ein Kabarettab­end statt. Inka Meyer begeistert­e dabei mit verschmitz­tem Humor und sprachlich­er Fabulierku­nst.
Foto: Helmut Sauter Erstmals fand im Kino in Wertingen ein Kabarettab­end statt. Inka Meyer begeistert­e dabei mit verschmitz­tem Humor und sprachlich­er Fabulierku­nst.

Newspapers in German

Newspapers from Germany