Chiang-mai-initiative
Werkstatt der Welt: Chinesische Arbeiterinnen in Quingdao nähen Schuhe zusammen (oben). Chefvolkswirt Hoe Ee Khor sieht im „Gürtel und Straße“-plan Pekings eine Gelegenheit, um die Infrastruktur zu entwickeln.
Diese Abhängigkeit entstand, nachdem China der Welthandelsorganisation WTO beigetreten ist. Vor dem Beitritt war China die Werkstatt der Welt. Danach verlagerte es seinen Platz in der Wertschöpfungskette in höhere Segmente. Die Massenfertigung wanderte nach Kambodscha, Malaysia, Myanmar und Laos. Die Abhängigkeit von China ist groß. Seit der Finanzkrise und der nachlassenden Nachfrage aus den USA und Europa ist die ganze Region in sich selbst besser integriert und weniger von Exporten abhängig. Die Abhängigkeit Asiens von Exporten ist von 44 Prozent auf derzeit 30 Prozent zurückgegangen. AMRO steht für „Asean+3 Macroeconomic and Research Office“. Die Organisation mit Sitz in Singapur hat die Aufgabe, die makroökononische und finanzielle Stabilität in der Region zu überwachen. Asean + 3 (auf deutsch: Asean plus Drei) ist die Bezeichnung für gemeinsame Konferenzen der zehn Asean-staaten von Südostasien mit der Volksrepublik China, Südkorea und Japan. Auch Hongkong gehört der Organisation an. AMRO führt zahlreiche volkswirtschaftliche Studien durch, überwacht aber auch die sogenannte Chiang-maiinitiative, einen Devisenreserven-pool im Wert von 240 Milliarden Us-dollar, den die Asean+3-staaten nach der asiatischen Finanzkrise 1997 eingerichtet haben. Die Initiative erfolgte aus Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement des IWF. Dr. Hoe Ee Khor ist AMROS Chefvolkswirt. pley
Warum wurde diese Abhängigkeit geringer?
Während der Weltfinanzkrise sank die Nachfrage. Asien exportierte weniger nach den USA und Europa. China hingegen startete ein massives Stimulationsprogramm, das die asiatischen Waren aufsaugte. Peking übernahm die Rolle der USA. Nichtsdestotrotz ist eine Abhängigkeit von 30 Prozent noch immer eine Abhängigkeit. Welchen Impakt hat der Handelskonflikt auf die Finanzmärkte?
Finanzmärkte sind volatil, schlechte Nachrichten führen zu einer Verkaufswelle. Auf lange Sicht aber wird der Handelskonflikt keinen großen Einfluss haben. Asien ist die am schnellsten wachsende Region auf der Welt. Unsere Projektionen zeigen, dass bis 2030 etwa zwei Drittel der weltweiten Mittelklasse in Asien wohnen wird. Derzeit ist es die Hälfte. Der Verbrauchermarkt in Asien ist gewaltig, enormer Reichtum wird geschaffen. Für Singapur ist das eine gute Nachricht, für Luxemburg auch. Beides sind Finanzzentren. Dieser Reichtum muss irgendwo gemanagt werden. Wie sehen Sie die chinesische „Gürtel und Straße“-strategie? Knallharte Interessenpolitik oder ein Versuch, die ganze Region zu entwickeln.
Alle asiatischen Länder sehen diese Initiative als gute Gelegenheit. Nach der asiatischen Finanzkrise hatten all diese Länder für die nächsten 20 Jahre wenig in die Infrastruktur investiert. Es gibt in Asien einen wahren Hunger nach Infrastruktur. Kambodscha und Sri Lanka sind allerdings warnende Beispiele.
Viele Menschen glauben, Chinas „Gürtel und Straße“-initiative sei eine Schuldenfalle. Es wäre aber falsch, China die Schuld für Sri Lankas Schulden zu geben. Das Schuldenproblem bestand schon, ehe Chinesen den Hafen bauten. Kambodscha hingegen profitiert. Die Verschuldung ist mit 40 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt noch niedrig. Dafür aber gibt es neue Kraftwerke und Straßen. *Asean+3 Regional Economic Outlook (AREO) 2019