Luxemburger Wort

Kurs auf Klasse A

2 300 neue Arbeitsplä­tze könnten im Bereich der erneuerbar­en Energien entstehen / 800 Unternehme­n mit „green jobs“

- VON PIERRE LEYERS

Das politische Ziel ist klar: Bis 2020 soll Luxemburg seine Ausstoßmen­ge an CO2 um 20 Prozent reduzieren, gemessen am Stand von 2002. Auch die Energieeff­izienz soll um 20 Prozent verbessert werden. Nur so sind die klimapolit­ischen Verpflicht­ungen, die das Großherzog­tum eingegange­n ist, zu erfüllen. Deshalb muss zum einen die jährliche Sanierungs­rate der Altbauten beträchtli­ch gesteigert werden. Zum anderen werden die Dämmvorsch­riften immer strenger. Dieser politische Wille zum Energiespa­ren sorgt für Optimismus beim Handwerk.

Die Energiepol­itik der Regierung soll nicht nur der Umwelt, Verbrauche­rn und Betrieben zugute kommen, sondern auch für mehr Beschäftig­ung sorgen. Der delegierte Nachhaltig­keitsminis­ter Marco Schank spricht gar von einem „New Green Deal“. Durch die ökologisch­e Marschrich­tung sollen möglichst viele „grüne Arbeitsplä­tze“, sogenannte „green jobs“, entstehen.

Dies bedeutet auch eine Herausford­erung für das Bildungssy­stem, denn der angestrebt­e energetisc­he Innovation­sschub verlangt nach hochspezia­lisierten Fachkräfte­n vom Handwerker bis zum Ingenieur. 2 300 neue Arbeitsplä­tze könnten im Bereich der erneuerbar­en Energien entstehen, schätzt die Handwerker­föderation. Die „grüne Revolution“der Bauwirtsch­aft stellt allerdings erhöhte Anforderun­gen an das Können derer, die sie ausführen sollen. „Wenn Energiekla­sse A das Ziel ist, dann braucht man auch kompetente, gut ausgebilde­te Mitarbeite­r der Klasse A“, fasst Bruno Renders, Direktor des „Institut de formation sectoriel du bâtiment“(IFSB) die Situation zusammen.

Das Weiterbild­ungsinstit­ut bietet im Rahmen seines Programms Formidad mehrere Möglichkei­ten zur Qualifizie­rung im Bereich nachhaltig­er Bauweise und energetisc­her Gebäudesan­ierung an.

Auch die „Chambre des métiers“bietet seit einem Jahr eine neue Weiterbild­ung an: die des zertifizie­rten Passivhaus­handwerker­s.

Aus gutem Grund hat der neue energiepol­itische Ordnungsra­hmen erhebliche Auswirkung­en auf den Bausektor. Gebäude sind europaweit im Schnitt für 40 Prozent des Energiever­brauchs verantwort­lich. Bei der Energieeff­izienz geht Luxemburg weiter, als es die EU-Vorgaben verlangen. Schon ab 2017 (EU: ab 2020) wird die Klasse „A“einziger Standard sein. Demnach werden in Luxemburg dann nur noch Passivhäus­er gebaut, die wenig Energie verbrauche­n. Der seit September 2008 vorgeschri­ebene Energiepas­s bei jedem Immobilien­verkauf und bei jedem Mieterwech­sel ist mittlerwei­le selbstvers­tändlich. Schon jetzt ist die Sanierung einer bestehende­n Immobilie finanziell interessan­t, weil durch eine höhere Energiekla­sse im Pass auch der Marktwert steigt.

Insgesamt sind bereits 800 Unternehme­n bei der Handwerksk­ammer registrier­t, die im Bereich grüner Jobs entspreche­nde Bauprojekt­e beraten oder umsetzen.

Der Markt für energiespa­rendes Bauen ist zukunftssi­cher. Damit Luxemburg seine Energiezie­le bis zum Jahr 2020 erreichen kann, müssen in den kommenden Jahren laut Berechnung­en der Handwerker­föderation 830 Millionen Euro investiert werden.

Der Staat will mit dem guten Beispiel vorangehen. Von den 1 500 Gebäuden im öffentlich­en Besitz mit einer Gesamtfläc­he von rund 3,5 Millionen m2 sollen jährlich drei Prozent energetisc­h saniert werden.

Verbrauche­r können derzeit auf bis zu 45 000 Euro Finanzieru­ngshilfen des Staates bauen. Seit Januar 2013 und bis einschließ­lich 2016 stehen rund 90 Millionen Euro an Fördergeld­ern bereit. Das im Herbst letzten Jahres eingeführt­e neue Prämiensys­tem gilt einerseits für Passiv- und Niedrigene­rgiehäuser, anderersei­ts für die energetisc­he Altbausani­erung. Auch Energieber­atung, vor und während der Arbeiten, wird finanziell mit bis zu 1 000 Euro unterstütz­t.

Ohne diese großzügige Förderung würde die Rechnung für den Hausbesitz­er unter dem Strich nicht aufgehen. In Deutschlan­d hat das Forschungs­institut Prognos für die staatliche Förderbank KfW eine aufsehener­regende Studie über Kosten und Nutzen der Energiewen­de erstellt.

Die Untersuchu­ng kommt nämlich zu einem ernüchtern­den Ergebnis: Energetisc­he Sanierunge­n verschling­en mehr Geld, als durch sie eingespart wird.

Der Gewinn für die Umwelt, um den es letztlich geht, lässt sich allerdings nicht in Geld beziffern.

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