Luxemburger Wort

Ein Zeichen für Europa

Die Schweiz sagt Ja zu Kooperatio­n mit der EU und stimmt für ein schärferes Waffengese­tz

- Von Jan Dirk Herbermann (Genf)

Die Schweizer wollen weiter mit der Europäisch­en Union zusammenar­beiten: Eine große Mehrheit von rund 66 Prozent stimmte gestern laut Hochrechnu­ngen für ein schärferes Waffenrech­t, das von der EU stammt. Gleichzeit­ig sichern die Eidgenosse­n den Verbleib ihres Landes im Schengenun­d Dublin-verbund der EU. Damit setzen sie in Zeiten nationalis­tischer Stimmungsm­ache auch ein Zeichen für Europa.

Die Regierung hatte sich für die Übernahme der Eu-waffenrich­tlinie stark gemacht. Der Missbrauch von Waffen, vor allem halb automatisc­her Gewehre, werde erschwert und die Bevölkerun­g besser geschützt. Allerdings musste die Regierung auch den vielen Schießfreu­nden zwischen Basel und Chiasso entgegenko­mmen. „Niemand wird entwaffnet“, versichert­e mehrmals die Justizmini­sterin Karin Keller-sutter. Zugleich betonte sie: Traditione­lle Veranstalt­ungen wie das Zürcher Knabenschi­eßen blieben unangetast­et.

Druck der Flintenfre­unde

Trotz der Beteuerung­en erzwang die Interessen­gemeinscha­ft Schießen Schweiz ein Referendum über die neuen Regeln. Die Waffenlobb­y sah ein uraltes Schweizer „Freiheitsr­echt“, den Waffenerwe­rb, bedroht. Seite an Seite mit den Flintenfre­unden kämpfte die rechtspopu­listische Schweizeri­sche Volksparte­i gegen das „Diktat“der EU.

Die Regierung wollte auch einer Konfrontat­ion mit Brüssel aus dem Weg gehen und eine enge Kooperatio­n mit der EU fortsetzen. Zwar gehört die Schweiz der EU nicht an, das kleine Land im Herzen Europas wirkt aber im Dublinund Schengen-verbund der Union mit. Die Dublin- und Schengenve­reinbarung­en regeln ein Miteinande­r der meisten Eu-staaten in den Bereichen Polizei, Justiz, Grenzübert­ritt, Visa und Asyl.

Angesichts der Terroransc­hläge in Paris und anderen europäisch­en Orten hatte die EU 2017 ihre Waffenrich­tlinie geändert. Die Union verlangte auch von der Schweiz die Übernahme der neuen Bestimmung­en. „Wird das Waffenrech­t nicht angepasst, könnte die Schweiz ihre Mitgliedsc­haft im Verbund der Schengenun­d Dublin-staaten verlieren“, warnte Ministerin Keller-sutter. Und das hätte gravierend­e Konsequenz­en für die Eidgenosse­n gehabt: An den Grenzen zu Deutschlan­d, Österreich, Frankreich und Italien hätten Beamte wieder Personen kontrollie­ren müssen, die Schweizer hätten ihren Zugang zu europäisch­en Fahndungss­ystemen verloren und wären von dem gut funktionie­renden Informatio­nsaustausc­h der Sicherheit­s- und Asylbehörd­en ausgeschlo­ssen worden. „Ohne Schengen wären wir bildlich gesprochen blind“, hieß es aus der Regierung.

Die Waffenlobb­y sah ein uraltes „Freiheitsr­echt“, den Waffenerwe­rb, bedroht.

Das neue Recht zielt vor allem auf halb automatisc­he Waffen mit großem Magazin, die nun prinzipiel­l verboten werden. Allerdings gelten etliche Ausnahmen, etwa für Sportschüt­zen, Sammler und Jäger. Weiter müssen alle Teile von Waffen markiert sein. Waffenhänd­ler sind verpflicht­et, ihre Käufe und Verkäufe den kantonalen Behörden zu melden. Zudem soll die Informatio­nsweiterga­be zwischen den Schengen-staaten verbessert werden. So sollen die Schweizer schneller erfahren, wer in Europa keine Waffen erwerben darf – das gleiche gilt auch auf dem umgekehrte­n Weg.

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Angesichts der Terroransc­hläge in Paris und anderen europäisch­en Orten hatte die EU 2017 ihre Waffenrich­tlinie geändert. Die Union verlangte auch von der Schweiz die Übernahme der neuen Bestimmung­en. Foto: AFP

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