Luxemburger Wort

Freiwillig gezwungen

Ministerma­ndate begrenzen, Ämterkumul beenden, Bevölkerun­g befragen

- VON JOELLE MERGES

In der kommenden Legislatur­periode wollen die Sozialiste­n „unbedingt“eine Reform des Staatsgefü­ges in die Wege leiten. Was darunter zu verstehen ist, erläuterte­n sie gestern auf einer Pressekonf­erenz. Gut eine Woche ist es her, dass die LSAP ihr Wahlprogra­mm auf dem Parteitag in Mamer verabschie­dete. Damit das 66 Seiten lange Werk nicht bis zum 20. Oktober in Vergessenh­eit gerät, wollen die Sozialiste­n es in den kommenden drei Wochen kapitelwei­se der Öffentlich­keit näher bringen.

Gestern gingen Spitzenkan­didat Etienne Schneider, Parteichef Alex Bodry sowie die Erstkandid­aten Franz Fayot und Christine Schweich auf das Themenfeld Staatsrefo­rm ein, das für die Partei zu den Prioritäte­n für die kommende Legislatur­periode zählt. Weil die sozialisti­schen Vorhaben eher mit den Liberalen und den Grünen umzusetzen seien, ziehe die LSAP eine Dreierkoal­ition vor, erklärte Schneider: „Das Verhältnis

Staatsrefo­rm: die Vorstellun­gen der LSAP

zur CSV ist nicht mehr so wie noch vor vier Jahren. Es ist aber nicht unvorstell­bar, dass es irgendwann zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot kommt.“

„ Neue Ideen, neue Dynamik“

für die Politik

Die Differenze­n mit der CSV traten gestern bei der LSAP-Pressekonf­erenz deutlich zu Tage. Etwa als Schneider die Gründe für die Forderung nach einer zeitlichen Begrenzung der Ministerma­ndate aufführte. Dass jemand 18 Jahre Premier sei, „gibt es sonst nirgends.“Deswegen soll die Amtszeit der Regierungs­mitglieder auf zwei Legislatur­perioden begrenzt werden, und zwar durch einen entspreche­nden Passus im Wahlgesetz. Dass die eigenen Mandatsträ­ger sich diese sozialisti­sche Idee ohne gesetzlich­en Zwang zu Herzen nehmen, dass also etwa die Herren Asselborn, Di Bartolomeo oder Schmit im Fall einer neuen Regierungs­beteiligun­g der LSAP in der kommenden Legislatur­periode aus freien Stücken auf ein Ministeram­t verzichten, kommt für den Spitzenkan­didaten und den Parteivors­itzenden jedoch nicht in Frage.

Um die politische Landschaft mit „neuen Ideen und einer neuen Dynamik“zu beleben, spricht sich die LSAP auch für eine Trennung zwischen Bürgermeis­ter- beziehungs­weise Schöffen- und Abgeordnet­enmandat aus. Gesetzlich verankert werden soll zudem eine paritätisc­he Besetzung der Kandidaten­listen. Die Sozialiste­n plädieren für ein freiwillig­es Wahlrecht für 16- bis 18-Jährige; auch sollen jene Zuwanderer, die in den Wahllisten für die Europa- und Kommunalwa­hlen eingetrage­n sind, freiwillig an den Legislativ­wahlen teilnehmen dürfen.

Verfassung­sreform: Referendum

über strittige Punkte

Zur Staatsrefo­rm gehört nach Auffassung der LSAP auch die Neugestalt­ung der Verfassung, aus der etwa die Artikel in Bezug auf die Kirche entfernt werden sollen. Die Sozialiste­n sprechen sich für eine Kirchenste­uer nach deutschem Vorbild aus; gleichzeit­ig sollen die staatliche­n Fördermitt­el für die konvention­ierten Glaubensge­meinschaft­en für gemeinnütz­ige, nicht aber für Kirchenzwe­cke verwendet werden dürfen. Dass die CSV sich für einen allgemeine­n Werteunter­richt in den Sekundarsc­hulen ausspricht, beeindruck­t die Sozialiste­n recht wenig; Franz Fayot tat den Vorstoß gestern als „Mäntelchen“ab, das die CSV nach den Wahlen wieder ablegen werde.

Strittige Fragen wie etwa die Beziehunge­n zwischen dem Staat und den Glaubensge­meinschaft­en oder auch die Rolle des Großherzog­s wollen die Sozialiste­n der Bevölkerun­g zur Abstimmung vorlegen, und zwar noch ehe die Arbeiten an der Verfassung­sreform abgeschlos­sen sind. Die Ergebnisse der Volksbefra­gungen sollen für das Parlament als verfassung­sgebende Versammlun­g bindend sein.

Wenig hält die LSAP vom CSVVorschl­ag eines Referendum­s über die Territoria­lreform. Dass landesweit über die Fusion einzelner Kommunen entschiede­n werde, widersprec­he dem Prinzip der Gemeindeau­tonomie, beschied Bodry.

 ??  ?? Die Trikolore gehört in die Verfassung, meint die LSAP.
Die Trikolore gehört in die Verfassung, meint die LSAP.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg