Luxemburger Wort

Grüner Hoffnungst­räger

In Frankreich macht Yannick Jadot die Ökopartei Europe Ecologie-les Verts zur dritten Kraft

- Von Christine Longin (Paris)

Wochenlang wurde Yannick Jadot nur mitleidig angeschaut, als er ein zweistelli­ges Ergebnis für die französisc­hen Grünen bei den Europawahl­en vorhersagt­e. Hatten es die zerstritte­nen „écolos“in Frankreich in den vergangene­n zehn Jahren doch nie über zehn Prozent geschafft. Auch diesmal lagen sie in Umfragen bei sieben bis acht Prozent. Doch am Sonntagabe­nd gelang Jadot die Überraschu­ng: Mit 13,5 Prozent landete Europe Ecologie-les Verts (EELV) auf dem dritten Platz – vor den Konservati­ven, der Linksparte­i und den Sozialiste­n. Mit rund drei Millionen Stimmen erzielten die Grünen ihr bestes Ergebnis überhaupt und wurden damit zum eigentlich­en Sieger der Europawahl.

Für den Spitzenkan­didaten ist der Wahlerfolg nach vielen Tiefschläg­en der Höhepunkt seiner politische­n Karriere. Nach dem Wirtschaft­sstudium in Paris ging der hochgewach­sene Vater zweier Kinder, der mit einer Journalist­in liiert ist, für Entwicklun­gshilfeorg­anisatione­n nach Burkina Faso und Bangladesc­h. 1999 schloss er sich den Grünen an, bevor er Kampagnenl­eiter bei Greenpeace wurde. Als solcher nahm er 2006 an der vom damaligen Präsidente­n Nicolas Sarkozy organisier­ten großen Umweltkonf­erenz teil. „Ein Mann mit klaren und soliden Ideen“, nennt ihn der frühere Umweltmini­ster Jean-louis Borloo.

2009 zog Jadot zum ersten Mal ins Europaparl­ament ein. Und zwar an der Seite von Daniel Cohn-bendit, der damals mit 16,3 Prozent das bisher beste Ergebnis für die französisc­hen Grünen erzielte, auch wenn er dafür weniger Stimmen bekam als Jadot am Sonntag. Legendär sind die Fußballabe­nde, die die beiden Freunde in Straßburg organisier­ten. Doch die Männerfreu­ndschaft zerbrach, als Cohnbendit sich 2017 auf die Seite von Präsident Emmanuel Macron schlug. Im Europawahl­kampf sparte Yannick Jadot von EELV nimmt kein Blatt vor den Mund. „Dany“nicht an Kritik an den französisc­hen Grünen, die er als „Sekte“bezeichnet­e.

Jadot tat seinerseit­s den ökologisch­en Schwenk, den der Staatschef in den vergangene­n Wochen vollzogen hatte, als „Greenwashi­ng“ab – also als Versuch, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen. „Emmanuel Macron hat immer zugunsten der Pestizide, der Jagd und der Atomkraft entschiede­n“, erinnerte er bei einer Kundgebung in Paris. Das Angebot von Macrons Partei La République en Marche, doch künftig zusammenzu­arbeiten, dürfte deshalb bei Jadot schlecht ankommen.

Auch den Europawahl­kampf hatte der Grünenpoli­tiker, der für seine deutlichen Worte bekannt ist, als Einzelkämp­fer absolviert. Angebote von Sozialiste­n und dem Linkspolit­iker Benoît Hamon, doch gemeinsam anzutreten, schlug der Spitzenkan­didat aus. Zu bitter war wohl die Erinnerung an die Niederlage Hamons bei der Präsidents­chaftswahl 2017, als der nur auf 6,4 Prozent gekommen war. Jadot hatte damals auf eine eigene Kandidatur verzichtet und statt dessen Hamon unterstütz­t.

Nach seinem Erfolg will Jadot nun eine breite ökologisch­e Allianz schmieden, die über die Europawahl hinaus trägt. „Wir sind überzeugt, dass das politische Leben sich um drei Pole organisier­en wird: den liberalen, den nationalis­tischen und den ökologisch­en“, sagte er voraus. Das alte politische Lagerdenke­n aus links und rechts gehört für die neue grüne Leitfigur der Vergangenh­eit an. Damit verfolgt Jadot eine ähnliche Strategie wie Macron, auf den er 2022 treffen könnte. Dann sind nämlich Präsidente­nwahlen und Jadot soll einer Kandidatur nicht abgeneigt sein.

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