Luxemburger Wort

Warten auf den Richtigen

Die inneren Werte eines Koffers sind hinter einem unscheinba­ren Äußeren sicherer verborgen

- Von Rudi Stallein

Weit mehr als 20 Millionen Koffer gehen noch immer jedes Jahr allein bei Flugreisen verloren. An europäisch­en Flughäfen ist die Quote besonders hoch. Etliche Gepäckstüc­ke werden dabei schlichtwe­g nur verwechsel­t, manche geklaut. Beides lässt sich mindern, wenn der Koffer aus der Masse herausstic­ht. Dafür braucht es nur etwas Kreativitä­t oder ein bisschen Mut zur Hässlichke­it. Hier sind einige Gründe, warum es sich lohnt, die Regeln des guten Geschmacks bei der Kofferwahl für die Urlaubsrei­se zu vernachläs­sigen.

Hohe Verwechslu­ngsgefahr

An der Gepäckausg­abe wälzt sich eine Karawane aus schwarzen, dunkelblau­en, grauen, braunen Koffern, Taschen und Trolleys übers Band. Bei so viel Eintönigke­it greift einer schon mal daneben, reißt, mit einer Hand das Handy am Ohr, mit der anderen den falschen Koffer vom Gepäckband und rollt damit von dannen, bevor die Verwechslu­ng auffällt. Zudem sind tatsächlic­h manche Koffermode­lle so verbreitet, dass auch äußerlich identische Koffer an der gleichen Gepäckausg­abe liegen.

Dagegen helfen kräftige, grelle Farben – oder ein Design mit unverwechs­elbarem Muster. Alternativ tun es auffällige Aufkleber, möglichst auf mehreren Seiten des Koffers angebracht. Die kunstvolle­re Variante heißt Airbrush: Mit der Spritzpist­ole oder der Spraydose sprühen kreative Geister Bilder auf den schwarzen Hartschale­nkoffer. Wer’s dezenter mag: Am Griff befestigte­s Geschenkba­nd beispielsw­eise macht das Gepäckstüc­k ebenfalls leichter erkennbar.

Vorteil Mittelklas­se: Egal, welche Farbe oder welches Design sie wählen – hochpreisi­ge und extravagan­te Koffersets fallen auch Dieben leichter ins Auge. Zum einen wird der Koffer an sich ein begehrtes Klau-objekt, zum anderen suggeriert er, dass der Besitzer auch Wertvolles transporti­ert.

Der schicke Armani- oder Louis-vuitton-koffer ist deshalb im Handgepäck am sichersten aufbewahrt – oder er bleibt gleich zu Hause. Einen ähnlichen Reflex könnte ein allzu protziges Sicherheit­sschloss am Koffer hervorrufe­n. Langfinger wittern fette Beute. Ein sichtbar abgenutzte­s, verbeultes Gepäckteil hingegen weckt bei Dieben selten Lust, zuzugreife­n. Doppelten Nutzen bieten Koffergurt­e. Die für wenig Geld erhältlich­en, verstellba­ren Gurte – mehr als zehn Euro braucht man für ein schillernd buntes Doppelpack nicht auszugeben – steigern den Wiedererke­nnungswert des Koffers ungemein. Zudem verhindern die einmal längs, einmal quer um den vollgestop­ften Koffer oder Trolley gezurrten Riemen, dass sich die Urlaubsgar­derobe im Frachtraum oder auf dem Gepäckband verteilt, wenn das Schloss bereits beschädigt oder aufgesprun­gen sein sollte.

Nachhaltig statt neu kaufen

Was verrät ein schicker, schwarzer Hartschale­nkoffer über sich, seine Reisen, über seinen Besitzer? Nichts, rein gar nichts. Ein alter, abgeschabt­er, womöglich noch mit bunten Aufklebern aus aller Herren Länder ausgezeich­neter Reisekoffe­r hingegen steckt meist voller schöner Erinnerung­en. Die Delle da oben in der Ecke hat er sich auf Kreta geholt. Die große Beule auf der Vorderseit­e stammt von der Kenia-safari, als er plötzlich vom Jeep gerumpelt ist.

Gut, nach modischen Gesichtspu­nkten steht so ein Koffer, wenn er seine zehn, fünfzehn Jahre auf dem Buckel hat, kurz vor der Museumsrei­fe. Aber das hat auch Vorteile: Das Geld, das man sich spart, weil man nicht alle drei Jahre ein neues Luxus-kofferset kauft, kann man für Urlaubsfre­uden ausgeben. Und auf dem Gepäckband sticht das gute, alte Stück auf jeden Fall heraus. srt

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Foto: Shuttersto­ck Wer ein schlichtes Koffermode­ll in Schwarz wählt, schützt sein Reisegepäc­k vor dem Augenmerk der Diebe. Jedoch ist die Verwechslu­ngsgefahr sehr hoch.

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