Handlungsbedarf
Wenn am Mittwochabend die Spieler des FC Arsenal das Spielfeld zum Europaleague-finale im Nationalstadion Bakus betreten, wird einer fehlen: Henrikh Mkhitaryan. Der Fußballer ist nicht aufgrund einer Verletzung oder einer Sperre nicht dabei, sondern wegen seiner Nationalität. Mkhitaryan ist nämlich Armenier und fürchtet aufgrund der politischen Spannungen zwischen seinem Heimatland und Aserbaidschan um seine Sicherheit. Die europäische Fußballunion UEFA schaut geduldig zu. Dabei hätte sie bereits bei der Vergabe des Endspielortes anders handeln müssen.
„Die Menschenrechtslage ist hier ein Problem, das ist sie in anderen europäischen Staaten jedoch auch“, meinte Uefa-präsident Aleksander Ceferin im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“und versuchte, etwas Druck von sich und vom Verband zu nehmen. Doch dieser wird in den kommenden Monaten sicherlich noch größer. Viele Fußballfans, Sportler und selbst Politiker stellen sich mittlerweile immer häufiger Fragen über die gesellschaftspolitische Verantwortung der UEFA.
Diese betonte zwar, sie habe „eine Zusicherung für die Sicherheit des Spielers in Aserbaidschan von den höchsten Behörden des Landes eingefordert und bekommen. Als Ergebnis dieser Garantien wurde ein umfassender Sicherheitsplan entwickelt und dem Club ausgehändigt“. Das Dokument hat Mkhitaryan, seine Familie und auch den FC Arsenal offensichtlich jedoch wenig überzeugt.
Der Londoner Club hat jedenfalls angekündigt, sich nach dem Endspiel offiziell über die Wahl des Austragungsortes bei der UEFA zu beschweren. Denn nicht nur Mkhitaryans Verzicht ist ein Problem. Auch viele Fans sparen sich den Trip nach Baku. Die Anreise von bis zu 27 Stunden und Flugpreise in Höhe von mehr als 1 000 Euro schreckten viele ab. Deshalb wurde mehr als die Hälfte der 12 000 Eintrittskarten, die den Finalisten Arsenal und Chelsea zur Verfügung gestellt worden waren, wieder zurückgeschickt.
Fest steht, dass Arsenal und Mkhitaryan, der übrigens nicht zum ersten Mal Europapokalspiele in Aserbaidschan verpasst, den europäischen Dachverband des Fußballs massiv unter Druck gesetzt haben. Die Bewerbungskriterien für große Spiele und Turniere müssen dringend überprüft werden: In Baku sind bei der EM 2020 die nächsten Höhepunkte geplant: drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale.
Die UEFA kann nicht einfach die Augen verschließen und so tun, als ob Fälle wie jener von Mkhitaryan nicht existieren und immer wieder auftauchen könnten. Regelmäßig verhindert der Verband nämlich selbst, dass bei Auslosungen der Em-qualifikation die Nationalteams von Armenien und Aserbaidschan sowie auch zuletzt die Ukraine und Russland aufeinandertreffen können. Länder, die offensichtlich in einen Konflikt verwickelt sind, sollten diese zunächst lösen, ehe sie als Austragungsort für einen großen sportlichen Wettbewerb infrage kommen. Auch wenn dann etliche potenzielle Kandidaten von der Liste der möglichen Austragungsorte gestrichen werden müssen.
Mkhitaryan fürchtet in Baku um seine Sicherheit.