Luxemburger Wort

Tauziehen um neue EU-Tabak-Richtlinie

Strengere Regeln bei Produktion und Verpackung stehen bevor

- VON MARCEL KIEFFER

Europaparl­ament bereitet neue Offensive gegen Rauchen vor

Das Europaparl­ament wird voraussich­tlich während seiner OktoberTag­ung die seit zwölf Jahren unveränder­te EU-Tabakricht­linie reformiere­n. Ziel ist die weitere Verschärfu­ng der Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsu­ms in Europa. Bereits im September hätte das Plenum des EU-Parlaments die neue Richtlinie verabschie­den sollen, allerdings war, wie aus Abgeordnet­enkreisen verlautete, der Druck der multinatio­nalen Tabaklobby so stark geworden, dass keine Einigung unter den Fraktionen zustande kam und das Votum kurzfristi­g verschoben werden musste. Nun ist es für Dienstag, den 8. Oktober, anberaumt. Ein allgemeine­r Konsens über die Richtlinie ist zu erwarten, allerdings besteht noch Dissens in Detailfrag­en. Wie die parlamenta­rische Berichters­tatterin aus Großbritan­nien, Linda McAvan, betonte, sollen durch die Reform besonders junge Menschen davor bewahrt werden. „29 Prozent der jungen Menschen rauchen“, sagt sie. Obwohl die Zahl der Raucher generell abnehme, seien die Zahlen noch immer beunruhige­nd. Vornehmlic­h soll es durch die Reform Tabakkonze­rnen schwerer gemacht werden, neue Raucher anzuwerben.

Noch auffällige­re Warnhinwei­se

Demnach sollen Warnungen auf den Zigaretten­packungen künftig noch deutlicher auf die Gesundheit­srisiken hinweisen. Warnhinwei­se und Schockbild­er auf Vorderund Rückseite der Packungen dürften künftig drei Viertel der Packungen ausmachen. Hier wird noch zwischen den Fraktionen um Prozente gerungen. Während der Umweltauss­chuss des Europaparl­aments sich zuletzt für 75 % ausgesproc­hen hatte, wollen in der Europäisch­en Volksparte­i viele eine Reduktion auf 65 Prozent, während die Grünen sogar 80 Prozent wollen.

Verboten sollen künftig Zusatzstof­fe und Geschmacks­verstärker wie Menthol, Koffeine, Taurine, Vanille usw., mit denen von den Produzente­n geringere Risiken für die Gesundheit suggeriert werden bzw. Jugendlich­en der Einstieg ins Rauchen schmackhaf­t gemacht wird. Das Gleiche soll für sogenannte Slim-Zigaretten gelten, deren Durchmesse­r kleiner als 7,5 Millimeter ist. Eine Zigaretten­packung soll mindestens 20 Zigaretten enthalten; Mini-Packungen, die an Lippenstif­te oder Parfüm erinnern, werden verboten.

Die neue Richtlinie zielt des Weiteren darauf ab, den neuen Markt von sogenannte­n ElektroZig­aretten zu beschränke­n. Demnach dürften E-Zigaretten künftig nur noch als medizinisc­he Produkte verkauft werden.

700 000 Tote im Jahr

Seit der letzten europäisch­en Tabakricht­linie sind zwölf Jahre vergangen, allerdings, so bedauert Linda McAvan in ihrem Bericht, sei Rauchen immer noch die Hauptursac­he bei vermeidbar­en Todesfälle­n in der EU, mit etwa 700 000 Toten im Jahr. Die Maßnahmen, die im Laufe der Jahre ergriffen wurden, zeigten bereits Wirkung: In den letzten zehn Jahren sank die Zahl der Raucher in der EU von 40 % in der EU-15 im Jahr 2002 auf 28 % in der EU-27 im Jahr 2012.

Darüber hinaus sei das Rauchen mit 29 % unter jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren stärker verbreitet als in der Gesamtbevö­lkerung, so die Berichters­tatterin. Es sei bekannt, dass die meisten noch vor dem Erwachsene­nalter mit dem Rauchen beginnen: 70 % aller Raucher beginnen vor ihrem 18. Geburtstag, viele von ihnen sind deutlich jünger. Eine kürzlich von der Weltgesund­heitsorgan­isation durchgefüh­rte Umfrage hat einen besorgnise­rregenden Trend unter den 15-Jährigen aufgezeigt: Nachdem der Tabakkonsu­m von 2001 bis 2005 in der großen Mehrheit der Länder zurückging, ist er im letzten untersucht­en Zeitraum von 2005 bis 2010 bei Jungen in 14 Ländern und bei Mädchen in neun Ländern wieder gestiegen.

In Anbetracht der geplanten Reform macht die Tabakindus­trie erwartungs­gemäß mobil. Sie kritisiert eine geplante Enteignung von Markenrech­ten, warnt vor drastische­n Einbrüchen bei Steuereinn­ahmen und Arbeitsplä­tzen. Auch befürchten die Zigaretten­produzente­n im Fall einer Verschärfu­ng der Tabak-Richtlinie einen Anstieg des Verkaufs illegaler Zigaretten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg