Abschreckung
Er mutet ein bisschen wie eine griechische Tragödie an: Der Fall Bradley Manning spaltet die amerikanische Gesellschaft. Für die einen hat der mutmaßliche Wikileaks- Informant Gräueltaten aufgedeckt und somit Großartiges geleistet, für die anderen ist er ein Vaterlandsverräter, der für sein Vergehen nicht weniger als Tod verdient hätte. Seit gestern wird Manning der Prozess gemacht. Der heute 25-jährige Obergefreite, der im Irak stationiert war, hat bereits zugegeben, Hunderttausende teils vertrauliche Dokumente aus der US-Geheimdienst-Datenbank der Enthüllungsplattform Wikileaks zur Verfügung gestellt zu haben. Dabei scheint seine Motivation hierfür edel, vielleicht aber auch etwas naiv: Er habe auf diese Art und Weise eine nationale Debatte über die Rolle des Militärs und der amerikanischen Auslandspolitik anstoßen wollen. Edel, weil der junge Mann sich offenbar einer höheren Wahrheit verschrieben und die schmutzige Seite des Kriegs ans Licht gezerrt hat, naiv, weil er die negativen Folgen – für andere und für sich selbst – möglicherweise kaum bedacht hat. Mannings Vorgehen habe die Nationale Sicherheit gefährdet und Soldatenleben in Gefahr gebracht, konterte US- Präsident Barack Obama, und hat damit nicht Unrecht. Egal, zu welcher Sichtweise man tendiert, eins scheint klar im Moment: Wirklich ergebnisoffen ist dieser Prozess nicht. Mit dem Urteil – Manning droht lebenslange Haft – sollen Nachahmer abgeschreckt werbei den.