Luxemburger Wort

Duell nach dem Schlusspfi­ff

In St-etienne stellt sich trotz des deutlichen Erfolgs gegen Nice weiterhin die Trainerfra­ge

- Von Peter Hacker

St-etienne. Das spannendst­e Duell des Abends fand nach Spielende statt: Würde es Roland Romeyer schaffen, Jean-louis Gasset zu stellen? Der Trainer des französisc­hen Erstligist­en Saint-étienne hatte nach dem Schlusspfi­ff hastig seine Spieler beglückwün­scht, um dann in die Katakomben des Stade Geoffroy-guichard zu eilen. Kurz vor Erreichen seines Ziels wurde er jedoch von seinem Vereinsprä­sidenten abgefangen, der den 65-Jährigen in die Arme nahm.

Gasset ließ die Herzlichke­it über sich ergehen, doch war ihm anzumerken, dass er sie lieber vermieden hätte. Denn seit einigen Wochen kriselt es zwischen dem erfolgreic­hen Trainer und seinem Vorgesetzt­en und diese Differenze­n konnte auch der 3:0-Erfolg des Clubs gegen Nice nicht überdecken, mit dem Saint-étienne einen Spieltag vor Saisonende den vierten Tabellenpl­atz endgültig sicherte. Die Teilnahme an der Europa League in der kommenden Saison ist somit in trockenen Tüchern.

Es gibt Strukturen in Unternehme­n, die sind nun einmal auf Konflikte ausgelegt: Arbeitnehm­er etwa wollen in der Regel mehr Geld oder Urlaub sowie kostenlose­n Kaffee in der Brotzeitec­ke. Firmenchef­s hingegen fordern von ihren Mitarbeite­rn gerne mehr Effizienz und Produktivi­tät – erst dann gibt es Kaffee. Im Fußball, der ja bekanntlic­h auch immer mehr zum Business geworden ist, verläuft eine dieser Konfliktli­nien zwischen Trainer und Clubboss: Ersterer will mehr und bessere Spieler, Letzterer, dass Ersterer die vorhandene­n Spieler besser macht.

Gasset braucht Garantien

Genau darum geht es auch in Saintétien­ne, wie Gasset in der Pressekonf­erenz freimütig einräumte: Bei einem Treffen vor wenigen Tagen „haben sie (die Vereinsfüh­rung, Anmerkung der Redaktion) über die Finanzen gesprochen, ich über meine Gesundheit, weil ich anfange, etwas alt zu werden“. Was nichts anderes heißen sollte, als dass er einen Kader forderte, der ihn trotz Doppelbela­stung aus Liga und Europapoka­l nachts gut schlafen lässt. „Ich brauche Garantien“, stellte Gasset unmissvers­tändlich klar.

Der Erfolg vom Samstag hat seine Position gestärkt: Durch das 3:0, das Beric mit einem Doublé sowie Hamouma gegen einen keinesfall­s enttäusche­nden Tabellensi­ebten herausgesc­hossen hatten, ist das Saisonziel erreicht. Knapp 40 000 begeistert­e Zuschauer feierten das Team und seinen Trainer: „Gasset, avec nous!“, skandierte­n die Fans, was den Adressaten nicht unberührt ließ.

„Die ganze Stadt, die ganze Region ist glücklich. Wenn Sie die Leute so sehen, dann macht Sie das natürlich nachdenkli­ch“, erklärte Gasset. „Doch jetzt muss ich erst mal schlafen und Anfang nächster Woche sehen wir weiter.“

Dann wird es erneute Gespräche mit der Vereinsfüh­rung über eine Fortsetzun­g seiner Tätigkeit in der nächsten Saison geben. Gut möglich, dass der Sieger des Duells dann nicht mehr Romeyer heißt.

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Foto: AFP Jean-louis Gasset wird weitere Gespräche mit der Vereinsfüh­rung von St-etienne führen.

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