Mitplanen erfordert
Bürger werden in Entwicklung der Brache Arbed/Schifflingen eingebunden
Von Nicolas Anen Esch/Alzette. Schon länger schielt die Stadt Esch auf das Areal des stillgelegten Stahlwerkes ArcelorMittal/Schifflingen, dessen Großteil auf Escher Stadtgebiet liegt. Mit seinen 64 Hektar ist es in etwa nur halb so groß wie Belval. Doch dessen Lage, nahe am Escher Stadtzentrum, ist weitaus günstiger.
2012 wurde die Produktion im Werk eingestellt. Seit 2016 steht es offiziell still. Nun beginnt die konkrete Planungsphase. Auch Bürger sollen dabei ihr Wörtchen mitreden können, hieß es gestern bei Gelegenheit einer Pressekonferenz.
Dafür organisiert die Entwicklungsgesellschaft Agora, die mit der Entwicklung des Areals beauftragt wurde und zur Hälfte aus Staat und zur Hälfte aus ArcelorMittal besteht, eine Entwicklungswerkstatt. Vom 29. März bis zum 5. April werden Foren, geführte Touren und Workshops organisiert. Ganz bei null werden die Bürger aber nicht beginnen.
Über 50 Prozent für Wohnraum Verschiedene Ministerien, die Gemeinde Esch und Schifflingen sowie Agora haben bereits ein urbanistisches Programm entworfen. Dieses sieht vor, dass zwischen 50 und 60 Prozent des Geländes für Wohnraum bestimmt wird. Angepeilt wird eine Mixität von verschiedenen Wohnformen, höhere Wohngebäude inbegriffen.
Einer ersten Schätzung zufolge könnte das neue Viertel einmal 10 000 Einwohner zählen, so Frank Vansteenkiste, Präsident des Verwaltungsrates von Agora. Zum Vergleich, die Stadt Esch zählt derzeit etwas mehr als 35 000 Einwohner.
Auf weiteren 20 bis 25 Prozent der Fläche sollen öffentliche Gebäude entstehen, sprich vor allem Schulen. Der Escher Schöffe Martin Kox sprach von vier Schulen und einem kleinen Lyzeum. Die Stadt wolle weg von großen, zentralen Bildungsstätten und setze in Zukunft lieber auf kleinere Viertelschulen. Er und Paul Weimerskirch, Bürgermeister von Schifflingen, erwogen auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Schule für beide Gemeinden.
Kein zweites Belval Weitere 10 bis 15 Prozent der Fläche sind für private Gebäude vorgesehen, die Büros aber auch Startups beherbergen sollen. „Eine Shopping-Mall wird es nicht geben“, stellt Frank Vansteenkiste klar. Die beiden Gemeinden hätten kein „weiteres Belval“und auch keine Konkurrenz zu den Escher und Schifflinger Ortszentren gewollt. Im Gegenteil, die Entwicklung der Brache solle die beiden Gemeinden dynamisieren, so der Escher Bürgermeister Georges Mischo. Gerechnet wird, dass die ersten Einwohner frühestens um 2023 einziehen könnten.
Um die definitiven Pläne des neuen Wohnviertels zu zeichnen, hat Agora vier interdisziplinäre Mannschaften aus 39 Bewerbungsschreiben ausgewählt. Diesen vier Teams gehören Stadtplaner und Architekten, aber auch Soziologen und Mobilitätsexperten an.
Und hier kommt die Bürgerbefragung ins Spiel. Interessierte Bürger sollen den Experten Ideen und Ratschläge mit auf den Weg geben. Dies unter anderem während den drei Foren, die in einem Zelt beim ehemaligen Elektroofen organisiert werden. Am 29. März werden die vier Teams sich vorstellen. Am 1. März sollen erste Ideen diskutiert werden. Und am 4. April sollen die vier Teams ihre Projekte vorstellen, erklärte Yves Biwer, administrativer Direktor bei Agora.
Eine Jury, bestehend aus sieben staatlichen Vertretern, sieben Vertretern von ArcelorMittal, sieben Experten, drei Vertretern der Gemeinden und einem von Agora werden danach das Projekt aus den vier bestimmen, das ausgeführt werden soll.
Ehe diese Entscheidung validiert wird, erfolgt aber noch eine wirtschaftliche Prüfung. Das Ziel sei nicht, sich mit der Brache zu bereichern, erklärt Frank Vansteenkiste. Aber im Memorandum of understanding, das 2016 von Staat, ArcelorMittal und Agora unterzeichnet wurde, steht, dass eine Rendite von fünf Prozent angepeilt wird. „Bei privaten Projekten ist man eher bei 20 Prozent“, so Vansteenkiste. Auch gibt er zu bedenken, dass die Entwicklungskosten auf einer Brache viel höher sind.
Anschluss an Schnelltram Zudem wurden den Planern noch einige Bedingungen gestellt, wie zum Beispiel, die Alzette und die Dipbech naturgerecht zu integrieren oder Anbindungen an die geplante Schnelltram nach Luxemburg und den Superbus (Bus à haut niveau de service) zu planen.
Auch die bestehenden Industriegebäude sollen in die Pläne einfließen. Wobei den Planern überlassen wird, ob sie als solche oder als Silhouette erhalten bleiben sollen. Fest steht aber, dass wenigstens eines der vier Schiffe der Walzwerkhalle irgendwie integriert werden soll.
Es dürfte aber davon auszugehen sein, dass die Bürger, die an den Workshops teilnehmen werden, den Planern schon klar machen werden, dass sie an ihrer „Schmelz“und dessen Gebäude hängen.