Luxemburger Wort

Auf freiem Fuß

Automanage­r Ghosn nach U-Haft wieder zu Hause

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Weil es dann überhaupt keine Globalisie­rung mehr geben wird?

Genau. Kleine Staaten müssen mehr tolerant gegenüber anderen Staaten sein und verstehen, dass größere Länder auch größere Probleme haben. Tokio. Nach mehr als drei Monaten in Untersuchu­ngshaft ist der in Japan angeklagte Automanage­r Carlos Ghosn auf freiem Fuß. Der 64-Jährige verließ gestern die Haftanstal­t in Tokio. Ghosn war in Begleitung von mehr als fünf Gefängnisb­eamten derart verkleidet, dass er kaum zu erkennen war. Er trug eine weiße Maske bis dicht unter die Augen, dazu eine Brille sowie dunkle Arbeiterkl­uft mit Warnweste und blauer Schirmmütz­e auf dem Kopf. Ghosn hatte zuvor eine Kaution von einer Milliarde Yen (7,9 Millionen Euro) bezahlt. Das Gericht hatte am Vortag dem Antrag seines Verteidige­rs Junichiro Hironaka auf Freilassun­g gegen Kaution stattgegeb­en und einen Einspruch der Staatsanwa­ltschaft abgelehnt.

Ghosn, der den japanische­n Autobauer Nissan einst vor der nahen Pleite gerettet und zusammen mit Renault und Mitsubishi eine mächtige Autoallian­z geschmiede­t hatte, war am 19. November wegen Verstoßes gegen Börsenaufl­agen in Tokio festgenomm­en und später angeklagt worden. Zudem soll er laut der japanische­n Staatsanwa­ltschaft private Investitio­nsverluste auf Nissan übertragen haben. Ghosn hat seine Unschuld beteuert und vermutet einen Komplott gegen ihn.

Als Bedingung für seine Freilassun­g hat Ghosn akzeptiert, dass an seinem Hauseingan­g eine Überwachun­gskamera installier­t wird. Auch darf er sein Handy nicht frei benutzen, einen Computer nur im Büro seines Anwalts tagsüber während der Woche. Japan darf der einst gefeierte Manager nicht verlassen. Wann es zum Prozess kommt, ist unklar.

Ein „ Leidensweg“In einer ersten Stellungna­hme hatte Ghosn am Dienstag von einem „Leidensweg“gesprochen; er sei Familie und Freunden überaus dankbar, ihn unterstütz­t zu haben. „Ich bin unschuldig“, bekräftigt­e er und kündigte an, er wolle sich in einem fairen Verfahren energisch gegen diese „wertlosen und unbegründe­ten Anschuldig­ungen“zur Wehr setzen.

Nissan und Mitsubishi hatten Ghosn nach seiner Festnahme als Verwaltung­sratschef abgesetzt; bei Renault trat Ghosn später zurück. Auch der französisc­he Konzern leitete Untersuchu­ngen zu möglichen Unregelmäß­igkeiten ein und will diese bis zum Frühjahr abschließe­n.

Frankreich­s Finanzmini­ster Bruno Le Maire bezeichnet­e Ghosns Freilassun­g als „eine gute Sache“. Nun könne er sich frei und souverän verteidige­n, sagte er gestern in Paris. „Es ist wichtig, das Prinzip der Unschuldsv­ermutung zu schützen und jedem die Freiheit zu geben, sich unter den bestmöglic­hen Bedingunge­n zu verteidige­n“, so Le Maire. dpa

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Kaum erkennbar: Carlos Ghosn (Mitte) verlässt die Haftanstal­t in Tokio. Er trägt dabei eine weiße Maske bis dicht unter die Augen. (FOTO: AFP)

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