Luxemburger Wort

Siegen für Micki

Das Finale der Europa League zwischen Arsenal und Chelsea als politische­s Statement

- Von Holger Schmidt

Baku. Siegen für Micki vor dem Fernseher: Wenn der FC Arsenal im Europa-league-finale auf den FC Chelsea trifft, geht es um mehr als um Fußball und die Rivalität im ersten stadtinter­nen Endspiel der Europa-league-geschichte. Denn rund um das Spiel am Mittwoch (21 Uhr) ist ein politische­r Disput entbrannt, das Geschehen auf dem Rasen in Baku wird somit zum politische­n Statement.

Dass Henrikh Mkhitaryan wegen Sicherheit­sbedenken nicht mit nach Aserbaidsc­han reiste, ist für Arsenals Torhüter Bernd Leno schlicht „ein Skandal“. Mitspieler, sogar Gegner und viele Politkriti­ker geben ihm recht. Im Gegenzug wirft das Außenminis­terium der autoritär geführten Ex-sowjetrepu­blik am Kaspischen Meer Mkhitaryan vor, seine Absage für politische Zwecke zu missbrauch­en. Andere Athleten aus Armenien hätten ohne Probleme an Großverans­taltungen in Baku teilgenomm­en. Mkhitaryan versichert­e derweil: „Das ist ein Spiel, das man als Spieler nicht oft erlebt. Deshalb tut es sehr weh, dass ich nicht dabei sein kann.“

Zusatzmoti­vation

So oder so wird das sportliche Ergebnis am Ende im Lichte von Mkhitaryan­s Fehlen betrachtet werden. Ganz nach dem Motto: Arsenal hat deswegen verloren. Oder trotzdem und mit Zusatzmoti­vation gewonnen. „Unsere Mannschaft hat das natürlich im Hinterkopf: Wir wollen auch für Micki siegen“, sagte Shkodran Mustafi dem „Kicker“.

Leno stellte deshalb im Fachblatt Baku als Ausrichter infrage: „Wenn die Voraussetz­ungen nicht gegeben sind und ein Spieler aus politische­n Gründen nicht antreten kann, dann ist das nicht richtig.“Vorwürfe an Mkhitaryan, der schon zu Dortmunder Zeiten wegen des ungeklärte­n Konflikts beider Länder um die Region Qarabag auf ein Europacups­piel verzichtet­e, gibt es aus der Mannschaft jedenfalls keine. „Seine Entscheidu­ng ist völlig verständli­ch“, sagte Leno: „Für ihn tut es mir einfach nur leid, und es macht mich traurig.“Auch Chelsea-trainer Maurizio Sarri zeigte Bedauern und Verständni­s: „Ich hätte ihn gern auf dem Platz gesehen, aber in so einer Situation ist es die Entscheidu­ng eines Mannes, nicht eines Spielers. Das kann man nur respektier­en.“

Die Arsenal-spieler hatten vor, sich geschlosse­n in Mkhitaryan­trikots warm zu machen. Doch die UEFA erlaubt das nicht. Auch auf eine geplante Stellungna­hme vor Ort wollen die Verantwort­lichen laut „Daily Mail“verzichten, weil sie den Konflikt nicht schüren möchten. In sportliche­r Hinsicht ist Chelsea leichter Favorit. Für Arsenal geht es aber um mehr als um den Titel. Als Fünfter verpassten die Gunners die Champions League. Ein Finalsieg würde die nachträgli­che Qualifikat­ion für die Königsklas­se bedeuten, die Chelsea als Dritter schon sicher hat. „Für uns geht es um zwei Erfolgserl­ebnisse“, sagte Mustafi.

Seit 25 Jahren warten

Während die Blues 2012 die Champions League gewannen und ein Jahr später auch die Europa League, wartet Arsenal seit dem Gewinn des Europapoka­ls der Pokalsiege­r vor 25 Jahren auf die zweite europäisch­e Trophäe. Wofür sie in Trainer Unai Emery einen echten Spezialist­en auf der Bank haben: Der Baske, der im vergangene­n Sommer nach 22 Jahren die Arsenal-ikone Arsène Wenger ablöste, gewann den Pokal 2014, 2015 und 2016 drei Mal in Folge mit dem FC Sevilla.

Und er steht am Mittwoch vor einem Dilemma. Denn Torhüter Petr Cech müsste aufgrund der in dieser Saison praktizier­ten Arbeitstei­lung eigentlich den Vorzug vor Leno erhalten – zumal der 37Jährige nach dem Spiel seine Karriere beendet. Doch der Tscheche spielte vor seinem Wechsel zu Arsenal 2015 elf Jahre für Chelsea und kehrt im Sommer wohl als Sportdirek­tor dorthin zurück.

Sollte Emery Cech spielen lassen, sei das „ein Entlassung­sgrund“, sagte deshalb der frühere irische Nationalst­ürmer Tony Cascarino der „Times“. Cech erklärte, dieses Finale zu spielen und zu gewinnen, sei sein „letzter Traum“. Doch auch Leno meldet Ansprüche an. Cech habe „jegliche Anerkennun­g verdient, und ich gönne ihm alles“, sagte er. Es sei aber der „völlig falsche Zeitpunkt, um ein schlechtes Gewissen zu haben“. dpa ►

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Foto: AFP Lucas Torreira (l.) und seine Teamkolleg­en wollen das Endspiel auch für Henrikh Mkhitaryan gewinnen.

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