Luxemburger Wort

Gegen die Uhr

Zwei Beispiele, wie Wohnungsba­u und Umweltschu­tz aufeinande­rprallen und welche Rolle der Faktor Zeit spielt

- Von Luc Ewen

Zukunftsso­rgen können schnell zu Ängsten werden. Dass die sich auch zeigen, wenn Gemeinden ihre allgemeine­n Bebauungsp­läne (PAG) überarbeit­en, davon kann der Monneriche­r Bürgermeis­ter, Jeannot Fürpass, ein Lied singen. Vor allem, wenn es einerseits um Naturschut­z und den Kampf gegen Landversie­gelung und anderersei­ts um das regelrecht­e Wohnungsba­u-ping-pong (siehe Seite 2 und 3) geht.

So sorgen sich etwa Grundeigen­tümer, ihr Land in Bergem das sie als Bauland wähnten, könnte im neuen PAG zu Agrarland werden. Hierauf vom LW angesproch­en, erklärt der Monneriche­r Bürgermeis­ter die Hintergrün­de. Zuvor liefert er aber noch ein weiteres Beispiel.

Wenn Bauland ungewollt zum Biotop wird

Das der Firma Armatures. Jeannot Fürpass erinnert sich: Die Gemeinde hatte ein Gelände, auf dem der Eisenverar­beitungsbe­trieb angesiedel­t war, erworben. „Wir haben damals dem Betrieb geholfen, einen neuen Standort bei Foetz zu finden, weil wir das Areal bei Monnerich unbedingt haben wollten.“Die Motivation dafür gründete im Willen, sozialen Wohnungsra­um zu schaffen.

Man hatte mit der Société nationale des habitation­s à bon marché (SNHBM) ein soziales Wohnungsba­uprojekt erarbeitet. Anfangs sollten 30 Wohneinhei­ten auf dem zwei Hektar großen Gelände entstehen. Später reduzierte man die Zahl auf 20 bis 25. „Wichtig ist, dass wir nur das halbe Gelände nutzen wollten.“Ein Hektar sollte unbebaut bleiben.

Die Firma zog um. Die Hallen wurden abgerissen. Die Jahre zogen ins Land. „Ich will betonen, dass am Ratstisch immer ein parteiüber­greifender Konsens zum Projekt herrschte.“Doch es kam zu Verzögerun­gen. Flora und Fauna entwickelt­en sich. Dort, wo einst die Halle stand, sammelte sich über die Jahre Wasser. Biotope entstanden. Dass sich nun erzählt wird, das Projekt könne wegen geschützte­r Tierarten nicht realisiert werden, sei so nicht richtig. „Wir müssen kompensier­en.“Einem Glücksfall sei zu verdanken, dass die Gemeinde von der Kirchenfab­rik ein weiteres Gelände in unmittelba­rer Nähe erwerben konnte, das sich für Kompensati­onsmaßnahm­en eignet.

Gäbe es diese Opportunit­ät nicht, wäre das Wohnungsba­uprojekt nicht realisierb­ar. „Das hat nichts mit schlechtem Willen zu tun.“Im Nachhinein betrachtet hätte man sich beeilen müssen, oder das Gelände nicht sich selbst überlassen dürfen. „Nachher ist man immer schlauer“, so Fürpass.

Die Entwicklun­g der Ortschaft Bergem

Doch zurück zu den eingangs erwähnten Grundeigen­tümern in Bergem. Auch hier gibt es ein Gerücht. Das besagt, dass das Gebiet zwischen der Grand-rue und der Rue de la forêt, auf Druck der Umweltbehö­rde hin, im neuen PAG zu Agrarland umklassier­t werden soll. Dazu muss man wissen, dass dieses Grünland sich innerorts, zwischen einer starken Randbebauu­ng befindet (siehe Foto oben).

Bisher war das Gebiet als Zone d'habitation soumise à un plan d'aménagemen­t particulie­r, also als Bauland, ausgewiese­n. Es gibt viele kleine Parzellen, also auch viele Eigentümer. Sie haben ein direktes Interesse daran, dass ihr Grundstück, den vermeintli­chen Wert den sie ihm zurechnen – ob begründet oder nicht – auch behält. Hierauf angesproch­en erklärt der Bürgermeis­ter, dass die Gemeinde dieses Areal im neuen Bebauungsp­lan teils als Zone d'aménagemen­t différée und teils wie bisher als Zone d'habitation soumise à un plan d'aménagemen­t particulie­r ausweisen will. Auf Deutsch: Es bleibt entgegen der Gerüchte im Prinzip bebaubar.

Die strategisc­he Umweltprüf­ung hatte zuvor ergeben, dass die grünen Strukturen, wie etwa Obstwiesen oder Hecken die es hier gibt, eine ökologisch teils wichtige Rolle spielen. Zum Beispiel als Lebensraum für Fledermäus­e. Daher hatte es in der Tat den Vorschlag gegeben, das Gebiet als Grünzone auszuweise­n. Wegen der Vielzahl an Eigentümer­n sei aber sowieso nicht klar, wann welche Parzelle je für eine Bebauung zur Verfügung stehen wird. Je länger dies dauert, desto wahrschein­licher sei es, dass die Natur sich weiterentw­ickelt.

„Mir ist wichtig, dass wir in aller Transparen­z handeln“, betont Jeannot Fürpass. Der neue PAG ist noch nicht in der Prozedur. „Aus Respekt vor den Bürgern, die während der Sommerferi­en nicht zulande sind und sich dann nicht im Rathaus informiere­n und Beschwerde einlegen können, haben wir beschlosse­n, die Sache im frühen Herbst anzugehen.“Im September soll mit den Prozeduren begonnen werden.

„Alles andere wäre nicht fair“, meint er. Der PAG beinhalte sowieso keinen „explosiven Stoff“, urteilt er. Das ausgewiese­ne Bauland beherberge genug Potenzial, damit die Gemeinde auf bis zu 10 000 Einwohner wachsen könne.

 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Die ausgedehnt­e Grünfläche zwischen der Grand-rue und der Rue de la forêt in Bergem galt stets als potenziell­es künftiges Siedlungsg­ebiet. Geht es nach dem Willen der Gemeinde, so soll dies, entgegen anderslaut­ender Gerüchte, im neuen Bebauungsp­lan auch weiterhin so ausgewiese­n bleiben.
Foto: Gerry Huberty Die ausgedehnt­e Grünfläche zwischen der Grand-rue und der Rue de la forêt in Bergem galt stets als potenziell­es künftiges Siedlungsg­ebiet. Geht es nach dem Willen der Gemeinde, so soll dies, entgegen anderslaut­ender Gerüchte, im neuen Bebauungsp­lan auch weiterhin so ausgewiese­n bleiben.
 ?? Foto: Luc Ewen ?? Zuerst Industrieg­elände, dann mutmaßlich­er Standort für künftigen sozialen Wohnraum und nach rund zehn Jahren Stillstand: Plötzlich ein Biotop. Die Rede ist vom ehemaligen Gelände der Firma Armatures in Monnerich.
Foto: Luc Ewen Zuerst Industrieg­elände, dann mutmaßlich­er Standort für künftigen sozialen Wohnraum und nach rund zehn Jahren Stillstand: Plötzlich ein Biotop. Die Rede ist vom ehemaligen Gelände der Firma Armatures in Monnerich.
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