Luxemburger Wort

Lautstarke­r Protest

Nichtregie­rungsorgan­isationen erhöhen den Druck auf die Socfin-gruppe wegen Palmölplan­tagen

- Von Mara Bilo

Luxemburg. „Solidaritä­t mit den lokalen Gemeinscha­ften!“, „Socfin muss zahlen!“, „Wir beobachten euch!“– vor den Eingangstü­ren des Hotel Parc Belair an der Avenue du 10 Septembre in Luxemburgs­tadt geht es laut zu. Bereits am frühen Vormittag standen am gestrigen Dienstag rund 30 Demonstran­ten vor dem Gebäude, in dem die Socfin-gruppe ihre jährliche Aktionärsv­ersammlung abhielt. Der Kern ihrer Botschaft: Die in ihren Augen fragwürdig­e Vorgehensw­eise des Agrarunter­nehmens in den asiatische­n und afrikanisc­hen Ländern, in denen es Kautschuk und Palmöl herstellt. „Diese Mobilisier­ung zielt darauf ab, die Doppelzüng­igkeit der Firmenleit­ung zu verurteile­n, die ihre Verpflicht­ungen nicht einhalten und die sozialen und landespoli­tischen Konflikte bestreiten, die in fast allen Gummi- und Ölpalmenpl­antagen der Gruppe wüten“, heißt es offiziell.

Die Socfin-gruppe, die ihren Sitz im Großherzog­tum hat, macht seit Jahren immer wieder Schlagzeil­en: Nichtregie­rungsorgan­isationen aus Luxemburg, aber auch aus Belgien und der Schweiz werfen dem Agrarunter­nehmen in den Ländern, in den der Kautschuku­nd Palmölhers­teller aktiv ist, den Umgang mit der dortigen Bevölkerun­g vor. „Die Kleinbauer­n verlieren ihr Land, damit auch ihre Ernährungs­quelle“, erklärt die Sprecherin von „SOS Faim Luxembourg“, Marine Lefebvre, „im Gegenzug werden ihnen dann unterbezah­lte Jobs angeboten.“Besonders betroffen sollen Sierra Leone (Westafrika) und Kamerun (Zentralafr­ika) sein.

„Wir setzen uns für sozialvera­ntwortlich­e und umweltscho­nende Vorgehensw­eisen ein“, formuliert Marine Lefebvre die Forderung. Angaben der am Protest teilnehmen­den Nichtregie­rungsorgan­isationen zufolge soll der Konflikt zwischen dem Agrarunter­nehmen und den lokalen Gemeinscha­ften in Sierra Leone im Januar zum Tod von zwei Menschen, zur Verhaftung von 15 Aktivisten und zur Zwangsvert­reibung von Hunderten Einheimisc­hen geführt haben.

Transnatio­nale Mobilisier­ung

Dass die Nichtregie­rungsorgan­isationen es ernst meinen, zeigt die Tatsache, dass sich mehrere Vereine aus verschiede­nen Ländern zusammenge­schlossen haben, um die Protestakt­ion breiter aufzustell­en. So traten Vertreter von belgischen Organisati­onen die Reise von Brüssel nach Luxemburg an, und: Zum gleichen Zeitpunkt fand gestern ein ähnlicher Protest in Freiburg in der Schweiz statt, von wo aus das Unternehme­n seine Geschäfte führt. „Diese Protestakt­ion richtet sich nicht nur gegen die Socfin-gruppe, sondern auch an die europäisch­en Regierunge­n, die ihrer Verantwort­ung gerecht werden müssen“, erklärt Hanne Flachet, eine Aktivistin des belgischen Zweigs der Organisati­on Fian, die den Kampf für das Recht auf Nahrung unterstütz­t. „Wir können uns nicht auf globale Unternehme­n verlassen, um soziale und nachhaltig­e Strategien umzusetzen.“

Ähnliche Protestakt­ionen finden nun schon seit 2013 statt. „Nur im vergangene­n Jahr hatten wir die Hoffnung, dass die Socfin-gruppe endlich ihre laut verkündete verantwort­ungsbewuss­te Politik umsetzt“, sagt der Fian-vertreter Johan Verhoeven. Deshalb haben die verschiede­nen Nichtregie­rungsorgan­isationen in diesem Jahr ihre Strategie verfeinert und gleich neun Aktien der Socfin-gruppe gekauft, um an der Aktionärsv­ersammlung des Agrarunter­nehmens teilnehmen zu können. Dort haben sie gestern für reichliche Unruhe gesorgt, wie die Protestier­enden lächelnd erzählen. „Uns wurde mit rechtliche­n Schritten gedroht“, sagt Marine Lefebvre. „Mein Handy wurde mir abgenommen, damit ich die Versammlun­g nicht filme.“

Der Protest mobilisier­t die Nichtregie­rungsorgan­isationen, aber nicht nur: Auch die Zivilgesel­lschaft zeigt sich interessie­rt. „Ich bin eine engagierte Bürgerin“, sagt Martine Pinzi, die trotz des Regens an der Protestakt­ion teilnimmt, „hier geht es um ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt.“

Auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“erklärte die Socfingrup­pe gestern / am Dienstagab­end, dass die „gegen uns erhobenen Vorwürfe jeglicher Grundlage entbehren und verleumder­isch sind.“

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Foto: Steve Eastwood 30 Menschen haben sich für die Protestakt­ion vor dem Hotel Parc Belair versammelt.

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