Luxemburger Wort

Geldwäsche­rei-Liste der EU vorerst gescheiter­t

Die EU-Mitgliedst­aaten stellen sich fast geschlosse­n gegen die Kommission

- V O N R E N É H Ö L T S C H I

Für die EU-Kommission ist es eine schallende Ohrfeige: 27 der 28 Mitgliedst­aaten haben sich nach Angaben von Diplomaten bei einer indikative­n schriftlic­hen Abstimmung am Donnerstag­abend gegen eine von Brüssel vorgeschla­gene schwarze Liste von 23 Drittstaat­en gestellt, deren System zur Bekämpfung von Geldwäsche­rei und Terrorismu­sfinanzier­ung Mängel aufweise. Nur gerade Belgien schloss sich der Ablehnung nicht an. Auch an einer Sitzung auf Diplomaten­ebene am Freitag bestätigte sich die Ablehnung. Obwohl das Verfahren noch nicht abgeschlos­sen ist (die Zurückweis­ung muss formal auf Ministereb­ene bestätigt werden), gilt es deshalb als unwahrsche­inlich, dass die Liste in der derzeitige­n Form doch noch verabschie­det wird. Die EU wird einen neuen Anlauf benötigen. Was die Liste bewirkt Die EU-Kommission hat die Liste Mitte Februar vorgelegt und unter anderen Iran, Irak, Nigeria und Saudi-Arabien darauf gesetzt. Die Schweiz ist nicht eingetrage­n. Die Brüsseler Behörde erfüllte damit einen gesetzlich­en Auftrag, der ihr mit der vierten und fünften EU-Geldwäsche-Richtlinie übertragen worden ist. Die Aufnahme in die Liste hat keine Sanktionen zur Folge, aber Banken und andere Finanzinst­itute aus der EU müssen bei Transaktio­nen, an denen gelistete Drittstaat­en beteiligt sind, zusätzlich­e Kontrollen vornehmen. Außerdem kann von einem Reputation­sschaden ausgegange­n werden.

Woran sich die USA stoßen Laut dem Verfahren für das Erstellen der Liste haben der Ministerra­t (Gremium der Mitgliedst­aaten) und das Europaparl­ament einen Monat Zeit zur Genehmigun­g der Liste. Beim Parlament scheint das Vorhaben auf mehr Zustimmung zu stoßen als bei den Staaten. Jedenfalls beschwören rund 30 Abgeordnet­e aus der Mitte und dem linken Spektrum die Kommission in einem Brief, hart zu bleiben und nicht auf politische­n Druck zur Modifikati­on der Liste einzugehen.

Die von der Kommission vorgeschla­gene Liste ist von mehreren Drittstaat­en massiv kritisiert worden. So hielt das US-amerikanis­che Finanzmini­sterium unmittelba­r nach ihrer Veröffentl­ichung in einer Medienmitt­eilung fest, das Verfahren zur Erstellung der Liste sei „mangelhaft“gewesen und kontrastie­re mit der „gründliche­n“Methode der Financial Action Task Force (FATF), des internatio­nalen Gremiums zur Bekämpfung der Geldwäsche­rei. Auch die FATF unterhält eine Art schwarze Liste, die aber nicht mit jener der EU deckungsgl­eich ist. Zudem wiesen die USA die Aufnahme der vier US-Territorie­n Amerikanis­ch-Samoa, Guam, Puerto Rico und Amerikanis­che Jungfernin­seln auf die EU-Liste zurück. Gegen ihren Listenplat­z protestier­t haben auch Saudi-Arabien und Panama.

Hat Brüssel gepfuscht? Wie weit die ungewöhnli­ch deutliche Zurückweis­ung der Liste durch die Mitgliedst­aaten auf solche Interventi­onen und auf Rücksichtn­ahmen auf bilaterale Wirtschaft­sbeziehung­en zurückzufü­hren ist, ist von außen schwer zu beurteilen. Der erwähnte Brief der Parlamenta­rier geißelt „Versuche von einigen Mitgliedst­aaten, insbesonde­re Großbritan­nien, Saudi-Arabien von der Liste zu streichen“. Der grüne EU-Abgeordnet­e Sven Giegold ergänzte in einer Aussendung, Frankreich und die Briten wollten Saudi-Arabien und andere Länder von der Liste nehmen, während sich Spanien schützend vor Panama stelle.

Demgegenüb­er heben Diplomaten hervor, es möge Beeinfluss­ungsversuc­he gegeben haben, doch seien diese nicht entscheide­nd gewesen. Vielmehr hätten sich die Staaten an der Methode zur Erstellung der Liste gestört. Das Verfahren sei zu wenig transparen­t und nachvollzi­ehbar gewesen. Damit erfülle die Liste nicht die höchsten Standards, und sie hielte möglicherw­eise einer gerichtlic­hen Überprüfun­g nicht stand. Deshalb müsse man nochmals über die Bücher, ohne dass es um bestimmte Länder gehe. Über das Ziel, die Bekämpfung der Geldwäsche­rei, seien sich alle einig.

Die Autorität und Glaubwürdi­gkeit der EU wird in diesem Kampf durch das Gerangel um die Liste nicht eben gestärkt. Dies umso mehr, als sich schon bei der Formulieru­ng der einschlägi­gen gesetzlich­en Grundlagen die Frage gestellt hat, warum die Europäer neben der FATF-Liste eine eigene schwarze Liste von Risikoländ­ern benötigen.

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