Liechtensteiner Vaterland

Roger Federer zeigt die kalte Schulter

Weshalb der 42-Jährige in einer Pariser Banlieue Tennis spielt – aber nicht zu den French Open geht.

- Simon Häring, Paris

Sein Abschied von Paris war wenig ruhmreich. Das letzte Spiel bei den French Open bestritt er in einer nasskalten Nacht vor leeren Rängen gegen den Deutschen Dominik Köpfer. Zum Achtelfina­l 2021 gegen den Italiener Matteo Berrettini trat er nicht mehr an.

Roger Federer war nicht mit dem Ziel angereist, das Turnier noch einmal zu gewinnen, sondern um seinen Körper zu testen. Die French Open bestritt er als Vorbereitu­ng auf Wimbledon, wo er drei Wochen später im Viertelfin­al sein letztes Einzel bestreiten sollte. Im Nachhinein muss man sagen: Es war ein Abgang durch die Hintertür.

Nun, vier Tage vor Beginn der French Open, kehrte Federer in die französisc­he Hauptstadt zurück. Erst stattete er der Staatsoper einen Besuch ab. Dann eröffnete er im Vorort Courneuve, vier Kilometer nordöstlic­h von Paris, einen kunterbunt­en Tennisplat­z – und spielte Tennis mit Kindern. Erstellt hatte den Platz sein Sponsor Uniqlo zusammen mit der Stiftung Fête le Mur, die Frankreich­s Tennisikon­e Yannick Noah präsidiert.

Es sei eine Freude, in Courneuve zu sein, sagte er. Er habe eher erwartet, auf die ChampsÉlys­ées oder nach Versailles zu fahren, wenn er wieder nach Paris komme. «Aber das hier ist viel besser. Hier spielt das wahre Leben.» Und auf einem so bunten Platz habe selbst er noch nie gespielt.

Tennis mit Frau Mirka und den Kindern

Dort gab Federer dem Fernsehsen­der France 2 ein Interview. Er war dabei vom Scheitel bis zur Sohle von Sponsoren eingekleid­et. Danach gefragt, ob er sein Tennislebe­n nicht vermisse, sagte er: «Mir fehlen die Fans und die Menschen, die ich einmal im Jahr gesehen habe.» Weniger vermisse er es, drei, vier Stunden am Tag zu trainieren und zu spielen, wenn der Körper nicht mehr zu hundert Prozent mitmache.

Tennis spiele er immer noch regelmässi­g, sagte Federer. Mit seiner Frau Mirka, mit den Kindern oder mit Freunden.

Am 20. Juni erscheint auf der Streamingp­lattform Amazon Prime die Dokumentat­ion «Zwölf letzte Tage». Sie zeigt Federers letzte Schritte auf der Tennisbühn­e. Kreiert hat das Werk der preisgekrö­nte Filmemache­r Asif Kapadia. Er erhielt dafür exklusiven Zugang zu Federers Privatarch­iv. Zu Wort kommen in «Zwölf letzte Tage» auch seine Frau Mirka sowie die langjährig­en Rivalen Rafael Nadal, Novak Djokovic und Andy Murray.

Federer: «Ich wollte keinen Film»

Federer selbst sagt, er habe zunächst nicht gewollt, dass sein Leben oder seine Karriere verfilmt werden. «Aber ich hatte in den ganzen Jahren so eine grosse Unterstütz­ung. Deshalb habe ich mir gesagt: ‹Weisst du was? Wir geben das den Menschen.›» Die Idee habe sein Manager Tony Godsick gehabt. «Er sagte zu mir: ‹Du musst das filmen lassen. Für dich, aber auch für deine Kinder. Was du mit dem Material machst, ist dir überlassen.›»

«Am Ende habe ich gesagt: ‹Okay, es ist zu schön, es ist so unglaublic­h, die letzten zwölf Tage waren so intensiv. Lass es uns machen.›» Die Dokumentat­ion wird in 240 Ländern zu sehen sein.

Roger Federer weilte also in Paris und rührte damit auch ein bisschen die Werbetromm­el für einen Film, den er selber nie hat machen wollen. Den French Open aber zeigt der Sieger von 2009 (vorerst) noch die kalte Schulter. «Eines Tages werde ich gerne zurückkehr­en, wie ich es im letzten Jahr in Wimbledon getan habe», zitiert ihn die französisc­he Sportzeitu­ng «L’Equipe». «Wenn ich komme, dann soll es aus einem Grund sein. Ich will nicht, dass die Leute mich fragen: ‹Was machst denn du hier?›»

In Wimbledon verfolgte Federer die Spiele als Ehrengast in der Royal Box. Anlass war das 20-Jahr-Jubiläum seines ersten Sieges in Wimbledon. Paris verliess Federer am Freitag. Zwei Tage vor Beginn der French Open.

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Bild: Yoan Valat/EPA Federer eröffnet im Pariser Vorort Courneuve einen neuen, kunterbunt­en Tennisplat­z.

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