Mehr Mitsprache und Nachhaltigkeit
Jugendparlament fordert Ausweitung des aktiven Wahlrechts und Wiederverwertung von Abfällen
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. So sehen es wohl auch die Mitglieder des Jugendparlaments, denn gestern besuchten rund 30 von ihnen die Chamber, um sich mit den „echten“Abgeordneten auszutauschen. Dabei ging es um Resolutionen, die das Jugendparlament während seiner finalen Plenarversammlung am 11. Mai dieses Jahres beschlossen hatte. Die Jugendlichen wollten in Erfahrung bringen, wie weit die Arbeit der Parlamentarier in den jeweiligen Bereichen fortgeschritten ist.
Eines der Anliegen des Jugendparlaments ist die Stärkung der Demokratie. Man sei „alarmiert“, dass in Luxemburg nur eine Minderheit der Bevölkerung – 57 Prozent der Einwohner seien nicht wahlberechtigt – über die Zusammensetzung der Chamber entscheidet. Es wird zudem bemängelt, dass das Durchschnittsalter der Wahlberechtigten zehn Jahre über dem der Bevölkerung liege. Deswegen fordern die Jugendlichen eine Ausweitung des aktiven Wahlrechts.
Zukünftig sollen auch Ausländer, die während fünf Jahren in Luxemburg gewohnt und gearbeitet haben, sowie Jugendliche ab 16 Jahren an Parlamentswahlen teilnehmen dürfen. Um die politische Bildung der Jugendlichen zu verbessern, solle beispielsweise das bereits existierende Schulfach „Instruction civique“ausgebaut werden.
Mit mehr Recycling zu mehr Nachhaltigkeit
Zudem spricht man sich für Veränderungen auf Ebene der Wahlbezirke aus. Die momentane Aufteilung des Landes in vier Wahlbezirke benachteilige nämlich kleinere Parteien, da diese im Vergleich zu den größeren mehr Stimmen benötigen, um einen Sitz zu erobern. Der Restsitz gehe nämlich immer an die größeren Parteien. Zwar plädieren die Jugendlichen nicht für einen Einheitsbezirk, allerdings solle es in Zukunft doch möglich sein, über die Bezirksgrenzen hinaus zu wählen. Auch müsse die Sitzverteilung pro Bezirk neu berechnet werden. Ein Einheitsbezirk berge nämlich die Gefahr, dass bestimmte Regionen des Landes nur noch sehr schwach im Parlament vertreten sein könnten.
Des Weiteren werden eine Begrenzung von zwei aufeinanderfolgenden Regierungsmandaten und eine konsequente Ahndung bei Verstößen gegen die Wahlpflicht verlangt.
Dass ein nicht unwesentlicher Teil seiner Forderungen bei einem Referendum im Jahr 2015 von bis zu 80 Prozent der Wahlberechtigten abgelehnt wurde, bringt das Jugendparlament nicht von seiner Haltung ab. Nur weil dies vor vier Jahren der Fall gewesen sei, bedeute nicht, dass sich die Mehrheitsmeinung nie wieder ändern könnte.
Ein anderes Thema war eine nachhaltigere Ausrichtung der luxemburgischen Wirtschaft. Abfälle sollen künftig so gut es geht wiederverwendet werden. Auch soll so weit wie möglich auf den Gebrauch von Plastik, vor allem Einwegund Mikroplastik, verzichtet werden.
Die Unterredungen mit den Abgeordneten bezeichneten die Jugendlichen als „kontrovers, aber interessant“. Die Politiker hätten Verständnis für die Forderungen gezeigt, nun gelte es zu beobachten, ob den Worten auch Taten folgen. Das Jugendparlament will auch mit den jeweiligen politischen Parteien in Kontakt treten.
Außerdem wurden noch Resolutionen zu fünf weiteren Themen mit den Abgeordneten diskutiert. Dabei ging es um den Einsatz von ipads im Unterricht, ein Gutachten zum Gesetz über Praktika während der Schulzeit, die Lebensqualität im urbanen Raum, die Ratifizierung eines Ilo-protokolls über Zwangs- und Pflichtarbeit sowie den zunehmenden Euroskeptizismus.
Das Jugendparlament existiert seit dem 4. Juli 2008. Es bietet Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren eine Plattform, um sich politisch für die Interessen ihrer Generation zu engagieren. Seit diesem Jahr werden die Anliegen des Jugendparlaments auch an den jeweils zuständigen Minister geschickt, um diesen zu einer Stellungnahme zu ermutigen.