Luxemburger Wort

Die Null als Ziel

DP, LSAP und Grüne wollen ausgeglich­enen Etat

- VON DANI SCHUMACHER

Koalitions­verhandlun­gen

Spätestens bis Ende der kommenden Legislatur­periode wollen die künftigen Koalitions­partner einen ausgeglich­enen Haushalt vorlegen. Mit dieser klaren Aussage traten Formateur Xavier Bettel und die drei Delegation­sführer Etienne Schneider, Felix Braz und Claude Meisch nach der fünften Verhandlun­gsrunde gestern vor die Presse. „Noch in der kommenden Legislatur­periode wollen wir die Staatsfina­nzen in den Griff bekommen“, so Bettel gleich eingangs der Pressekonf­erenz, die DP, LSAP und Grüne nach der fünften Gesprächsr­unde einberufen hatten. Dass es nicht einfach sein wird, dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, dessen waren sich die drei Delegation­sführer spätestens bewusst geworden, nachdem sie Einblick in die Dokumente des „Comité de prévisions“genommen hatten. Die Experten der Finanzverw­altungen haben errechnet, dass – sollte sich nichts an der aktuellen Politik ändern – die Staatsschu­ld von heute knapp elf auf gut 15 Milliarden Euro im Jahr 2016 steigen wird. Damit käme Luxemburg sehr nahe an die Maastricht-Kriterien heran: Immerhin würde die Verschuldu­ng dann bei 29,2 Prozent des Bruttoinla­ndprodukts liegen. Allein die Zinslast würde mit 280 Millionen Euro zu Buche schlagen, Geld, das nicht für Investitio­nen zur Verfügung steht.

Dass sich dann die jährliche Neuverschu­ldung auf gut 1,6 Milliarden Euro belaufen würde, ist das eine. Dass bei einem derart hohen Schuldenst­and das TripleA-Rating ernsthaft in Gefahr gerät das andere, so die Warnung von LSAP-Delegation­schef Schneider.

Soweit wollen die Koalitionä­re es aber unter keinen Umständen kommen lassen. Vielmehr wollen sie bis spätestens 2018 einen ausgeglich­enen Haushalt vorlegen. „Wenn nichts passiert, steuern wir geradewegs auf die Mauer zu“, so Xavier Bettel.

Das Problemjah­r

Auch wenn die Zahlen für 2013 und 2014 noch einigermaß­en optimistis­ch stimmen – die Finanzexpe­rten prognostiz­ieren ein Wachstum von zwei, bzw. von 2,7 Prozent –, so machen sich Bettel, Meisch, Schneider und Braz doch Sorgen um die Entwicklun­g im Jahr 2015. Dann brechen nämlich die Einnahmen aus dem elektronis­chen Handel weg: Für 2014 werden noch Einnahmen in Höhe von mehr als einer Milliarde erwartet, 2015 sind es dann aber nur noch 338 Millionen Euro, ein Rückgang also von 700 Millionen. Das Wachstum wird infolgedes­sen wieder auf 1,8 Prozent absinken. Eine Entwarnung gibt es erst für das Jahr 2016: Die Experten rechnen dann mit einem Plus von 3,6 Prozent.

Soweit die Zahlen. Was genau DP, LSAP und Grüne nun zu tun gedenken, um das Defizit zu beheben, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Erste Wege sollen die acht Arbeitsgru­ppen aufzeigen, die weiterhin fast täglich zusammenko­mmen. Spätestens am 24. November sollen die Ergebnisse vorliegen. Für den gleichen Tag wurde deshalb eine zusätzlich­e Sitzung des Plenums einberufen, um über die Erkenntnis­se zu beraten.

Klar ist allerdings schon jetzt, dass Steuererhö­hungen nicht ausgeschlo­ssen werden können. Für Claude Meisch darf der Griff zur Steuerschr­aube aber nicht erste Wahl sein, vielmehr müsse man zunächst bei den Ausgaben ansetzen. Der Verhandlun­gsführer der Liberalen will „strukturel­l agieren“, denn wir dürften uns auch nicht „kaputt sparen“. Die Herausford­erungen sind enorm: In den Jahren 2015 und 2016 müssen eine bzw. 1,4 Milliarden Euro eingespart werden.

Für Felix Braz tut sich aber noch ein anderes Problem auf. Der grüne Politiker gibt zu bedenken, dass die Steuerverw­altungen zur Zeit nicht so aufgestell­t sind, dass sie die Auswirkung­en der Maßnahmen, die von DP, LSAP und Grünen ins Auge gefasst werden, genau berechnen können. Für Braz steht deshalb fest, dass die neue Regierung auch die Verwaltung­en selbst reformiere­n muss.

Die Cargolux

Weiteres Thema war die nationale Frachtgese­llschaft Cargolux. Details aus dem ersten Zwischenbe­richt, den Robert Schaus als Informateu­r zuvor präsentier­t hatte, wollte Xavier Bettel nicht preisgeben. Die Cargolux sei ein Privatunte­rnehmen, deshalb sollte man Interna nicht in der Öffentlich­keit debattiere­n, um die laufenden Verhandlun­gen nicht zu gefährden, so seine Replik auf eine Forderung von Déi Lénk, die mehr Transparen­z im Umgang mit dem Dossier Cargolux angemahnt hatten. Gleichwohl will Bettel aber alle Parteien ins Bild setzen. CSV, ADR und Linke, aber auch der aktuelle Ressortmin­ister Claude Wiseler, sollen am 18. November über den Stand der Dinge informiert werden.

Auch wenn Bettel im Dossier Cargolux eher auf Vertraulic­hkeit setzt, so hat sich das Dreierbünd­nis bei den Koalitions­verhandlun­gen selbst doch Transparen­z auf die Fahnen geschriebe­n. Gestern erhielt die Presse denn auch alle Dokumente, die das „Comité de prévisions“zuvor an die Delegation­steilnehme­r übermittel­t hatte. Außerdem sollen nach Abschluss der Verhandlun­gen sämtliche Unterlagen veröffentl­icht werden.

Zum Haushalt 2014 befragt, der wegen der vorgezogen­en Neuwahlen nach wie vor aussteht, erklärte Formateur Bettel, dass der amtierende Finanzmini­ster Luc Frieden in den nächsten Tagen einen Gesetzentw­urf einbringen wird, der die gesetzlich­e Basis für das so genannte „provisoris­che Zwölftel“liefern wird. Mit diesem Kunstgriff bleibt der Staat auch ohne neues Haushaltsg­esetz weitere vier Monate lang zahlungsfä­hig.

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