Die Erwartungen erfüllt
Bob Jungels fährt beim Einzelzeitfahren des Giro d'italia in San Marino auf den siebten Platz
1958 trumpfte Charly Gaul bei einem zwölf Kilometer Einzelzeitfahren hinauf nach San Marino groß auf. Der „Engel der Berge“holte sich den Etappensieg. Gestern konnte Bob Jungels beim 102. Giro d'italia zwar nicht in die großen Fußstapfen des Luxemburger Ausnahmefahrers treten, dennoch hatte der 26-Jährige der Mannschaft Deceuninck-quick Step allen Grund zufrieden zu sein. Bei der ersten Rückkehr nach 21 Jahren in den Kleinstaat spielte Jungels beim 34,8 km langen Chrono seine Zeitfahr-qualitäten gekonnt aus und fuhr letztendlich auf den siebten Platz.
Bei strömendem Regen verschwand der Luxemburger nach dem Kraftakt zunächst umgehend im Zielbereich im Hotel Joli. Eine warme Dusche war dringend notwendig. Als er wieder in trockenen Kleidern auftauchte, ließ er sich ein kurzes Statement entlocken: „Meine Zeit ist ganz okay. Ich gehöre jedenfalls nicht zu den Fahrern, die viel Zeit eingebüßt haben.“
Primoz Roglic (Slo/jumbo), der seinen zweiten Etappensieg feierte und sich somit bis auf Rang zwei der Gesamtwertung nach vorne katapultierte, und Stundenweltrekordler Victor Campenaerts (B/lotto) waren eine Klasse für sich. Nur elf Sekunden trennen die beiden Dominatoren. Zu Rang drei und dem überraschend starken Bauke Mollema (Nl/trek) klafft bereits eine Lücke von einer Minute. Jungels weist als Siebter einen Rückstand von 1'16'' auf, vor ihm landete von den Mitfavoriten auf eine Topplatzierung in der Schlusswertung lediglich noch Vincenzo Nibali (I/bahrain) als Vierter (auf 1'05'').
Jungels: „Kraft gut eingeteilt“
„Es gibt einen Fahrer, der zurzeit in einer eigenen Liga fährt“, zollte Jungels Roglic Respekt. Auf den Slowenen weist er nach neun Etappen als 14. einen Rückstand von 2'18'' auf. In einem virtuellen, bereinigten Klassement, welches nur die Favoriten berücksichtig, ist Luxemburgs Hoffnungsträger hinter Nibali und Mollema Vierter. „Ich befinde mich auf einem sehr guten Weg. Ich bin dort, wo ich zu diesem Zeitpunkt sein wollte. Ich habe meine eigenen Erwartungen also erfüllt“, analysierte Jungels. Und er fügte hinzu: „Als Zeitfahrspezialist spekuliert man natürlich auf solch einer Etappe immer ein wenig mit einem Podium oder gar einem Sieg. Das Wetter machte mir jedoch einen Strich durch die Rechnung.“
Der Regen war gestern ein entscheidender Faktor. Während die ersten Starter noch Glück hatten, mussten Jungels und Co. im Dauerregen auf die anspruchsvolle Strecke, die mit einer Steigung von rund zwölf Kilometern endete. „Ich habe mir meine Kraft gut eingeteilt und konnte am Berg noch einen Zahn zulegen (zehntschnellste Zeit im Anstieg). Ich habe alles aus mir herausgeholt. Der Regen machte die Fahrt ziemlich heikel. Ich konnte eigentlich nicht noch wesentlich weiter vorne landen. Allerdings mussten auch die anderen Mitfavoriten im Regen fahren, da wir alle innerhalb einer Viertelstunde gestartet sind. Jeder ist nass geworden.“
Ben Gastauer (Ag2r), der zweite Luxemburger, schlug sich tapfer. Der 31-Jährige fuhr schlussendlich auf Rang 73 und war 5'31'' langsamer als Roglic. In der Gesamtwertung wird der Schifflinger nun an Position 62 (auf 18'46'') geführt. „Es war ein schwieriges und langes Zeitfahren. Wichtig war, nicht zu schnell zu beginnen. Der Regen war störend, man musste aufmerksam sein, um einen Sturz zu vermeiden. Im ersten etwas technischeren Teil, war es bei mir trocken. Das hat geholfen. Ich habe versucht, ein gutes Zeitfahren hinzulegen. Ich hatte keinen Druck. Im Finale schmerzten die Beine ganz schön, aber insgesamt fühlte ich mich ganz ordentlich“, fand der 31-Jährige, der nach neun Tagen „die anstrengender waren als erwartet“, wegen des Sitzens auf dem Sattel, mit leichten Problemen im Bereich des Gesäßes kämpft.
Conti gut, Yates ganz schwach
Zu den Gewinnern des gestrigen Einzelzeitfahrens zählt Valerio Conti. Der Italiener der Emiratesmannschaft konnte sein Rosa Trikot nämlich verteidigen. Der 26Jährige büßte zwar 3'34'' auf Roglic ein, konnte seine bis dato ärgsten Konkurrenten allerdings in Schach halten.
Ganz anders Simon Yates. Der Brite des Mitchelton-scott-teams erlebte als 31. (auf 3'11'') einen rabenschwarzen Tag und zählt genau wie Miguel Angel Lopez (Col/astana/42. auf 3'45'') und Mikel Landa (29. auf 3'03'') zu den großen Verlierern.
Ich bin dort, wo ich zu diesem Zeitpunkt sein wollte. Bob Jungels