Von allem ein bisschen
Wenn die Kassen gut gefüllt sind, ist die Aufstellung des Staatshaushalts mehr Kür denn Pflicht: Dem Land geht es gut. Also kann Finanzminister Pierre Gramegna bei seinem sechsten Budget richtig aus dem Vollen schöpfen. Seine Kabinettskollegen dürfen allesamt mit mehr Geld rechnen, viele Haushaltsposten werden deutlich besser dotiert. Es ist für jeden etwas dabei.
Die Kritik der Opposition fällt in diesem Jahr deshalb ziemlich verhalten aus. Wohl auch deshalb, weil die Regierung die soziale Kohäsion als einen der Schwerpunkte des Etat 2019 auserkoren hat. So darf der Sozialminister beispielsweise mit 3,5 Milliarden Euro rechnen, sein Kollege vom Bildungsministerium mit 2,5 und in das Familienministerium fließen 1,75 Milliarden Euro.
Dass die Regierung in die soziale Kohäsion investiert, tut not. Denn auch in einem so wohlhabenden Land wie Luxemburg klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Wenn die Gesellschaft nicht noch weiter auseinanderdriften soll, muss die Regierung genügend Geld in die Hand nehmen, um die Schieflage zu begradigen, zum Wohl der Menschen, aber auch weil der soziale Frieden für das Land ökonomisch fast genau so wichtig ist wie das sakrosankte Triple A.
Geld allein reicht aber nicht. Die finanziellen Mittel müssen sinnvoll und zielorientiert eingesetzt werden. Das gilt nicht nur für den sozialen Zusammenhalt, sondern auch für die beiden anderen Schwerpunkte des Budgets, die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit. Doch ein roter Faden ist beim diesjährigen Haushalt – wie schon in der Regierungserklärung – nicht klar zu erkennen, zumindest nicht auf den ersten Blick. Zwar stellte Finanzminister Pierre Gramegna seine Haushaltsrede unter das Motto „Die Weichen richtig stellen“, dennoch geht aus dem Zahlenwerk nicht eindeutig hervor, wo die Reise genau hingehen soll.
Zudem könnte die Regierung unter Umständen zu einer Richtungsänderung gezwungen sein. Denn das Budget 2019 spielt vor einer fragilen internationalen Kulisse. Beispiel Brexit: Auch wenige Tage vor dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kann niemand die Folgen abschätzen, die dieser Schritt haben wird. Das gilt auch für die Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den USA und China beziehungsweise zwischen der Union und den Vereinigten Staaten. Auch die vielen internationalen Konflikte und Krisenherde könnten Gramegnas Berechnungen unverhofft aus dem Gleichgewicht bringen. Und weil der Haushaltsentwurf einmal mehr stark auf Wachstum ausgerichtet ist, wird eine kleine Delle in der weltweiten Konjunktur unangenehme Konsequenzen für Luxemburg mit seiner offenen Ökonomie haben.
In dem Fall wird das Defizit von 650 Millionen Euro beim Zentralstaat womöglich noch höher ausfallen. Die Regierung nimmt das Minus allerdings bewusst in Kauf, um genügend Spielraum bei den Investitionen zu haben. Das ist völlig legitim. Doch wenn sich das auf drei Prozent berechnete Wirtschaftswachstum abschwächt, bekommt der Finanzminister ein Problem. Denn die Kehrseite der seit Jahren sehr hoch angesetzten Investitionen sind fehlende Rücklagen. In den „Fonds souverain“fließen beispielsweise wie in den Vorjahren „nur“etwa 50 Millionen Euro, trotz anhaltend guter Konjunktur. Die Regierung muss sich daher den Vorwurf gefallen lassen, dass sie in guten Zeiten keine Reserven anlegt. danielle.schumacher@wort.lu