Luxemburger Wort

Nordkorea baut Raketentes­tanlage wieder auf

Nach einem ergebnislo­sen Gipfel mit US-Präsident Donald Trump setzt Kim Jong Un auf Konfrontat­ion

- V O N T H O M A S S P A N G ( W A S H I N G T O N )

Es sollte eine große Show werden. Der nordkorean­ische Diktator bot seinem Gast aus dem Süden, Präsident Moon Jae In, im September vergangene­n Jahres an, die Raketentes­tanlage im Nordwesten des Landes vor den Augen der Weltöffent­lichkeit zu zerstören. Amerikanis­che Experten sollten die Chance bekommen, das Geschehen zu verfolgen und anschließe­nd zu überprüfen.

Bereits nach dem ersten Treffen mit US-Präsident Donald Trump in Singapur ließ Kim Jong Un als Zeichen des guten Willens eine Startrampe und eine Montagehal­le abbauen. Der amerikanis­che Präsident wertete das als Erfolg seiner Politik, die Nordkorea dazu gezwungen habe, seine Raketenund Atomtests zu beenden und mit der Demontage seines Nuklearpro­gramms zu beginnen.

Nach Erkenntnis­sen westlicher Geheimdien­ste und privater Organisati­onen, die Nordkorea beobachten, hat das Regime entweder kurz vor oder unmittelba­r nach dem zweiten Kim-Trump-Gipfel in Hanoi mit dem Wiederaufb­au der größten Raketentes­tstation des Landes begonnen.

„Gemessen an dem, was hier geschehen ist, stecken da mindestens einige Tage Arbeit drinnen“, interpreti­ert Jenny Town von „38 North“, einer Experten-Website, die regelmäßig Satelliten­aufnahmen auswertet, die jüngsten Beobachtun­gen. Auf den Aufnahmen sei zu erkennen, dass die Nordkorean­er die Montagehal­le wiedererri­chtet hätten; mit höheren Wänden und einem neuen Dach.

Der Nordkorea-Experte Jeffrey Lewis vom „Middlebury Institute of Internatio­nal Studies“in Monterey bestätigte gegenüber der „Washington Post“die Aktivitäte­n von Tongchang-ri. „Das sind keine guten Nachrichte­n“, erklärte Lewis. Das Timing rund um den Gipfel interpreti­ert Lewis als Zeichen, dass Nordkorea nicht wirklich mit einem Durchbruch gerechnet habe.

Experten heben hervor, dass die Arbeiten an der Raketentes­tstation selbst nicht gegen internatio­nales Recht verstoßen. Nordkorea könnte als Demonstrat­ion der Stärke von hier aus beispielsw­eise einen Satelliten ins All schicken. Darauf deuteten Berichte von Flüchtling­en des Regimes hin.

Die USA verstünden einen solchen Start ungeachtet seiner Legalität als Provokatio­n. Präsident Trump zitiert den Verzicht des Nordens von Raketensta­rts seit 2017 als Beleg für den Erfolg seiner Verhandlun­gsstrategi­e.

Vorsorglic­h warnte der Nationale Sicherheit­sberater John Bolton das Regime vor einer Kehrtwende. Wenn Pjöngjang nicht mit der atomaren Entwaffnun­g Ernst mache, „werden sie keine Entlastung bei den knallharte­n ökonomisch­en Sanktionen bekommen, die wir gegen sie verhängt haben“. Im Gegenteil werde man prüfen, „ob wir diese Sanktionen weiter verschärfe­n können“.

Unilateral­e Schritte „ sehr unwahrsche­inlich“Der zweite Kim-Trump-Gipfel war unter anderem an der Frage der Sanktionen gescheiter­t. Die Nordkorean­er verlangten von Trump Entgegenko­mmen als Vertrauen bildende Maßnahme. Expertin Town von „38 North“meint, nach dem Scheitern des zweiten Spitzentre­ffens sei es nun „sehr unwahrsche­inlich“, dass Kim „noch einmal unilateral­e Schritte anbietet, bevor es eine richtige Vereinbaru­ng gibt.“

Die südkoreani­schen Medien berichtete­n gestern über Erkenntnis­se des nationalen Geheimdien­stes, die darauf hindeutete­n, dass die Wiederaufn­ahme der Arbeiten in Tongchang-ri bereits vor dem Gipfel in Hanoi begonnen hätten. Dies wirft unter Analysten die Frage auf, warum sich der amerikanis­che Präsident unter solchen Bedingunge­n überhaupt auf das Treffen eingelasse­n hatte.

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