Enge Weltsicht
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dann hat der jüngste Besuch von Donald Trump in Großbritannien und Frankreich eines deutlich gemacht: Dieser Us-präsident ist kein Freund Europas und wird es wohl nicht mehr werden. Er, der nur Sieger und Verlierer kennt und der Diplomatie verachtet, ist an einem schwachen, zerstrittenen Europa interessiert. Trump setzt alles daran, die Einigkeit der Staaten auf dem Alten Kontinent zu hintertreiben, weil er sich davon taktische Vorteile verspricht.
Beispiel Brexit: Wo jeder andere Us-präsident versucht hätte, die Briten zur Raison zu bringen, die zu erwartenden Schäden abzufedern oder sich zumindest aus der innenpolitischen Debatte herausgehalten hätte, plädiert Donald Trump offen für den Austritt Großbritanniens aus der EU, lobt demonstrativ die Brexithardliner Boris Johnson und Nigel Farage und winkt den Briten nach erfolgtem Austritt mit einem phänomenalen Handelsabkommen.
Dabei gehört es zu den Lehren des Zweiten Weltkriegs, dass Amerika auf ein stabiles Europa ebenso angewiesen ist, wie die Europäer auf den Schulterschluss mit dem Bündnispartner auf der anderen Seite des Atlantiks vertrauen müssen. Für Donald Trump jedoch sind Bündnisse und internationale Kooperation nicht Teil der Lösung, sondern das eigentliche Problem. Schon deshalb wirkte der Auftritt dieses Us-präsidenten bei den Gedenkfeiern zur Landung der Alliierten in der Normandie befremdlich, eigentlich wie ein Treppenwitz der Geschichte.
Die jungen amerikanischen Soldaten, die vor 75 Jahren ihr Leben riskierten und von denen einige am D-day-gedenktag noch dabei sein konnten, taten dies aus selbstloser Freundschaft für Länder und Menschen, die sie nicht kannten. Sie taten es auch in dem Bewusstsein, dass es in diesem Kampf darum ging, die westliche Wertegemeinschaft aus den Klauen der nationalistischen Barbarei zu befreien. Dass Europa nach der Befreiung durch die Alliierten eine nie gekannte Ära der Stabilität und des Wohlstands erleben durfte, ist auch ihr Sieg und ihr Verdienst.
Und Donald Trump? An den D-day-schauplätzen der Normandie sah und hörte man einen Us-präsidenten, der aus seiner engen Weltsicht heraus weder fähig noch willens war, sich der historischen Dimension des Augenblicks anzupassen. So war es, wieder einmal, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der 41-Jährige, der seinem 31 Jahre älteren Kollegen eine Lektion in jüngerer Geschichte erteilte. Bei seiner Rede in Colleville-sur-mer drehte sich Macron zu Trump um und sprach von der wahren Größe Amerikas, jenem Amerika, das für die Freiheit anderer kämpft, das die Demokratie verteidigt und das dabei auf ein gemeinschaftliches Vorgehen mit Alliierten und Partnern setzt. Man müsse sich „dem Versprechen der Normandie würdig erweisen“, schrieb Macron Trump ins Stammbuch.
Es gibt wenig Anlass zu der Hoffnung, dass Trump die Bedeutung dieser Worte beherzigen wird. Ein paar nette Fotos mit Veteranen unter dem blauen Himmel von Omaha Beach reichen dafür jedenfalls nicht aus.
Trumps Normandieauftritt war wie ein Treppenwitz der Geschichte.