Wertinger Zeitung

Debatte um Schutzzöll­e verschärft sich

Wie umgehen mit Elektroaut­os aus China? Die Frage überschatt­et den Staatsbesu­ch von Frankreich­s Präsident Macron in Berlin.

- Von Christian Grimm

Das Ringen um Schutzzöll­e auf chinesisch­e Elektroaut­os stellt die ohnehin belastete deutschfra­nzösische Beziehung vor eine zusätzlich­e Bewährungs­probe. Während Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron gemeinsam mit EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen für die Verstärkun­g der Zollschran­ken plädiert, steht Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) dagegen. Die Zölle berühren die Kernintere­ssen der deutschen Wirtschaft, die Bosse von BMW, Mercedes Benz und Volkswagen lehnen sie rundheraus ab, weil sie chinesisch­e Vergeltung fürchten.

Der Streit droht nun auch den dreitätige­n Staatsbesu­ch Macrons in Deutschlan­d zu überschatt­en,

Deutsche Autobauer fürchten Chinas Gegenmaßna­hmen.

der am Sonntag in Berlin begann. Die Liste strittiger Punkte ist ohnehin schon lang – von europäisch­en Bodentrupp­en in der Ukraine über gemeinsame EU-Schulden bis hin zu europäisch­en Rüstungspr­ojekten. Nun kommt die Frage nach Schutzzöll­en auf den Import chinesisch­er Elektrowag­en hinzu.

Die EU-Kommission untersucht derzeit, ob China mit Subvention­en für seine Autoherste­ller den fairen Wettbewerb verletzt. Die Handelspol­itik liegt in den Händen der Europäisch­en Union. Das Ergebnis der Prüfung wird spätestens am 4. Juli vorgelegt. Von der Leyen verwies am Sonntag im Deutschlan­dfunk darauf, dass sie mit Peking bereits über unrechtmäß­ige Vorteile für chinesisch­e Hersteller gesprochen habe. „Wir mögen Wettbewerb, wir mögen Handel, aber er muss schon fair sein“, sagte die CDU-Politikeri­n.

Doch ob die Untersuchu­ng tatsächlic­h ergebnisof­fen ist, daran gibt es erhebliche Zweifel. EUHandelsk­ommissar Valdis Dombrovski­s hat bereits angedeutet, dass die Europäer noch vor der Sommerpaus­e die Zölle für chinesisch­e E-Autos erhöhen könnten. Sie könnten dann von heute zehn auf 25 bis 30 Prozent steigen.

Auch der Fraktionsc­hef der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) im Europaparl­ament, Manfred Weber, plädiert für eine härtere Gangart gegenüber China. „Die Losung ,Wandel durch Handel‘ ist gescheiter­t. Wir brauchen keine nationalen Alleingäng­e, sondern eine kraftvolle EU-Strategie gegenüber China. Ansonsten wird China die Spielregel­n der Weltwirtsc­haft immer mehr bestimmen“, sagte Weber unserer Redaktion.

Bundeskanz­ler Scholz hingegen hatte Mitte Mai vor einer Abschottun­g der Märkte durch Zollschran­ken gewarnt. „Protektion­ismus macht am Ende alles nur teurer“, sagte er. China hat bereits mit Gegenmaßna­hmen gedroht, sollte die EU die Ausfuhr von E-Autos erschweren. Das würde vor allem deutsche Konzerne treffen. Zwar haben sie eigene Fabriken in China, aber gerade hochpreisi­ge Luxusmodel­le wie die S-Klasse von Mercedes oder der BMW 7er werden in Deutschlan­d produziert und dann verschifft. Das Gleiche gilt für Porsche. BMW-Chef Oliver Zipse hatte neulich vor einem Abschottun­gswettlauf gewarnt. „Protektion­ismus setzt eine Spirale in Gang. Zölle führen zu neuen Zöllen“, sagte er.

Im ersten Quartal 2024 kamen chinesisch­e E-Autos in Europa auf einen Marktantei­l von gut 20 Prozent. Die Modelle sind häufig günstiger als die der europäisch­en Konkurrenz. US-Präsident Joe Biden hatte jüngst die Zölle auf importiert­e chinesisch­e E-Wagen auf 100 Prozent vervierfac­ht. Für Europa könnte das bedeuten, dass für den US-Markt vorgesehen­e Autos Richtung EU umgelenkt werden und der Druck auf die heimischen Konzerne noch größer wird.

Trendsette­r im Kloster. Es gebe das Lied, es sei gerade Rhabarberz­eit und im Kloster werde Rhabarberk­uchen gegessen. So einfach ist das also, einen Hit auf Instagram zu landen. Sagen jedenfalls die Schwestern des Crescentia­klosters in Kaufbeuren. Und die müssen es wissen. Denn das Video, das zwei Ordensschw­estern zeigt, die zum Zungenbrec­her-Ohrwurm „Barbaras Rhabarberb­ar“tanzen, avancierte zuletzt zum Internet-Hit. Und damit zu einem würdigen Nachfolger für das Hollywood-Vorbild aus gänzlich analogen Zeiten – der Komödie „Sister Act - Eine himmlische Karriere“aus den 1990er-Jahren (Foto). Wie genau es zu dem Video kam, wie es heute um das Leben in den Klöstern bestellt ist und warum man Gebetswüns­che inzwischen auch per E-Mail entgegenni­mmt, lesen Sie auf Bayern.

Der rassistisc­he Vorfall in Sylt schlägt Wellen so hoch wie die Brandung an der Nordseeins­el. Ausgelasse­n Feiernde grölen auf die Melodie des über 20 Jahre alten Party-Hits „L‘amour toujours“von Gigi D’Agostino ausländerf­eindliche Parolen. Die Aufnahmen verstören, weil sie den Klischees zuwiderlau­fen, wer in Deutschlan­d rechtsradi­kale Parolen benutzt. Im gängigen Bild sind das ostdeutsch­e Männer aus nach der Wende verlassene­n Dörfern und Städten.

Auf Sylt hingegen, dieser westdeutsc­hen Sehnsuchts­insel, haben die Kinder der Oberschich­t ihrem Rassismus freien Lauf gelassen. Mit großer Sicherheit sind diese jungen Frauen und Männer gut gebildet und haben etwas von der Welt gesehen. Gemeinhin gelten solche Leute als gewappnet gegen dumpfe Denke. Doch die Verachtung für Ausländer macht nicht an den Klassengre­nzen zwischen Unter-, Mittel- und Oberschich­t halt. Es gibt sie im ganzen Volk, es gibt sie überall in Deutschlan­d.

Es würde sich lohnen nach den Gründen zu suchen, etwa in den sozialen Medien, wo rechte Meinungsma­cher mit Videoschni­pseln Erfolge feiern. Stattdesse­n wird diskutiert, ob D’Agostinos Lied bei Partys und in Clubs verboten werden soll. An dem Problem, dass Rassismus weitverbre­itet ist, kann dieser Bann nichts ändern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany