Auf fremdem Terrain
Die 17. Etappe des Giro d'italia endet in der Südtirol-arena in Antholz, dem italienischen Biathlonmekka
Der Giro d'italia und Südtirol verbindet eine innige Beziehung. Fast jedes Jahr kommt das größte Radrennen Italiens zu Besuch. Gerade in den bekannten Touristenmagneten, die im Winter auf Wintersport setzen und im Sommer mit einer ganzen Palette von Angeboten für volle Hotels sorgen, setzt man in Südtirol gezielt auf den Werbeeffekt der Italien-rundfahrt.
Am Kronplatz war der Giro bereits des Öfteren zu Gast, zuletzt 2008 und 2010. Immer wieder müssen die Radprofis auch über den Stelviopass. 2016 hat Corvara eine Ankunft ausgerichtet. Und im vergangenen Jahr waren St. Ulrich als Ziel- und Innichen als Startort an der Reihe.
Solche Events wollen entsprechend werbeträchtig inszeniert sein und sind wahrlich nicht billig. Wenn eine Ortschaft einen Zieleinlauf ausrichten möchte, muss sie eine stattliche Summe ausgeben – rund 300 000 Euro. Eine solche Entscheidung will demnach wohlüberlegt sein.
WM 2020 in Antholz
Apropos Event und Marketing: Da kommt auch der heutige Zielort ins Spiel. Der Name Antholz lässt das Herz der Wintersportfans höher schlagen. Dort finden seit vielen Jahren Biathlonwettkämpfe der Superlative statt. Das italienische Biathlonmekka ist längst nicht mehr aus dem Weltcupkalender wegzudenken und richtet alljährlich zusammen mit Ruhpolding (D) und Oberhof (D) die wohl stimmungsgeladensten Rennen aus.
Im kommenden Jahr kämpfen in Antholz (12. bis 23. Februar) die besten Biathleten der Welt bei der 51. Weltmeisterschaft um Edelmetall. Vor fast drei Jahren hatten sich die Delegierten aus 50 Ländern beim Kongress der Internationalen Biathlon Union in Chisinau für die Vergabe der Welttitelkämpfe 2020 nach Italien entschieden. Antholz (30 Stimmen) setzte sich damals in Moldawien vor Pokljuka (SLO/15) und Oberhof (4) durch. Antholz wird die WM zum insgesamt sechsten Mal ausrichten. Bislang empfing man die Biathlonelite bereits in den Jahren 1975, 1976, 1983, 1995 und 2007.
Um die Werbetrommel weiter zu rühren, entschied man sich also dazu, neun Monate vor dem Wm-termin den Giro nach Antholz (Anterselva) zu holen. Die Corsa Rosa ist zum ersten Mal zu Besuch. Es ist die optimale Gelegenheit dem Stadion in Antholz im Frühling ein wenig mehr Leben einzuhauchen. Denn in der Biathlonarena wird sich am Mittwoch die Ziellinie befinden. Auf den letzten 400 m wird Stadionatmosphäre aufkommen, wenn die Radprofis am Schießstand und an der Fantribüne vorbeifahren.
Keine ganz schwere Etappe
Welch großen Stellenwert Biathlon zumindest in Norditalien hat, verrät ein Blick auf die Weltcupgesamtwertung des vergangenen Winters: Bei den Frauen feierte Italien einen Doppelsieg. Dorothea Wierer behauptete sich ganz knapp vor ihrer Landsfrau Lisa Vittozzi. Bei den Männern gehören Lukas Hofer (10.) und Dominik Windisch (17.) zur erweiterten Weltklasse.
Die 17. Etappe hat es in sich und reiht sich nahtlos in die sehr anspruchsvolle Schlusswoche ein. Vom Val di Sole im Trentino führt die Strecke über den Mendelpass (8,4 km à 4,5 Prozent), auf dem keine Punkte für die Bergwertung vergeben werden, nach Südtirol. Es folgt die Abfahrt bis nach Bozen und dann geht es weiter bis nach Brixen. Über Elvas (3,4 km à 7,6 Prozent) geht es nach Terenten (6,6 km à 7,6 Prozent), durch Bruneck, den Geburtsort von Hofer und Windisch, und weiter entlang des Pustertals bis zur Abzweigung ins Antholzertal. Dort beginnt der letzte Anstieg des Tages. Die letzten 5,5 km mit einer durchschnittlichen Steigung von 8,5 Prozent werden nochmals richtig schmerzen. Den Schlussanstieg kann man für Giro-verhältnisse dennoch als eher gemäßigt bezeichnen, ebenso wie die anderen Anstiege die an diesem Tag auf dem Programm stehen.
Große Zeitabstände zwischen den Favoriten sind an diesem Tag nicht unbedingt zu erwarten. Ausreißer haben zumindest auf dem Papier gute Chancen.