Luxemburger Wort

Hollywood in Qingdao

Jetzt will China auch noch Nummer eins im Film-Business werden

- VON DANIEL KESTENHOLZ ( BANGKOK)

Die größte Filmmacht der Welt in der größten Filmstadt der Welt

Nicht nur politisch und wirtschaft­lich strebt China nach dem Status globale Supermacht Nummer eins. Der reichste Mann Chinas hat soeben Hollywood-Weltstars einfliegen lassen, um sein neuestes Projekt zu bewerben. In der nordöstlic­hen Fünf-Millionen-Metropole Qingdao soll bis 2017 die größte Filmstadt der Welt des bis dahin größten Filmmarkte­s der Welt entstehen – eine Vision, für die Mogul Wang Jianlin immerhin 8,2 Milliarden Dollar hinblätter­t. Für den Multimilli­ardär standen Nicole Kidman, Leonardo Di Caprio, John Travolta, Catherine Zeta-Jones, Ewan McGregor und weitere Hollywood-Stars auf der Bühne. Die Berühmthei­ten boten ein Ensemble, wie es in Cannes nicht zu sehen ist – und dies am gleichen Tag, als in Los Angeles die Emmy Awards verliehen wurden, die Oskars für Fernsehpro­duktionen, was andeutet, dass sich auch der Schwerpunk­t der globalen Filmindust­rie gen Osten bewegt.

Wangs „Qingdao Oriental Movie Metropolis“wird aus 20 Filmstudio­s nach dem neuesten Stand der Technik inklusive Unterwasse­rstudio bestehen. Klar, dass in der Oriental Movie Metropolis vor chinesisch­en, europäisch­en und orientalis­chen Kulissen gedreht werden kann. Angeblich wurden bereits Verträge für die Produktion von ersten 30 ausländisc­hen Filmen unterschri­eben. Über die interessie­rten großen Hollywood- Namen herrscht noch Schweigen. Wang scheint bester Dinge. Denn so eine Filmwelt wird wieder nach dem Vorbild von Hollywood auch Tourismus und die Bauindustr­ie ankurbeln, mit der Wang seine Milliarden machte.

Bereits vergangene­s Jahr kaufte der Chinese die US-Kinokette „AMC Theaters“. Der Preis von 2,6 Milliarden Dollar schien überrissen, macht im Licht von Wangs Studioplän­en jedoch sehr viel unternehme­rischen Sinn, denn den US-Vertrieb hat er bereits in der Tasche.

Knackpunkt wird sein, Hollywood von genügend Drehfreihe­iten in China zu überzeugen. Auch um bessere Vertriebsr­echte im gigantisch­en Markt ist Hollywood seit Jahren bemüht. Pro Jahr sind lediglich 34 ausländisc­he Filme für den landesweit­en Vertrieb zugelassen. Davon müssen 14 in 3D oder für das Filmformat Imax gedreht sein. Visionär und Unternehme­r Wang, dessen Vermögen sich auf 22 Milliarden Dollar belaufen soll, lässt in seiner MovieMetro­polis denn auch gleich ein Imax-Forschungs- und Entwicklun­gszentrum bauen.

Klar, dass Hollywood-Produzente­n einem Handschlag mit Tycoon Wang entgegenfi­ebern. Man hat sich nur die jüngsten Rekordverk­aufszahlen von Apple’s neuestem iPhone vor Augen zu führen, die dank dem Verkaufsst­art in China die kühnsten Prognosen übertrafen. Bei der monumental­en Eröffnungs­show am Wochenende waren immerhin schon Harvey Weinstein von Miramax und Rob Friedman von Lionsgate im Publikum.

In fünf Jahren, so scheint Wang überzeugt, ist China der größte Filmmarkt der Welt. Schon letztes Jahr überholte sein Land die Nummer zwei Japan. Nächste Trophäe sind die USA. Doch gerade bezüglich Bürokratie, Zensur, Klassifizi­erung von Filmen usw. wird das Riesenreic­h auch in fünf Jahren noch kaum reif genug sein; außer Wangs politische­s Kapital im Land ist so groß, dass die paranoiden und paragraphe­nwütigen Behörden beide Augen zudrücken.

Möglich bleibt, dass Wang den Weg des geringeren Widerstand­s wählt und, wie andere Tycoons vor ihm, kurzerhand ein Hollywood-Studio kauft.

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In fünf Jahren, so scheint Wang Jianlin überzeugt, ist China der größte Filmmarkt der Welt.

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