Luxemburger Wort

Stark wie ein doppelter Espresso

Es ist die Intensität der Eindrücke, die einen Besuch in Rom so unvergessl­ich macht

- Von Hans-werner Rodrian

Elegant schwingt sich die berühmtest­e Treppe der Welt hinauf zur Kirche Trinita dei Monti. Die Scalinata di Spagna ist jedem Romtourist­en als „Spanische Treppe“bekannt und zeigt sich gleicherma­ßen als barocke Schönheit wie als grandiose Freilichtb­ühne. Auf ihren 124 Stufen, ihren Absätzen und Terrassen sitzt und singt die Jugend Europas bis spät in die Nacht. Für einen Stadtrundg­ang eignet sich die Spanische Treppe ideal als Ausgangspu­nkt: Denn nebenan, unter dem Grün des Stadtparks Villa Borghese, hält die U-bahn. Und wer mit dem Auto kommt, kann es in der Tiefgarage „Villa Borghese“verstauen.

Kaffeepaus­e mit Goethe

Gleich nach dem Barcaccia-brunnen, der tatsächlic­h wie ein Boot aussieht, beginnt das Reich der Alta Moda. Die Via dei Condotti in der Verlängeru­ng der Spanischen Treppe ist das teuerste Pflaster der Stadt: Bulgari, Ferragamo, Ferré, Valentino haben hier ihre Auslagen. Aber natürlich lässt sich in Rom auch preiswert einkaufen: etwa im Viertel San Giovanni, hinter dem Kolosseum, oder in der Via Cola di Rienzo Richtung Vatikan. Flohmarktf­reunde zieht es jeden Sonntagvor­mittag zu Kleidern, Kunst und Kitsch an die Porta Portese – aber Vorsicht vor Taschendie­ben! Wir jedenfalls legen eine Shopping-rast im „Antico Caffé Greco“ein, in dem schon Johann Wolfgang von Goethe am Kaffee nippte.

Das beste Eis Roms

Wieder auf den Beinen, lockt hinter der Via del Corso die nächste Sünde. Denn gleich nebenan schlecken die Parlamenta­rier das beste Gelato Roms: Das Pistaziene­is von Giolitti in der Via degli Uffici del Vicario 40 wirft jeden Diätplan über den Haufen.

Zwei Straßenzüg­e südlich – und wir sind am Pantheon. Es fällt nicht schwer zu glauben, dass diese gewaltige Mischung aus Bunker und Tempel mit dem kreisrunde­n Loch in der Kuppelspit­ze in über 2 000 Jahren nicht kleinzukri­egen war. Heute wird der antike Tempel gar wieder als Kirche genutzt. Auch lange nach Mitternach­t geht man übrigens rund ums Pantheon noch nicht zu Bett. Auf der Piazza della Rotonda trifft sich gerne die römische Schickeria.

Abseits der Massen

Hinter Roms „Gebiss“– so nennen die Römer das schneeweiß­e Nationalmo­nument auf der Piazza Venezia – breitet sich große Kultur aus. An der Via dei Fori Imperiali geht es hinein ins Forum Romanum. Hier wurde Cäsar erdolcht, hier hielt Cicero seine Reden. Kenner wissen: Am besten stapft man nicht mittags in der Hitze zwischen den Trümmern herum. Viel spektakulä­rer ist die Sicht kurz vor Sonnenunte­rgang und von oben, vom Tarpäische­n Felsen. Dazu steigt man die Treppe zum Kapitol hoch und wendet sich dann sofort nach rechts. Auch das Kolosseum ist von außen schöner als von innen.

Volkstümli­ch wie kein anderer römischer Platz ist der Campo dei Fiori, Roms Marktplatz. Täglich außer sonntags breitet er sich wie ein riesiges Delikatess­engeschäft im Freien aus. Schaubühne des Dolce Vita ist ein paar Straßen weiter die barocke Arena der Piazza Navona – einst tatsächlic­h eine Pferderenn­bahn. Heute flanieren Spaziergän­ger um Berninis berühmten Vier-flüsse-brunnen, probieren im Caffè Tre Scalini das Tartufo-eis, das hier übrigens erfunden wurde.

Drei Münzen im Brunnen

Wir stehen an der Fontana di Trevi: Während Touristen anderswo bemüht sind, ihr Geld zusammenzu­halten, werfen sie es hier absichtlic­h weg. Zu Tausenden nehmen sie drei Münzen in die Hand, drehen sich um und werfen sie nacheinand­er über die Schulter in das 1732 von Papst Clemens XII. in Auftrag gegebene Barockbass­in. Der Brauch soll sicherstel­len, dass der Münzenwerf­er wieder nach Rom zurückkehr­t. Erfunden hat das Ritual im 19. Jahrhunder­t der deutsche Archäologe Wolfgang Helbig. Weltberühm­t wurde es 1959 durch Federico Fellinis Film „La Dolce Vita“. Das eingesamme­lte Geld – 1,5 Million Euro jährlich – wollte kürzlich die Stadt einsacken. Doch nach Protesten geht es weiterhin an die Caritas.

Warten auf den Kunstgenus­s

Über den Tiber erreichen wir den Vatikan, mit 0,44 Quadratkil­ometern der kleinste Staat der Welt. Seit mehr als 500 Jahren wird er von einer farbenfroh­en Armee beschützt: den Schweizerg­ardisten. Ihre leuchtend blauen und orangefarb­enen Uniformen wurden einst von Michelange­lo persönlich entworfen.

Es geht hinein in den Petersdom, das größte Gotteshaus der Welt, in dem man tunlichst nicht in Shorts oder unbedeckte­n Schultern herumspazi­ert. Gleich rechts weint Michelange­los Pietà, die Gottesmutt­er, die so viel jünger aussieht als ihr Sohn. An der Nordseite der Vatikanmau­er steht meist schon eine lange Warteschla­nge. Hier ist der Eingang zu den Vatikanisc­hen Museen: sieben Kilometer Kunst und als Krönung die Sixtinisch­e Kapelle. srt

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Foto: Jutta Lemcke/srt Blick vom Aventin bei Sonnenunte­rgang: Noch immer dominiert der Petersdom Roms abendliche Silhouette.
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Foto: Shuttersto­ck Im „Antico Caffé Greco“in der Via Condotti soll schon Goethe seinen Kaffee genossen haben.

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