Luxemburger Wort

Beide Augen zugedrückt

Staatsanwa­ltschaft will auch künftig Personen, die gegen Wahlpflich­t verstoßen, nicht juristisch belangen

- Von Marc Hoscheid

Die Wahl zum Europaparl­ament ist in diesem Jahr in den meisten Ländern auf deutlich mehr Interesse gestoßen als 2014. Interessan­terweise ist die Wahlbeteil­igung ausgerechn­et in Luxemburg, einem von nur vier Ländern, wo Wahlpflich­t herrscht, rückläufig. 84,1 Prozent der in die Wählerlist­en eingetrage­nen Personen haben ihren Stimmzette­l effektiv abgegeben. 285 435 Wahlberech­tigte gab es dieses Jahr, davon 262 860 Luxemburge­r und 22 575 Ausländer, doch nur 240 044 Wahlzettel fanden den Weg in die Urne, was einem Unterschie­d von 45 391 Wahlzettel­n, oder 15,9 Prozent entspricht.

Dieser Umstand führt zwangsläuf­ig zu der Frage, wie die dafür zuständige Staatsanwa­ltschaft damit umgeht. Werden jene Personen, die unerlaubte­rweise gegen die Wahlpflich­t verstoßen haben, juristisch zur Rechenscha­ft gezogen? Auf Nachfrage verweist man bei der Staatsanwa­ltschaft auf die Antwort auf eine parlamenta­rische Frage aus dem Jahr 2017.

Am 31. Oktober wollte der Lsapabgeor­dnete Alex Bodry von Premiermin­ister Xavier Bettel, Justizmini­ster Felix Braz und dem damaligen Innenminis­ter Dan Kersch wissen, ob es stimme, dass in den vorangegan­genen Kommunalwa­hlen eine nicht zu vernachläs­sigende Zahl von eingetrage­nen Wählern ihrer Pflicht nicht nachgekomm­en sei und welche Schlüsse die Staatsanwa­ltschaft daraus ziehe.

In ihrer Antwort vom 23. November erklären die drei Minister, dass tatsächlic­h nicht alle Wähler ihren Stimmzette­l abgeben. Diese unterteile­n sie in drei Kategorien. Einmal jene, die über 75 Jahre alt sind und deswegen nicht wählen müssen, ihre Zahl beläuft sich auf ungefähr 45 000. Die Personen, die der Wahlurne mit einer adäquaten Entschuldi­gung fern blieben und schließlic­h die, die tatsächlic­h gegen die Wahlpflich­t verstoßen haben.

Obwohl sich die Zahl der über 75-Jährigen um 45 000 bewegt, heißt dies nicht, dass die Zahl der Personen, die illegalerw­eise nicht gewählt haben, niedrig ist. Schließlic­h geht ein gewisser Teil dieser Altersgrup­pe trotzdem wählen. Dennoch scheint man bei der Staatsanwa­ltschaft nicht vorzuhaben, diesen Menschen zukünftig auf die Finger zu klopfen. Dies wird in der Antwort auf die parlamenta­rische Frage von den Ministern mit dem hohen Aufwand für Polizei und Justiz gerechtfer­tigt.

Auffällig ist diesmal die hohe Zahl der Briefwähle­r. 53 608 Personen hatten Briefwahl beantragt, das entspricht 18,8 Prozent der auf den Wahllisten Eingetrage­nen. Allerdings scheinen 1 425 die unterschie­dlichen Fristen nicht eingehalte­n zu haben, denn es kamen nur 52 183 Briefwahlz­ettel auch tatsächlic­h an ihrem Bestimmung­sort an.

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Foto: Guy Wolff Längst nicht jeder, der eigentlich in der Wahlkabine hätte erscheinen müssen, um sein Kreuz zu machen, tat dies schlussend­lich auch wirklich.

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