Warten auf den Richtigen
Die inneren Werte eines Koffers sind hinter einem unscheinbaren Äußeren sicherer verborgen
Weit mehr als 20 Millionen Koffer gehen noch immer jedes Jahr allein bei Flugreisen verloren. An europäischen Flughäfen ist die Quote besonders hoch. Etliche Gepäckstücke werden dabei schlichtweg nur verwechselt, manche geklaut. Beides lässt sich mindern, wenn der Koffer aus der Masse heraussticht. Dafür braucht es nur etwas Kreativität oder ein bisschen Mut zur Hässlichkeit. Hier sind einige Gründe, warum es sich lohnt, die Regeln des guten Geschmacks bei der Kofferwahl für die Urlaubsreise zu vernachlässigen.
Hohe Verwechslungsgefahr
An der Gepäckausgabe wälzt sich eine Karawane aus schwarzen, dunkelblauen, grauen, braunen Koffern, Taschen und Trolleys übers Band. Bei so viel Eintönigkeit greift einer schon mal daneben, reißt, mit einer Hand das Handy am Ohr, mit der anderen den falschen Koffer vom Gepäckband und rollt damit von dannen, bevor die Verwechslung auffällt. Zudem sind tatsächlich manche Koffermodelle so verbreitet, dass auch äußerlich identische Koffer an der gleichen Gepäckausgabe liegen.
Dagegen helfen kräftige, grelle Farben – oder ein Design mit unverwechselbarem Muster. Alternativ tun es auffällige Aufkleber, möglichst auf mehreren Seiten des Koffers angebracht. Die kunstvollere Variante heißt Airbrush: Mit der Spritzpistole oder der Spraydose sprühen kreative Geister Bilder auf den schwarzen Hartschalenkoffer. Wer’s dezenter mag: Am Griff befestigtes Geschenkband beispielsweise macht das Gepäckstück ebenfalls leichter erkennbar.
Vorteil Mittelklasse: Egal, welche Farbe oder welches Design sie wählen – hochpreisige und extravagante Koffersets fallen auch Dieben leichter ins Auge. Zum einen wird der Koffer an sich ein begehrtes Klau-objekt, zum anderen suggeriert er, dass der Besitzer auch Wertvolles transportiert.
Der schicke Armani- oder Louis-vuitton-koffer ist deshalb im Handgepäck am sichersten aufbewahrt – oder er bleibt gleich zu Hause. Einen ähnlichen Reflex könnte ein allzu protziges Sicherheitsschloss am Koffer hervorrufen. Langfinger wittern fette Beute. Ein sichtbar abgenutztes, verbeultes Gepäckteil hingegen weckt bei Dieben selten Lust, zuzugreifen. Doppelten Nutzen bieten Koffergurte. Die für wenig Geld erhältlichen, verstellbaren Gurte – mehr als zehn Euro braucht man für ein schillernd buntes Doppelpack nicht auszugeben – steigern den Wiedererkennungswert des Koffers ungemein. Zudem verhindern die einmal längs, einmal quer um den vollgestopften Koffer oder Trolley gezurrten Riemen, dass sich die Urlaubsgarderobe im Frachtraum oder auf dem Gepäckband verteilt, wenn das Schloss bereits beschädigt oder aufgesprungen sein sollte.
Nachhaltig statt neu kaufen
Was verrät ein schicker, schwarzer Hartschalenkoffer über sich, seine Reisen, über seinen Besitzer? Nichts, rein gar nichts. Ein alter, abgeschabter, womöglich noch mit bunten Aufklebern aus aller Herren Länder ausgezeichneter Reisekoffer hingegen steckt meist voller schöner Erinnerungen. Die Delle da oben in der Ecke hat er sich auf Kreta geholt. Die große Beule auf der Vorderseite stammt von der Kenia-safari, als er plötzlich vom Jeep gerumpelt ist.
Gut, nach modischen Gesichtspunkten steht so ein Koffer, wenn er seine zehn, fünfzehn Jahre auf dem Buckel hat, kurz vor der Museumsreife. Aber das hat auch Vorteile: Das Geld, das man sich spart, weil man nicht alle drei Jahre ein neues Luxus-kofferset kauft, kann man für Urlaubsfreuden ausgeben. Und auf dem Gepäckband sticht das gute, alte Stück auf jeden Fall heraus. srt