Jeder Punkt zählt
Auch beim Giro d'italia wird um jeden Zähler für die Weltranglisten gekämpft
Weltranglisten sind im Sport oft undurchsichtig und schwer verständlich, die Punktevergabe auf Anhieb nicht nachzuvollziehen. Der Radsport macht da keine Ausnahme – auch weil es Einzel-, Nationenund Teamweltranglisten gibt. Eine Erläuterung der Situation bei den Männern:
Die Radsportfans interessieren die einzelnen Rankings nicht in übertriebenem Maß, doch für die Teams und Nationalverbände sind sie wichtig. Punkte sind von kapitaler Bedeutung und können wie beim Giro d'italia auch einen Einfluss auf die Renntaktik haben. Für die besten Nationen geht es immerhin um die Anzahl der Teilnehmer an Weltmeisterschaften, kontinentalen Meisterschaften und Olympischen Spielen.
Vor allem für kleine Länder wie Luxemburg, die nicht über eine massive Anzahl an Radprofis verfügen, gilt umso mehr: Jeder Zähler ist wichtig. Und jede vordere Platzierung, auch bei kleineren Eintagesrennen der 1.2-Kategorie, kann darüber entscheiden, ob man nun beispielsweise drei oder vielleicht doch nur einen Fahrer zu den kommenden Sommerspielen nach Tokio schicken darf.
Was besitzt den höheren Wert? Der Sieg beim Omloop Het Nieuwsblad, der Gesamtsieg der Tour of California oder der Sieg beim Cadel Evans Great Ocean Road Race? Jeder hat da seine eigene Meinung. Fakt ist aber, dass alle drei Ergebnisse punktetechnisch zum gleichen Resultat führen: Der Gewinner erhält 300 Punkte. Eine gute Ausbeute. Aber es geht noch besser: Die meisten Punkte gibt es für den Triumph bei der Tour de France (1 000). Giro und Vuelta sind 850 Punkte wert. Ein Triumph bei einem Monument? 500 Punkte. Ein Etappensieg bei der Tour de France? 120 Punkte. Der Gesamtsieg bei der Skodatour de Luxembourg? 200 Punkte.
Die Uci-einzelrangliste basiert auf den Resultaten eines Fahrers in den vergangenen 365 Tagen, sie läuft also saisonübergreifend. Punkte die man vor mehr als einem Jahr geholt haben, werden wieder abgezogen. Bester Luxemburger ist derzeit Bob Jungels auf Rang 35 (Stand: 19. Mai). Im Frühjahr hatte er sich gar auf den vorzüglichen 21. Platz verbessert, doch dann verschwanden die 500 Zähler, die er im vergangenen Jahr mit seinem Triumph beim Klassiker Liège-bastogne-liège geholt hatte. Für Pit Leyder, der im vergangenen Jahr als Dritter der Skodatour de Luxembourg für Furore gesorgt hatte, steht somit im Juni bei der Landesrundfahrt einiges auf dem Spiel.
Damit Länder wie Frankreich, die über mehr als 50 Worldtourfahrer verfügen, nicht zusätzlich bevorteilt werden, werden für die Nationenrangliste die besten acht Fahrer eines Landes gewertet. Für Luxemburg mit seinen sechs derzeitigen Profis, ist es eine Herausforderung dieses Kontingent mit starken Fahrern zu erfüllen. Die acht einheimischen Fahrer, die vor Beginn des Giro die meisten Punkte geholt hatten, sind Jungels, Jempy Drucker, Pit Leyder, Alex Kirsch, Tom Thill, Michel Ries, Tim Diederich und Ben Gastauer.
Drei Fahrer nach Tokio?
Lag das Großherzogtum noch vor wenigen Wochen an Position 23 der Weltrangliste, so ist es derzeit Platz 25. Zur Weltmeisterschaft in Yorkshire (Stichdatum: 11. August) dürfen die Nationen auf den Rängen elf bis 20 sechs Fahrer schicken. Ab Platz 21 bis Rang 30 sind es derer nur vier. Für die EM sieht der Verteilerschlüssel derzeit sechs Plätze für das FSCL-TEAM vor.
Das Stichdatum zur Olympiaqualifikation ist das Ende der Saison 2019. Aktuell ist Luxemburg mit einem Fahrer dabei. Rang 21 würde aber gar drei Fahrern die Starterlaubnis bringen. Dieser Platz liegt in Reichweite. Aktuell fehlen 240 Zähler.
Unter dem Strich kann man festhalten: Weil die Anzahl der auf hohem Niveau fahrenden Luxemburger kleiner ist als im benachbarten Europa, ist jedes Resultat wichtig. Wenn Fahrer verletzt ausfallen, wie derzeit Drucker oder Ries, ist dies umso tragischer.
Übrigens: Als Gesamtfünfter des Giro würde Jungels 380 Punkte sammeln. Ein Etappensieg würde 100 Zähler bringen, ein Tag im Maglia Rosa ist 20 Zähler wert. Die Punktejagd kann also beginnen.