Auf der Bremse
Warum der Staat nur ungern neues Bauland ausweist
Den Vorwurf, das Umweltministerium behindere den Bau von Wohnungen, weist Mike Wagner, Erster Regierungsrat im Umweltministerium, weit von sich. „Der Schutz der wichtigsten Biotopen und Lebensräume ist auf europäischer Ebene geregelt und wir müssen als Eu-staat dafür sorgen, dass sie in einem guten Zustand bleiben“, sagt er. Dafür sorgen das Naturschutzgesetz und strenge ökologische Auflagen.
Neuausweisungen von Bauland wird nur ungern stattgegeben, „weil wir noch 1 800 Hektar Bauland haben, das brachliegt“, so Wagner. Bevor also weitere Grünflächen geopfert werden und das ökologische Kapital des Landes dahinschwindet, soll erst einmal dort gebaut werden, wo es erlaubt und aus ökologischer und landesplanerischer Sicht unbedenklich ist. Doch statt dafür zu sorgen, dass dieses Bauland erschlossen wird, würden die Gemeinden den einfachen Weg wählen und versuchen, neue Flächen auszuweisen, „ohne Garantie, dass diese auch auf den Markt kommen“, sagt Wagner. Luxemburg verfügt derzeit über kein Instrument, das Besitzer zum Bauen zwingt. Neuausweisungen ohne Baugarantie aber hätten zur Folge, dass der Wert der Grundstücke ohne eigenes Zutun des Besitzers um ein Vielfaches steige. Wagner sieht nicht ein, „warum einige wenige sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern“sollten. mig Die Gemeinden haben noch genau fünf Monate Zeit. Dann müssen ihre neuen PAG in der Prozedur sein. Die kommunalen Bebauungspläne sind ein Schlüsselelement, um im Wohnungsbau schneller voranzukommen. Doch viele Gemeinden schimpfen auf den Staat, insbesondere auf das Umweltministerium. Die Kritik: Das Ministerium lehnt Pag-erweiterungen ab, mit Einwänden, die die Gemeinden nicht nachvollziehen können.
Claude Clemes (CSV) ist Mitglied im Monnericher Gemeinderat und Vorsitzender der christlich-sozialen Gemeinderäte (CSG). Und er ist Rechtsanwalt. Als solcher vertritt er öfter Privatpersonen, die gerichtlich gegen Entscheidungen der Behörden im Zusammenhang mit einer Pagerweiterung vorgehen. Clemes spricht also als Anwalt, aber auch als Politiker, der auf kommunaler Ebene Erfahrungen mit staatlichen Stellen gemacht hat. Er wehrt sich gegen die pauschale Verurteilung, die Gemeinden würden nichts tun. Vielmehr Claude Clemes. seien es die staatlichen Behörden, allen voran das Umweltministerium, die auf der Bremse stünden. „Die Einwände der Behörden beschränken sich quasi immer auf drei Punkte: abgelehnt aus urbanistischen Gründen (Stichwort développement tentaculaire), wegen Umweltrisiken oder weil es noch genügend Baulücken und Baulandreserven gibt“, sagt er.
Der Fall Junglinster
Clemes vertritt eine Familie, die in der Gemeinde Junglinster wohnt und auf einer angrenzenden Wiese, die ihr gehört, zwei Häuser für die Familie bauen möchte. 2011 wurde die Pag-erweiterung vom damaligen Gemeinderat „auf einer Tiefe von 35 Metern“genehmigt, weil aus urbanistischen Gesichtspunkten nichts dagegen sprach. 2012 wurde die Prozedur zur Anpassung des PAG gestoppt. 2016 hat die Familie einen neuen Antrag gestellt, der vom Gemeinderat einstimmig abgelehnt wurde, mit der Begründung, auf der Fläche befänden sich zwei geschützte Biotoparten: ein Kalkmagerrasen und eine magere Flachlandmähwiese.
In der schriftlichen Begründung der Gemeinde heißt es: „Aus städtebaulicher Sicht würde kaum etwas gegen eine Ausweisung von einem oder zwei Bauplätzen auf der südlichen Seite sprechen. Konfliktbehaftet sind die Flächen aus Umweltsicht, da zum Teil ein Kalk-trockenrasen Typ 6210B sowie eine extensive Mähwiese Typ 6510A kartiert wurden.“Wie Clemes erklärt, wollte die Familie auf der über ein Hektar großen Fläche lediglich zwei Häuser bauen. Diese sollten in einer Entfernung von etwa 100 Metern zum Kalkmagerrasen entstehen, „so dass dieser Biotop gar nicht betroffen war“.
Die Anwaltskanzlei hat ihrerseits eine Umweltstudie erstellen lassen, in der die Experten dazu raten, auf eine Bebauung des Kalkmagerrasens zu verzichten, was die Familie ohnehin nicht vorhatte. Des Weiteren riet das Büro dazu, die Qualität der Mähwiese zu überprüfen, um deren Bedeutung für die im Naturschutzgesetz definierten Arten festzustellen. Sollte sich herausstellen, dass die Wiese in ihrer ursprünglichen Ausprägung nicht mehr vorhanden ist, gebe es keinen Kompensationsbedarf. Wenn doch, müssten Kompensierungsmaßnahmen vorgenommen werden.
Im Laufe des Gerichtsverfahrens erreichte
Der Staat schafft gesetzliche Kompensierungsmöglichkeiten, aber diese werden Privatpersonen verwehrt. Claude Clemes