100.000 Gäste in der Elektrostadt
Das „Ikarus“in Memmingerberg ist eines der größten Musikfestivals in Süddeutschland. Nach ersten Schätzungen knackte es in diesem Jahr den bisherigen Besucherrekord. Wie es war? Ein Überblick.
Nicht über Nacht, aber in kürzester Zeit ist beim Allgäu Airport in Memmingerberg (Unterallgäu) gewissermaßen eine neue Stadt entstanden. Und zwar für eines der größten Musikfestivals in Süddeutschland: das „Ikarus“. Wie eine Skyline waren noch aus einiger Entfernung das Riesenrad und die spektakulären Bühnenbauten samt Türmen und Lichtern zu erkennen. Nur für drei Tage, bis Pfingstmontag, bevölkerten Zehntausende Fans von Elektround Techno-Musik das Gelände, gefeiert wurde umso intensiver.
Wie viele Besucher waren dort?
Nach einer ersten Schätzung des Veranstalters „Permanent Entertainment“aus München am Pfingstmontag waren es in diesem Jahr knapp 100.000 Besucherinnen und Besucher. Damit wäre der Rekord von 2023 geknackt: Damals waren es etwa 91.000 Gäste. Im Vorfeld hatte der Veranstalter mit bis zu 130.000 Gästen gerechnet. Doch schon am Freitag machte das Wetter einen Strich durch die Rechnung: Bei kühlen Temperaturen blieben viele potenzielle Tagesbesucher offenbar zu Hause.
Woher kamen die Besucher?
Aus dem Kanton Bern hatten sich etwa Cheyenne Kenel und drei ihrer Freundinnen mit dem Auto auf den Weg ins Unterallgäu gemacht. Untergekommen sind sie in einer Ferienwohnung im Ort. „Von dort braucht man etwa 20 Minuten zu Fuß zum Festivalgelände“, erzählte die 23-Jährige am Samstag. Der Strom der Festivalgänger, die zum Gelände am Flughafen zogen, riss nicht ab. Auch die umliegenden Parkflächen füllten sich zusehends. Die Kennzeichen der Autos verrieten, dass die Besucherinnen und Besucher nicht nur aus der Nähe und aus Süddeutschland kamen, sondern aus dem ganzen Bundesgebiet, Österreich und der Schweiz.
Wie war die Musik?
Acht Bühnen hatte das Ikarus-Festival
2024 zu bieten – die imposanteste war die riesige Hauptbühne namens „Olymp“. Sie beeindruckte mit ihrem opulenten Design, spektakulären Laser- und Lichteffekten und Pyrotechnik. Zu den Höhepunkten zählte der Auftritt von Star-DJ Boris Brejcha. Außerdem legten bekannte Künstler wie „Alle Farben“, Fritz Kalkbrenner oder „Gestört aber geil“auf. Ein weiterer Höhepunkt lag etwas abseits in einem Waldstück: Die PsytranceBühne „Medusa Jungle“gab es dieses
Jahr zum zweiten Mal. Sie war wieder ein echter Gewinn für das Festival. Das facettenreiche Bühnendesign und die verspielten Dekorationen in den Baumwipfeln ließen die Tanzenden hier in eine Trance-Welt abtauchen.
Gab es ein Verkehrschaos?
Ein „Hauptknackpunkt“war aus Sicht der Gemeinde bisher das Thema Verkehr. Im Gegensatz zum Vorjahr sei die Anreise diesmal aber nahezu reibungslos verlaufen
und aufgrund eines neuen Konzepts gut organisiert gewesen. „Rückstaus gab es kaum und wenn, dann waren sie marginal“, sagte Memmingerbergs Bürgermeister Alwin Lichtensteiger am Montag. Positives habe er auch bei Gesprächen mit Anwohnern erfahren: „Sie haben erzählt, dass bei ihnen noch weniger Lautstärke angekommen ist als in den Vorjahren“, so der Bürgermeister, der auf die neue Positionierung und Ausrichtung der Bühnen verwies. Die
Polizei bestätigte: Bis Montagnachmittag habe es nur eine Beschwerde wegen Lärms gegeben.
Wie lief es auf dem Campingplatz?
Der Campingplatz des Festivals war voll. Autos, Zelte, Wohnmobile – kein freier Stellplatz war zu sehen. Die Camper hörten aus eigenen Musikanlagen Elektromusik, spielten dabei Fußball oder ruhten sich aus. Obwohl sie teilweise durch Wasser und Matsch waten mussten, ausgelöst durch einige Regenfälle, war die Stimmung ausgelassen.
Gab es Alternativen zum Zelten?
Die Freundesclique um Eric Römer, 25, Luca Binder, 23, Celine Korioth, 22, und Gina Templin, 22, reiste etwa mit dem Zug aus Augsburg an. Gefeiert wurde bis in den frühen Sonntagmorgen, dann stiegen die vier Musikfans in den letzten Shuttlebus, um um 6 Uhr den Zug zurück nach Augsburg zu erreichen. Patrick Zürcher und seine sechs Begleiter aus dem Münchner Raum reisten nachts ab. „Wir sind mit dem Auto da und es hat problemlos geklappt, es ist alles gut ausgeschildert“, sagte der Münchner.
Was sich noch verbessern lässt?
Als am Freitag Gewitter und Regen über das Gelände hinwegzogen, war die Feuerwehr gefordert. Sie musste Wasser abpumpen, das sich besonders bei einem großen Zelt und der Hauptbühne gestaut hatte. Dies gelte es künftig durch Drainagen und bessere Befestigung zu verhindern, hieß es.
Wie fiel die Bilanz der Polizei aus?
Das Megaevent bedeutete einen Großeinsatz für die Polizei. Das Präsidium Schwaben Süd/West, Grenzpolizei, Bereitschaftspolizei sowie Bundespolizei und Zoll stellten Kräfte bereit. Sie ermittelten bis Montagnachmittag 282 Straftaten und 85 Ordnungswidrigkeiten: 239 Betäubungsmitteldelikte, zehn Körperverletzungsdelikte, ein Sexualdelikt, zwei Widerstände und tätliche Angriffe auf Beamte und 88 Fahrten unter Drogen- und Alkoholeinfluss. (mit abg)