Luxemburger Wort

Der tiefe Fall des Kronzeugen

Österreich­ischer Skilangläu­fer Johannes Dürr dopte auch nach seiner Sperre weiter

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Innsbruck. Gestanden und weiter gedopt: Skilangläu­fer Johannes Dürr hat im Dopingskan­dal moralisch fragwürdig gehandelt. Nun will er die ganze Wahrheit erzählt haben.

2014 war Dürr bei Olympia in Sotchi mit Doping aufgefloge­n, wurde gesperrt. Doch der Ehrgeizlin­g aus Niederöste­rreich gab nicht auf, quälte sich in den letzten Monaten zum Comeback, packte zeitgleich im ARD-Film über die Seuche Doping aus und sammelte 38 985 Euro per Crowdfundi­ng-Aktion.

Doch Dürr führte weiterhin ein Doppellebe­n, das ihn innerlich zerriss. „Da waren zwei Persönlich­keiten in mir. Nicht schizophre­n, aber da war der Leistungss­portler Johannes und der Mensch Johannes“, sagte der 31-Jährige im Interview mit der ARD-Dopingreda­ktion. Diese zweite Welt, die parallel im Dunklen verlaufe, habe an ihm genagt.

Der „Johannes als Mensch“habe ganz klar gesagt, das „ist ein Blödsinn, ein Scheiß, das darf man nicht machen, davor muss man andere warnen“, so Dürr. Auf der anderen Seite sei der Leistungss­portler Johannes Dürr gewesen, der gesagt habe: „Das gehört dazu. Wenn du Leistungen bringen willst, dann musst du es machen.“Diese zweite Welt, die parallel im Dunklen verlaufe, habe an ihm genagt. Bis zuletzt betrieb der Whistleblo­wer wieder Blutdoping – sogar mit Hilfe des Erfurter Arztes Mark S., der erst durch Dürrs Aussagen verhaftet werden konnte. Dürr wurde zum Täter, die Staatsanwa­ltschaft prüft eine Anklage. Das Geld aus dem Crowdfundi­ngProjekt will Dürr aber nicht für das Eigenblutd­oping genutzt haben. Laut Dürr erhielt S. für drei Blutrückfü­hrungen im zweiten Halbjahr 2018 keine finanziell­e Gegenleist­ung.

Dürr war am Dienstag in Innsbruck festgenomm­en und einen Tag später wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die Festnahme sei für ihn eine Erleichter­ung gewesen, erklärte Dürr, „als ich den Haftbefehl auf dem Tisch liegen sah, war ich tatsächlic­h froh.“Den inneren Konflikt beschrieb er als „ständiges Reißen und Kämpfen darum, das Richtige zu tun. Leider habe ich den Kampf verloren.“Er sei aber „ganz sicher nicht Opfer. Ich bin definitiv einfach Täter, von dem System, das mich nicht losgelasse­n hat.“Dürr versichert­e, keine weiteren Doping-Geheimniss­e zu haben.

Die Ermittler hatten bei Mark S. noch 40 Blutbeutel gefunden, die Spitzenath­leten noch zugeordnet werden müssen, die Blutdoping betrieben haben. Nicht wenige rechnen damit, dass auch bei der Biathlon-WM Namen fallen können. sid

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Johannes Dürr Doppellebe­n. führte ein

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