Wertinger Zeitung

14-Jähriger schoss Mitschüler in den Hinterkopf

Im nicht öffentlich­en Prozess um den Tod eines Jungen in Lohr am Main legt der jugendlich­e Angeklagte indirekt ein Geständnis ab. Seine neuen Anwälte stellen die Tat jedoch anders dar.

- Von Manfred Schweidler

Im Prozess um den Mord an einem 14-Jährigen in Lohr (Lkr. Main-Spessart) hat der 15-jährige Angeklagte die Tötung indirekt gestanden. Sein Verteidige­r Roj Khalaf habe in der nicht öffentlich­en Sitzung am zweiten Verhandlun­gstag eine entspreche­nde Erklärung abgegeben. Das erklärte Martina Pfister-Luz, Sprecherin des Landgerich­ts Würzburg am Rande des Prozesses.

Der zum Tatzeitpun­kt 14 Jahre alte Beschuldig­te soll laut Anklage am 8. September 2023 seinen Schulfreun­d in einer Grünanlage neben dem Schulgebäu­de in Lohr am Main getötet haben – mit der Pistole, die dem früheren Freund seiner Oma gehörte. Der Jugendlich­e habe jetzt einen Schuss in den Hinterkopf zugegeben, sagte die Gerichtssp­recherin. Es sei aber – anders als in der Anklage dargestell­t – keine geplante Tat gewesen, sondern spontan passiert.

Am Montagmorg­en hatte der Prozess vor dem Landgerich­t Würzburg mit einem Wechsel in der Verteidigu­ng begonnen. Die drei Anwälte des beschuldig­ten Schülers seien sich uneinig gewesen über die richtige Strategie, hieß es von Teilnehmer­n der Sitzung.

Der Münchner Strafverte­idiger Johannes Makepeace verließ nach einer Stunde die Verhandlun­g und erklärte, er sei auf Wunsch des Mandanten entpflicht­et worden. Sein Kollege Alexander Stevens, den einige Medien wegen spektakulä­rer Auftritte in früheren Strafverfa­hren als „Staranwalt“bezeichnet hatten, war am Montag gar nicht mehr nach Würzburg gekommen.

Den heute 15-Jährigen verteidigt Anwalt Roj Khalaf jetzt zusammen mit dem Würzburger Strafverte­idiger Hanjo Schrepfer. Beide präsentier­ten vor Gericht überrasche­nd eine von der Anklage abweichend­e neue Version der Ereignisse: Das spätere Opfer habe ihren Mandanten zum Tatort bestellt, erklärten sie. Zweck des Treffens, den eine Zeugin vor Gericht indirekt bestätigt haben soll: Das Opfer habe die Waffe, eine Neun-Millimeter-Pistole, kaufen, aber dann nicht bezahlen wollen. „Der Schuss löste sich aus unserer Sicht im Prinzip bei einer Art Kampfgesch­ehen“, sagte

Schrepfer, der neue Verteidige­r, am Montag auf Nachfrage unserer Redaktion.

Beide Würzburger Anwälte bemühen sich angesichts der Beweislage eher um Schadensbe­grenzung – im Gegensatz zu den Münchner Anwälten Stevens und Makepeace.

Diese hatten medienträc­htig vor laufender Kamera schon vor Prozessbeg­inn die Staatsanwa­ltschaft heftig für „Vorverurte­ilungen“attackiert. Stevens hatte Vergleiche seines Mandanten mit dem US-Serienmörd­er Jeffrey Dahmer in den Medien kritisiert.

Der Würzburger Oberstaats­anwalt Thorsten Seebach nimmt Mordlust als Motiv an und bleibt laut Anklage dabei: Der Jugendlich­e habe Dahmer verehrt, den zuletzt eine Netflix-Serie porträtier­t hatte, und soll ihn im Aussehen nachgeahmt haben: „Die Ähnlichkei­t der beiden Gesichter stach einem ins Auge“, sagen unabhängig voneinande­r mehrere Personen, die im Zuge der Ermittlung­en dem Angeklagte­n begegnet sind.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion haben Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagte­n ausgesagt, dass der 15-Jährige selbst gegenüber Mitschüler­n den Vergleich mit Dahmer gezogen hat. Ihnen gegenüber soll er von Serienmörd­ern erzählt haben – auch vom Töten von Menschen mit Axt und Messer. Einem Ermittler zufolge soll der 15-Jährige sich Zeugen gegenüber selbst als Killer bezeichnet haben.

Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetz­t.

Hat der Schüler den Serienmörd­er Jeffrey Dahmer imitiert?

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Foto: Pia Bayer, dpa Im September 2023 soll der damals 14-Jährige in einer Grünanlage neben der Schule einen Mitschüler erschossen haben.

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