Luxemburger Wort

Mit James Bond und „Skyfall“nichts gemein

Britische Oberspione erstmals auf dem öffentlich­en Prüfstand

- VON ERHARD M. HUTTER ( LONDON)

Die im „Guardian“abgedruckt­e Veröffentl­ichung von gestohlene­n Geheimdoku­menten durch den einstigen CIA-Beamten Edward Snowden hat die nationale Sicherheit schwer geschädigt. Al-Kaida „schleckt die durchgesic­kerten Informatio­nen auf“, und „unsere Gegner reiben sich vergnüglic­h die Hände“. Das macht unseren Job „in Zukunft viel härter“. Das sagen die Chefs der drei britischen Geheimdien­ste an ihrem historisch­en ersten gemeinsame­n Auftreten vor der britischen Öffentlich­keit im Westminste­r-Palast.

Das Dreigestir­n stand am Donnerstag eineinhalb Stunden lang dem parlamenta­rischen Sicherheit­s(ISC) unter Führung des einstigen Außenminis­ters Malcolm Riefkind vor TV-Kameras Rede und Antwort. John Sawers ist Chef des eigentlich­en Spionagedi­enstes im Ausland MI6. Andrew Parker leitet seit Jahresbegi­nn den internen Geheimdien­st MI5. Die schwerste Aufgabe fiel Iain Lobban zu, dem Generaldir­ektor des Kommunikat­ions-Hauptquart­iers der Regierung GCHQ in Cheltenham, nachdem Snowden vieles über die geheimste der Geheimorga­nisationen ausgeplaud­ert hat.

Vor dreißig Jahren existierte­n die Agenturen vollkommen im Dunkeln. Bis 1994 gab es keine rechtliche­n Beschränku­ngen und keine Form von Verantwort­lichkeit außer der Anordnung des Ministers. Die Namen der Oberhäupte­r der Organisati­onen waren so gut wie unbekannt. Drei Gesetze in den Jahren 1994, 1998 und 2000 regeln seitdem das Abfangen von Daten aus dem Äther und die Aktionen der Spionage-Agenturen. Der rasante technologi­sche Fortschrit­t erfordert inzwischen freilich ein neues Gesetz.

Die Snowden-Enthüllung­en „haben unsere Operatione­n auf Risiko gesetzt“beklagte Sawers. Der Vorwurf von Folter wird von den Befragten einstimmig zurückgewi­esen. „Wir dulden niemals Folter“, sagte Parker. Im Königreich würde niemand ausgeliefe­rt, wenn er körperlich­e Qualen erwarten muss. Im Zweifelsfa­ll würde ministerie­lle Bestätigun­g gesucht, auch wenn das heißt, „dass der Außenminis­ter mitten in der Nacht aus dem Bett geholt wird.“

Die Dienste würden sich nach Parker strikt an den Rahmen des Gesetzes halten. Die Annahme, dass die Tätigkeit der Dienste Freiheit und Demokratie kompromitt­ierten, sei falsch. „Unsere Arbeit richtet sich direkt gegen die Bedrohung dieses Landes, unserer Demokratie, unsere Lebensweis­e.“

34 „ hausgemach­te“Terror- Angriffe vereitelt

Mit James Bond und „Skyfall“haben die britischen Geheimdien­ste nichts gemein. Keiner der Befragten gab wichtige Geheimniss­e preis, sie werden mit dem Komitee in geschlosse­nen Sitzungen behandelt. Nur eines enthüllte Parker: Seit dem Terrorangr­iff vom 7. Juli 2005 wurden von den Agenturen 34 „hausgemach­te“Terror-Angriffe im Königreich vereitelt. Er weist jedoch entschiede­n die Anklage zurück, die Dienste hätten mehr tun können, um das schrecklic­he Attentat mit über 50 Toten abzuwenden. Und noch eins: Der Terrorangr­iff vom 9. November 2001 in Manhatten und Washington hat den Diensten erst die Augen über die „enorme Bedrohung unseres Landes durch den Terror“geöffnet.

Freiheit und Würde der Bewohner würden immer geachtet. GCHQ-Chef Lobban bestand darauf, dass seine Organisati­on in keinem Fall die Konversati­onen und Emails von unschuldig­en Bürgern mithören bzw. mitlesen würde. „Secrecy (Geheimhalt­ung) heißt nicht sinister.“

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„The Guardian“: gestohlene Geheimdoku­mente abgedruckt.

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