Wählen und Wohnen
Vielleicht trifft es sich ja ganz gut, dass die „Semaine du Logement“mitten in die heiße Phase des Wahlkampfs fällt. Die Wohnungsbaupolitik gehört ja zu jenen Themen, die man als das Schwarzbrot des Wahlkämpfers bezeichnen kann. Jene Dauerbrenner, an denen man als Politiker nicht vorbeikommt, bei denen aber die Materie komplex und die Handlungsspielräume gering sind. Und hier zeigt sich, dass die Wähler ihr Gespür für die wichtigen Fragen keineswegs verloren haben. Gerade bei jüngeren Wählergruppen, etwa zwischen 20 und 30, die vielleicht gerade erst ins Arbeitsleben eingestiegen sind, ist bezahlbarer Wohnraum eines der vorrangigen Themen. Das hat der Politmonitor von „Luxemburger Wort“und RTL gezeigt. Die Fakten sprechen eine klare Sprache. Wenn pro Jahr in Luxemburg 3 600 Wohnungen gebraucht werden, wie vom Statec berechnet, und diese Zahl laut Chambre immobilière seit Jahren kaum jemals erreicht wird, dann besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Und wenn die Kaufpreise für Häuser und Wohnungen innerhalb eines Jahres um vier, bei neuen Objekten sogar bis zu zehn Prozent steigen, dann ist dies ein Zeichen dafür, dass auf dem Markt manches aus dem Ruder läuft. Kompliziert wird es bei den Lösungsvorschlägen, die die Politik anzubieten hat. Patentrezepte gibt es offenbar nicht. Und nur auf die bösen Spekulanten zu schimpfen, bringt auch keinen jungen Menschen dem Ziel von den eigenen vier Wänden näher. Das Mantra der Wohnungsbaupolitiker ist seit Jahren unverändert: Wenn erst das Angebot an Wohnfläche steigt, so die Annahme, dann stabilisieren sich über kurz oder lang auch die Preise. Hier ist die LSAP vorgeprescht mit der Idee, durch die Erweiterung der Bauperimeter in den Gemeinden mehr Bauland auszuweisen. Pikanterweise wurde der Vorschlag ausgerechnet von den mutmaßlichen Wunsch-Koalitionspartnern der Sozialisten scharf kritisiert. Nicht auszuschließen, dass eine solche Maßnahme zu einer Zersiedelung der Landschaft führen und die Preissteigerung nicht wirklich bremsen würde. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass kurzfristig nicht mehr Bauland zur Verfügung gestellt werden könnte, weil die Rahmenbedingungen einfach nicht stimmen. Laut Chambre immobilière dauert es bis zu zehn Jahre, bevor ein Neubaugebiet ausgewiesen ist und vermarktet werden kann. Hier müsste also zuvorderst der Hebel angesetzt werden. Die junge Wählergeneration will von der Politik wissen, wie sie ihr zu helfen gedenkt, um sich nach der Zeit im „Hotel Mama“ein eigenes Zuhause einzurichten. Premier Jean-Claude Juncker hat sich ja schon 2005 persönlich betroffen darüber gezeigt, dass es einfach nicht gelingen will, aus dem Teufelskreis von Wohnraumknappheit und Preissteigerung auszubrechen. Ein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen, besteht gleichwohl nicht. Und deshalb pocht der Premier heute zu Recht darauf, dass sich der Wahlkampf vor allem um Arbeitsplätze und Wohnungsbau drehen sollte. Angesichts von Nachfrage und Wählerinteresse wird die Wohnungsbaupolitik den Parteien noch viel Kreativität abverlangen – weit über diesen Wahlkampf und die „Semaine du Logement“hinaus.
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