Duell nach dem Schlusspfiff
In St-etienne stellt sich trotz des deutlichen Erfolgs gegen Nice weiterhin die Trainerfrage
St-etienne. Das spannendste Duell des Abends fand nach Spielende statt: Würde es Roland Romeyer schaffen, Jean-louis Gasset zu stellen? Der Trainer des französischen Erstligisten Saint-étienne hatte nach dem Schlusspfiff hastig seine Spieler beglückwünscht, um dann in die Katakomben des Stade Geoffroy-guichard zu eilen. Kurz vor Erreichen seines Ziels wurde er jedoch von seinem Vereinspräsidenten abgefangen, der den 65-Jährigen in die Arme nahm.
Gasset ließ die Herzlichkeit über sich ergehen, doch war ihm anzumerken, dass er sie lieber vermieden hätte. Denn seit einigen Wochen kriselt es zwischen dem erfolgreichen Trainer und seinem Vorgesetzten und diese Differenzen konnte auch der 3:0-Erfolg des Clubs gegen Nice nicht überdecken, mit dem Saint-étienne einen Spieltag vor Saisonende den vierten Tabellenplatz endgültig sicherte. Die Teilnahme an der Europa League in der kommenden Saison ist somit in trockenen Tüchern.
Es gibt Strukturen in Unternehmen, die sind nun einmal auf Konflikte ausgelegt: Arbeitnehmer etwa wollen in der Regel mehr Geld oder Urlaub sowie kostenlosen Kaffee in der Brotzeitecke. Firmenchefs hingegen fordern von ihren Mitarbeitern gerne mehr Effizienz und Produktivität – erst dann gibt es Kaffee. Im Fußball, der ja bekanntlich auch immer mehr zum Business geworden ist, verläuft eine dieser Konfliktlinien zwischen Trainer und Clubboss: Ersterer will mehr und bessere Spieler, Letzterer, dass Ersterer die vorhandenen Spieler besser macht.
Gasset braucht Garantien
Genau darum geht es auch in Saintétienne, wie Gasset in der Pressekonferenz freimütig einräumte: Bei einem Treffen vor wenigen Tagen „haben sie (die Vereinsführung, Anmerkung der Redaktion) über die Finanzen gesprochen, ich über meine Gesundheit, weil ich anfange, etwas alt zu werden“. Was nichts anderes heißen sollte, als dass er einen Kader forderte, der ihn trotz Doppelbelastung aus Liga und Europapokal nachts gut schlafen lässt. „Ich brauche Garantien“, stellte Gasset unmissverständlich klar.
Der Erfolg vom Samstag hat seine Position gestärkt: Durch das 3:0, das Beric mit einem Doublé sowie Hamouma gegen einen keinesfalls enttäuschenden Tabellensiebten herausgeschossen hatten, ist das Saisonziel erreicht. Knapp 40 000 begeisterte Zuschauer feierten das Team und seinen Trainer: „Gasset, avec nous!“, skandierten die Fans, was den Adressaten nicht unberührt ließ.
„Die ganze Stadt, die ganze Region ist glücklich. Wenn Sie die Leute so sehen, dann macht Sie das natürlich nachdenklich“, erklärte Gasset. „Doch jetzt muss ich erst mal schlafen und Anfang nächster Woche sehen wir weiter.“
Dann wird es erneute Gespräche mit der Vereinsführung über eine Fortsetzung seiner Tätigkeit in der nächsten Saison geben. Gut möglich, dass der Sieger des Duells dann nicht mehr Romeyer heißt.