Luxemburger Wort

Das willkommen­e Misstrauen

Griechenla­nds linke Opposition will die Regierung stürzen – und stärkt ihr damit den Rücken

- VON GERD HÖHLER ( ATHEN)

„Weg des Landes in die wirtschaft­liche Katastroph­e aufhalten“

„Es reicht“, sagt Panos Skourletis, Fraktionss­precher des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza), Griechenla­nds größter Opposition­spartei, „das Volk hat genug.“Genug von der Regierung des konservati­ven Ministerpr­äsidenten Antonis Samaras. Deshalb hat Syriza-Chef Alexis Tsipras im griechisch­en Parlament einen Misstrauen­santrag gegen die Regierung gestellt – „um den Weg des Landes in die wirtschaft­liche Katastroph­e und die Entwertung der Demokratie aufzuhalte­n“, wie er sagte. Die dreitägige Debatte begann gestern Nachmittag. Abgestimmt wird über den Antrag, wie es die Verfassung vorschreib­t, am Sonntag um Mitternach­t. Verbringt Samaras bis dahin schlaflose Nächte? Wohl kaum. Dass er die Abstimmung verliert, gilt als ausgeschlo­ssen. Die im Juni gebildete Koalition seiner konservati­ven Nea Dimokratia (ND) mit der Panhelleni­schen Sozialisti­schen Bewegung (Pasok) verfügt über 155 der 300 Parlaments­mandate. Außerdem hat eine linke Splitterpa­rtei bereits angekündig­t, sie werde nicht für den Misstrauen­santrag stimmen. Opposition­schef Tsipras dürfte wissen, dass es ihm nicht gelingen wird, die für den Regierungs­sturz erforderli­chen 151 Stimmen zusammenzu­bekommen.

Von Panik oder Besorgnis ist deshalb im Regierungs­lager auch nichts zu spüren. Stattdesse­n sieht man zufriedene Gesichter. Der Misstrauen­santrag sei „ein Geschenk“für die Regierung, schrieb gestern die linksgeric­htete Zeitung „Ta Nea“. Tatsächlic­h dürfte der Antrag Samaras nicht ungelegen kommen. In den beiden Regierungs­parteien regt sich Widerstand gegen den Sparkurs. Vor allem die geplante Immobilien­steuer stößt auf Kritik. Der Misstrauen­santrag verheerend­en Folgen eines EuroAustri­tts Griechenla­nds ausmalte. Die Rede stieß in den eigenen Reihen auf Kritik. Gerade in der Euro-Frage ist Tsipras‘ Partei tief gespalten. Ein starker Syriza-Flügel will nicht nur die Währungsun­ion verlassen, sondern Griechenla­nd auch aus der EU und der Nato führen.

Mit dem Misstrauen­santrag hofft Tsipras wohl nicht zuletzt, die widerstrei­tenden Parteiflüg­el zu einen. Die Parlaments­debatte gibt ihm auch die Chance, das eigene Profil zu schärfen. Die NDAbgeordn­ete Fevronia Patrianako­u spottet, Tsipras benutze einen Misstrauen­santrag, um ein Vertrauens­votum seiner eigenen Partei zu bekommen.

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„Es reicht“: Syriza-Chef Alexis Tsipras hat einen Misstrauen­santrag gegen die Regierung gestellt.

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