Wenn Kultur und Kunst auf einmalige Landschaften treffen
Wenn die Natur aus dem Winterschlaf erwacht und die Temperaturen nach oben klettern, treibt es viele nach draußen. Doch wo könnte die nächst Reise hingehen? Ein großartiges Ziel im Frühjahr befindet sich im Norden Italiens. Das Trentino ist eine autonome Region, die sich von den Dolomiten bis zum Gardasee erstreckt. Dank des alpinen sowie mediterranen Klimas verfügt das Trentino über eine facettenreiche Naturlandschaft, die vor allem für Sportliebhaber einiges zu bieten hat. Zahlreiche Wanderund Fahrradwege durchziehen die Region. Aber auch Kulturinteressierte sind hier gut aufgehoben – Städte wie Trento und Rovereto sind definitiv eine Reise wert. Denn hier gibt es nicht nur wunderschöne Altstädte zu besichtigen, sondern auch eines der wichtigsten Museen Europas, altehrwürdige Palazzi und Theater. Die beiden Städte haben eine einzigartige Atmosphäre und liegen nur 20 Autominuten auseinander – perfekt für ein verlängertes Wochenende.
Erste Station: Trento
Trento ist nicht nur die grünste Stadt Italiens, sondern hat auch in puncto Lebensqualität die Nase weit vorne. Ein Vorteil, der auch der Umwelt etwas Gutes tut: Urlauber können bequem mit der Bahn anreisen. Vom Hauptbahnhof München ist man in rund viereinhalb Stunden im Herzen der Stadt. Fünfmal täglich verlässt ein Zug die bayerische Landeshauptstadt Richtung Süden. Trento blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Die Stadt wurde von den Kelten gegründet und schließlich von den Römern erobert. Im Jahr 1004 übertrug Kaiser Heinrich II. den Bischöfen die Macht über Trento. Seit 1948 hat die Provinz Trient als Teil der Region Trentino-Südtirol eine Sonderautonomie.
Einmal in der Bahnhofshalle in Trento angekommen, erreicht man in wenigen Minuten die Piazza del Duomo, auf der die Basilika Santa Maria Maggiore zu finden ist. Sie wurde im Auftrag von Fürstbischof Bernhard Cles zwischen 1520 und 1524 aus weißem und rotem Stein errichtet. Einen Katzensprung entfernt ist die San Vigilio Kathedrale, die auch als der Dom von Trient bezeichnet wird. Im 16. Jahrhundert war sie Schauplatz eines Schlüsselereignisses des Katholizismus. Unter ihren Gewölben wurden die Dekrete des Konzils von Trient erlassen – der Startschuss für eine Erneuerung der katholischen Kirche fiel. Auf dem vorlagernden Domplatz gibt es den barocken Neptunbrunnen zu bestaunen.
Wer sich genug mit der religiösen Geschichte befasst hat, kann durch die Altstadt schlendern. Den Ausdruck „El Giro al Sass“kennt wohl jeder Trentiner. „Sass“bedeutet übersetzt Stein, das Baumaterial des alten Stadtviertels. Der Ausdruck beschreibt die klassische Runde durch die Straßen des historischen Zentrums, in dem sich heute die Piazza Cesare Battisti befindet. Eine Besonderheit der Altstadt sind die verschiedenen Fresken der Palazzi, die unter anderem die Geschichte des Ortes zeigen. Wer – im wahrsten Sinne des Wortes – noch tiefer in die Geschichte eintauchen möchte, kann das unterirdische archäologische Gelände
S.A.S.S besuchen. Das Areal wurde bei der Renovierung und Erweiterung des Stadttheaters Teatro Sociale freigelegt. Unter anderem ein Abschnitt der östlichen Stadtmauer kam zum Vorschein. Neben der Piazza del Duomo ist das Schloss Buonconsiglio ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Es war die Residenz der Bischöfe des Trentino, die zwischen dem 13. und Ende des 18. Jahrhunderts von den Kaisern des Heiligen Römischen Reichs ernannt wurden. Die Gebäude stammen aus unterschiedlichen Stilepochen, eine Mauer aus dem 16. Jahrhundert läuft einmal drumherum. Dahinter verbirgt sich ein wunderschöner Park. Seit 1973 ist im Schloss das regionale Kunstmuseum zu Hause.
Von der Piazza Duomo aus in westlicher Richtung erreichen Besucher in wenigen Minuten das von Renzo Piano entworfene Viertel Le Albere, in dem sich eines der wichtigsten Museen Europas befindet: das Naturkunde- und Wissenschaftsmuseum MUSE (Museo delle Scienze). Auf sechs Stockwerken erfährt man einiges über Dinosaurier, Urmenschen oder Gletscher. Wer nach den Besichtigungen Hunger bekommt, sollte einen Abstecher über die Wochenmärkte einplanen. Dort kann man frische Produkte probieren und vielleicht mit Einheimischen ins Gespräch kommen. Die beiden größten Bauernmärkte finden jeweils samstagvormittags auf der Piazza Dante und mittwochs in der Via Fabio Filzi statt. Gut gestärkt geht es weiter, und zwar nach oben. Gleich hinter dem Bahnhof befindet sich eine Seilbahn, die zum Ortsteil Sardagana führt. Von hier aus hat man einen grandiosen Blick über die ganze Stadt.
Ein Streifzug durch Rovereto
Nur eine halbe Stunde Zugfahrt von Trento entfernt, befindet sich Rovereto. Mit fast 40000 Einwohnern ist sie die zweitgrößte Stadt im Trentino. Auch diesen bezaubernden Ort kann man mit der Deutschen Bahn vom Münchner Hauptbahnhof aus erreichen. Direkt am Bahnhof befindet sich der Corso Antonio Rosmini, das Tor zum Stadtzentrum. Man folgt am besten der Straße bis zur Piazza Rosmini mit ihrem großen Kreisbrunnen. Geht man nach links, steht man vor der Allee Corso Bettini. Im 18. Jahrhundert ließen sich dort wohlhabende Bürger sowie der Adel nieder, weshalb es zahlreiche herrschaftliche Häuser gibt. Hier wohnte auch schon der junge Wolfgang Amadeus Mozart. Aber nicht nur das: Im Palazzo Todeschi-Micheli gab er am Weihnachtstag 1769 sein erstes Konzert in Italien. Sein erster öffentlicher Auftritt im Land fand hingegen am nächsten Tag in der nahegelegenen Barockkirche San Marco statt. Apropos Musik: Das Teatro Zandonai ist das älteste Theater im Trentino, es entstand im 18. Jahrhundert.
Die schönen Künste stehen auch im MART (Museo d‘arte moderna e contemporanea) im Vordergrund. Es handelt sich dabei um eines der wichtigsten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst in Italien. Der Hauptsitz befindet sich in der Allee Corso Bettini 43, daneben gibt es noch das Futuristische Kunsthaus Depero (Casa d‘Arte Futurista Depero) in der Via dei Portici 38. Aber auch die Stadtgalerie in Trient, die sich in der Via Belenzani 44 befindet, zählt zum Museumskomplex. Die Dauerausstellung beinhaltet mehr als 15000 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, darunter viele bedeutende Werke von Giorgio de Chirico, Carlo Carrà und Mario Sironi. Der Hauptsitz wurde von dem Architekten Mario Botta entworfen und ist mit der charakteristischen Stahl- und Glaskuppel ein absoluter Hingucker. Das Kunsthaus Depero ist das einzige Futurismusmuseum des Landes. Es entstand nach einem Konzept des Künstlers Fortunato Depero, der den größten Teil seines Lebens in Rovereto verbracht hat. Er vermachte seine Sammlung der Stadt – und diese ist im Kunsthaus untergebracht.
Das Museum befindet sich in der Nähe des Schlosses von Rovereto. Die Anlage wurde im 14. Jahrhundert errichtet, im 15. Jahrhundert erfolgte eine Restauration unter den Venezianern. Denn von 1416 bis 1509 herrschten diese über die Stadt und hinterließen ihre Spuren – in Form von Palazzi und anderen venezianischen Elementen. Aber zurück zum Schloss: Seit 1921 hat das italienische Kriegsmuseum dort seinen Sitz. In diesem Zusammenhang ist die Gefallenenglocke Maria Dolens, auch Friedensglocke genannt, zu erwähnen. Sie entstand 1924, indem die Kanonen der kriegsführenden Nationen des Ersten Weltkriegs eingeschmolzen wurden. Die Glocke ist auf dem Hügel Miravalle, oberhalb von Rovereto und in der Nähe des Castel Dante, einem symbolischen Ort, an dem heute rund 20000 italienische und österreichisch-ungarische Soldaten ruhen. Jeden Abend sind die Glockenschläge in Rovereto und der Umgebung zu hören. Damit soll all jenen gedacht werden, die in Kriegen gefallen sind. Ein etwas fröhlicheres Thema behandelt ein anderes Museum: Die Kaffeerösterei Torrefazione Bontadi, eine der ältesten Italiens, liegt direkt an der Piazza delle Oche. 1790 wurde sie zusammen mit einem kleinen Kaffeemuseum eröffnet.