Hollywood in Qingdao
Jetzt will China auch noch Nummer eins im Film-Business werden
Die größte Filmmacht der Welt in der größten Filmstadt der Welt
Nicht nur politisch und wirtschaftlich strebt China nach dem Status globale Supermacht Nummer eins. Der reichste Mann Chinas hat soeben Hollywood-Weltstars einfliegen lassen, um sein neuestes Projekt zu bewerben. In der nordöstlichen Fünf-Millionen-Metropole Qingdao soll bis 2017 die größte Filmstadt der Welt des bis dahin größten Filmmarktes der Welt entstehen – eine Vision, für die Mogul Wang Jianlin immerhin 8,2 Milliarden Dollar hinblättert. Für den Multimilliardär standen Nicole Kidman, Leonardo Di Caprio, John Travolta, Catherine Zeta-Jones, Ewan McGregor und weitere Hollywood-Stars auf der Bühne. Die Berühmtheiten boten ein Ensemble, wie es in Cannes nicht zu sehen ist – und dies am gleichen Tag, als in Los Angeles die Emmy Awards verliehen wurden, die Oskars für Fernsehproduktionen, was andeutet, dass sich auch der Schwerpunkt der globalen Filmindustrie gen Osten bewegt.
Wangs „Qingdao Oriental Movie Metropolis“wird aus 20 Filmstudios nach dem neuesten Stand der Technik inklusive Unterwasserstudio bestehen. Klar, dass in der Oriental Movie Metropolis vor chinesischen, europäischen und orientalischen Kulissen gedreht werden kann. Angeblich wurden bereits Verträge für die Produktion von ersten 30 ausländischen Filmen unterschrieben. Über die interessierten großen Hollywood- Namen herrscht noch Schweigen. Wang scheint bester Dinge. Denn so eine Filmwelt wird wieder nach dem Vorbild von Hollywood auch Tourismus und die Bauindustrie ankurbeln, mit der Wang seine Milliarden machte.
Bereits vergangenes Jahr kaufte der Chinese die US-Kinokette „AMC Theaters“. Der Preis von 2,6 Milliarden Dollar schien überrissen, macht im Licht von Wangs Studioplänen jedoch sehr viel unternehmerischen Sinn, denn den US-Vertrieb hat er bereits in der Tasche.
Knackpunkt wird sein, Hollywood von genügend Drehfreiheiten in China zu überzeugen. Auch um bessere Vertriebsrechte im gigantischen Markt ist Hollywood seit Jahren bemüht. Pro Jahr sind lediglich 34 ausländische Filme für den landesweiten Vertrieb zugelassen. Davon müssen 14 in 3D oder für das Filmformat Imax gedreht sein. Visionär und Unternehmer Wang, dessen Vermögen sich auf 22 Milliarden Dollar belaufen soll, lässt in seiner MovieMetropolis denn auch gleich ein Imax-Forschungs- und Entwicklungszentrum bauen.
Klar, dass Hollywood-Produzenten einem Handschlag mit Tycoon Wang entgegenfiebern. Man hat sich nur die jüngsten Rekordverkaufszahlen von Apple’s neuestem iPhone vor Augen zu führen, die dank dem Verkaufsstart in China die kühnsten Prognosen übertrafen. Bei der monumentalen Eröffnungsshow am Wochenende waren immerhin schon Harvey Weinstein von Miramax und Rob Friedman von Lionsgate im Publikum.
In fünf Jahren, so scheint Wang überzeugt, ist China der größte Filmmarkt der Welt. Schon letztes Jahr überholte sein Land die Nummer zwei Japan. Nächste Trophäe sind die USA. Doch gerade bezüglich Bürokratie, Zensur, Klassifizierung von Filmen usw. wird das Riesenreich auch in fünf Jahren noch kaum reif genug sein; außer Wangs politisches Kapital im Land ist so groß, dass die paranoiden und paragraphenwütigen Behörden beide Augen zudrücken.
Möglich bleibt, dass Wang den Weg des geringeren Widerstands wählt und, wie andere Tycoons vor ihm, kurzerhand ein Hollywood-Studio kauft.