Ein Dach über dem Kopf
Das Luxemburger Rote Kreuz erklärt den Wohnungsbau zu einer seiner Prioritäten
Von den Wachstumszahlen des Roten Kreuzes können viele Unternehmen in Luxemburg nur träumen. In den vergangenen Jahren hat die Organisation deutlich an Größe gewonnen. Mittlerweile zählt sie 2 398 Mitarbeiter und kann auf die Hilfe von rund 2 000 Freiwilligen zurückgreifen. Dieses Wachstum verlangt auch eine Ausweitung der Arbeitsfläche, welche das Rote Kreuz braucht. Diese doch eigentlich gute Nachricht bereitet den Verantwortlichen jedoch Kopfschmerzen, wie Michel Simonis, Generaldirektor des Roten Kreuzes berichtet: „Es handelt sich leider um eine schlechte Nachricht. Die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft und somit auch das Rote Kreuz stehen, werden ständig größer. Wir sind in immer mehr Bereichen aktiv und immer mehr beschäftigt.“
Internationale Aufgaben
Gestern stellte die Hilfsorganisation ihren Jahresbericht 2018 vor. Neben den Angeboten hierzulande hat sich der luxemburgische Ableger des Roten Kreuzes auch internationalen Aufgaben verschrieben. Das Kerngebiet ihrer Arbeit tätigt die Organisation in Afrika. Dort hat sie sich auf nachhaltiges Renovieren und Errichten von Infrastrukturen spezialisiert, wie der beigeordnete Direktor Marc Crochet erklärt: „In Ländern wie Burkina Faso, Mali oder Burundi helfen wir den Leuten beim Instandsetzen ihrer Infrastrukturen. Wir vertrauen aber auf die lokalen und traditionellen Baumethoden, die von den Menschen dort beherrscht werden.“Besonders stolz ist man beim Roten Kreuz auf die Zusammenarbeit mit dem Friedensnobelpreisträger von 2018, Dr. Denis Mukwege. Mukwege ist Gynäkologe und behandelt in seiner Klinik im Kongo Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt waren. Ziel der Kooperation ist es, die von Mukwege betriebene Klinik von aktuell 125 auf 530 Betten auszubauen. Doch auch in Europa ist die Hilfsorganisation tätig. So hilft sie etwa beim Aufbau eines Krankenhauses in der Ostukraine.
Viel zu tun
Die internationalen Tätigkeiten des Luxemburger Roten Kreuzes beanspruchen dabei aber nur rund zehn Millionen Euro, etwa 4,5 Prozent des Budgets. Der Großteil fließt also in Aktivitäten hierzulande. Neuer Schwerpunkt ist dabei die Wohnungsbaufrage, die Gilles Dhamen, Mitglied der Direktion des Roten Kreuzes, als „eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit“sieht. Vor zwei Jahren hat die Organisation damit begonnen, eine Wohnungsstrategie auszuarbeiten, die seit 2018 in Kraft ist.
Warum gerade in diesem Bereich handeln? „Wir wollen unseren Kunden eine langfristige Autonomie anbieten“, begründet Dhamen die neue Strategie des Roten Kreuzes, „viele Menschen, die aus unseren Strukturen kommen, haben auf dem umkämpften Wohnungsmarkt keine Perspektive auf eine Wohnung, die sie sich leisten können. Diese Tatsache möchten wir bekämpfen.“So wohnen aktuell knapp 60 Prozent der Personen, die schon internationalen Schutz genießen, noch immer in Unterbringungen, die eigentlich für Antragsteller vorgesehen sind.
Das Rote Kreuz baut dabei auf die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand, wie zum Beispiel in den Gemeinden Differdingen, Esch/alzette, Vianden oder Esch/sauer, wo schon eine Reihe von Projekten geplant beziehungsweise umgesetzt sind. Das Rote Kreuz will somit den Wohnungsbestand, der aktuell 200 beträgt, deutlich steigern. Doch auf reine Zahlen kommt es nicht an, wie Michel Simonis unterstreicht, sondern auf „realen Impakt, den wir draußen leisten“.