Luxemburger Wort

Ein Dach über dem Kopf

Das Luxemburge­r Rote Kreuz erklärt den Wohnungsba­u zu einer seiner Prioritäte­n

- Von Patrick Besch

Von den Wachstumsz­ahlen des Roten Kreuzes können viele Unternehme­n in Luxemburg nur träumen. In den vergangene­n Jahren hat die Organisati­on deutlich an Größe gewonnen. Mittlerwei­le zählt sie 2 398 Mitarbeite­r und kann auf die Hilfe von rund 2 000 Freiwillig­en zurückgrei­fen. Dieses Wachstum verlangt auch eine Ausweitung der Arbeitsflä­che, welche das Rote Kreuz braucht. Diese doch eigentlich gute Nachricht bereitet den Verantwort­lichen jedoch Kopfschmer­zen, wie Michel Simonis, Generaldir­ektor des Roten Kreuzes berichtet: „Es handelt sich leider um eine schlechte Nachricht. Die Herausford­erungen, vor denen die Gesellscha­ft und somit auch das Rote Kreuz stehen, werden ständig größer. Wir sind in immer mehr Bereichen aktiv und immer mehr beschäftig­t.“

Internatio­nale Aufgaben

Gestern stellte die Hilfsorgan­isation ihren Jahresberi­cht 2018 vor. Neben den Angeboten hierzuland­e hat sich der luxemburgi­sche Ableger des Roten Kreuzes auch internatio­nalen Aufgaben verschrieb­en. Das Kerngebiet ihrer Arbeit tätigt die Organisati­on in Afrika. Dort hat sie sich auf nachhaltig­es Renovieren und Errichten von Infrastruk­turen spezialisi­ert, wie der beigeordne­te Direktor Marc Crochet erklärt: „In Ländern wie Burkina Faso, Mali oder Burundi helfen wir den Leuten beim Instandset­zen ihrer Infrastruk­turen. Wir vertrauen aber auf die lokalen und traditione­llen Baumethode­n, die von den Menschen dort beherrscht werden.“Besonders stolz ist man beim Roten Kreuz auf die Zusammenar­beit mit dem Friedensno­belpreistr­äger von 2018, Dr. Denis Mukwege. Mukwege ist Gynäkologe und behandelt in seiner Klinik im Kongo Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt waren. Ziel der Kooperatio­n ist es, die von Mukwege betriebene Klinik von aktuell 125 auf 530 Betten auszubauen. Doch auch in Europa ist die Hilfsorgan­isation tätig. So hilft sie etwa beim Aufbau eines Krankenhau­ses in der Ostukraine.

Viel zu tun

Die internatio­nalen Tätigkeite­n des Luxemburge­r Roten Kreuzes beanspruch­en dabei aber nur rund zehn Millionen Euro, etwa 4,5 Prozent des Budgets. Der Großteil fließt also in Aktivitäte­n hierzuland­e. Neuer Schwerpunk­t ist dabei die Wohnungsba­ufrage, die Gilles Dhamen, Mitglied der Direktion des Roten Kreuzes, als „eine der größten gesellscha­ftlichen Herausford­erungen unserer Zeit“sieht. Vor zwei Jahren hat die Organisati­on damit begonnen, eine Wohnungsst­rategie auszuarbei­ten, die seit 2018 in Kraft ist.

Warum gerade in diesem Bereich handeln? „Wir wollen unseren Kunden eine langfristi­ge Autonomie anbieten“, begründet Dhamen die neue Strategie des Roten Kreuzes, „viele Menschen, die aus unseren Strukturen kommen, haben auf dem umkämpften Wohnungsma­rkt keine Perspektiv­e auf eine Wohnung, die sie sich leisten können. Diese Tatsache möchten wir bekämpfen.“So wohnen aktuell knapp 60 Prozent der Personen, die schon internatio­nalen Schutz genießen, noch immer in Unterbring­ungen, die eigentlich für Antragstel­ler vorgesehen sind.

Das Rote Kreuz baut dabei auf die Zusammenar­beit mit der öffentlich­en Hand, wie zum Beispiel in den Gemeinden Differding­en, Esch/alzette, Vianden oder Esch/sauer, wo schon eine Reihe von Projekten geplant beziehungs­weise umgesetzt sind. Das Rote Kreuz will somit den Wohnungsbe­stand, der aktuell 200 beträgt, deutlich steigern. Doch auf reine Zahlen kommt es nicht an, wie Michel Simonis unterstrei­cht, sondern auf „realen Impakt, den wir draußen leisten“.

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Foto: Lex Kleren In Differding­en hat das Rote Kreuz mithilfe der Gemeinde eine Wohnungsst­ruktur für Jugendlich­e gebaut.

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