Luxemburger Wort

Verlorene Zeit

- PIERRE LEYERS

und gingen nach erfolgreic­hem Abschluss wieder dorthin zurück. Den Treffpunkt von Praxis und Wissenscha­ft, ebenso wie das Aushängesc­hild der Finanzplat­zforschung, hat es nie gegeben. Stattdesse­n gab es Funkstille, und zwar zwischen den Akteuren am Finanzplat­z und der Universitä­t.

Die Frustratio­n nahm stetig zu, und bei einer Pressekonf­erenz im Frühjahr letzten Jahres platzte den sonst eher diskreten Bankiers der Kragen. „Das Baby ist nicht so gewachsen, wie wir es uns vorstellte­n“, sagte der Generaldir­ektor der ABBL bei der Gelegenhei­t, wobei er keine Zweifel daran ließ, dass er auch am heutigen Teenager keine Freude hat.

Dass Kinder die Erwartunge­n ihrer Eltern enttäusche­n, soll häufig vorkommen. Seltener ist der Fall, dass ein „House of Finance“den Finanzakte­uren, für die es ja eigentlich geschaffen wurde, derart auf den Schlips tritt. Missverstä­ndnisse, unterschie­dliche Vorstellun­gen, falsche Erwartunge­n, ja unverträgl­iche Chemie zwischen den Akteuren mögen hierfür eine Erklärung sein. Warum der Segen aber 16 Jahre lang schief hängen musste, ehe der Missstand offen zur Sprache kam, ist eine andere Sache. 16 Jahre wurden vergeudet. Es hat wohl wenig Sinn, ihnen hinterherz­utrauern. Die Verantwort­lichen auf beiden Seiten, und auch bei der Regierung, sollten alles versuchen, um die Sprachlosi­gkeit nie wieder so weit kommen zu lassen. Die School of Finance der GoetheUniv­ersität in Frankfurt, das Insead in Paris, oder die London Business School zeigen, wie man es richtig macht.

Luxemburg könnte sich durch die Nähe zwischen Universitä­t, Finanzplat­z und den europäisch­en Institutio­nen zu einem Wissenssta­ndort mit hoher finanz- und rechtswiss­enschaftli­cher Kompetenz entwickeln. Eine Chance wurde vertan, aber noch ist es dafür nicht zu spät. pierre.leyers@wort.lu

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