Leben in den Borderlands
An den Ufern des Rio Grande wächst die Sorge über Trumps Grenzmauer und die angedrohten Strafzölle für Mexiko
Miguel Fernandez (46) fühlt sich von dem alten Handelsposten vor den Toren El Pasos wie magisch angezogen. Nicht nur wegen der spektakulären Sonnenuntergänge über der Chihuahua-wüste. „Ardovinos Desert Crossing“steht auch für das gemeinsame Erbe, das die USA und Mexiko an diesem Ort ganz nahe zusammenbringt. Der Blick nach Süden fällt nach Ciudad Juarez, das im Osten nach El Paso übergeht. Bis zum rostroten Grenzzaun ist es von hier aus nur ein Katzensprung. Im Wahlkampf versprach Donald Trump, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen. Später drohte der Us-präsident, die Südgrenze zu schließen. Nun kündigt er Mexiko Strafzölle an. er mit seiner Frau und den vier Kindern in den USA wohnt. Eine Realität, die Zehntausende Familien in der Grenzregion so oder ähnlich teilen. „Die Grenze ist etwas Künstliches,“sagt Miguel. Und inzwischen ein Hindernis.
Wie Pilze aus dem Boden
Vor dem Amtsantritt Trumps nahm er in seinem Tesla schon mal Besucher für eine Stippvisite rüber nach Juarez, wo die Maquiladoras genannten Produktionsstätten von Us-unternehmen wie Pilze aus dem Boden schießen. Heute gibt es schon mehr als 300 Betriebe, die zusammen mehr als 300 000 Menschen beschäftigen.
Den Abstecher wagt Miguel im Moment nicht mehr. Wenn er Pech hat, dauert es Stunden, zurück in die USA zu kommen. Noch schlimmer ist es für LKW, die sich an den beiden Grenzbrücken für den Güterverkehr heute acht Stunden und mehr stauen. Der Grund: Als Reaktion auf die Flüchtlingskrise zog die Usgrenzpolizei (Customs and Border Patrol) Beamte von der Güterabfertigung ab, und setzte sie andernorts ein.
Negative Auswirkungen
Durch die von Trump angedrohten Strafzölle bis zu 25 Prozent könnte wegen der ausgeweiteten Kontrollen alles noch schlimmer werden. „Das hat negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivitäten von El Paso und Ciudad Juarez“, prophezeit Tom Fullerton, der sich an der University of Texas in El Paso (UTEP) mit der Grenzökonomie beschäftigt (siehe Interview). Der Volkswirt ist fest davon überzeugt, dass sich die USA „damit in den Fuß schießen“.
Fullerton und andere Ökonomen werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass „es nicht nur um Handel, sondern die grenzüberschreitende Fertigung geht“. (Lesen Sie dazu auch das Interview mit Tom Fullerton auf Seite 22.)
Egal wen man in den „Borderlands“fragt – Unterstützung für die verschiedenen Sanktionsideen Trumps findet sich hier kaum. Im Gegenteil. Zu den heftigsten Kritikern des Präsidenten schwang sich der Bürgermeister von El Paso, der Republikaner Dee Margo (67) auf. Es sei „unverantwortlich“, wie das wirtschaftliche Wohlergehen der Region und der Nation riskiert werde. „Es stehe viel auf dem Spiel.“
Was der Bürgermeister meint, illustrieren ein paar Fakten eindrucksvoll. Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA. Allein in den „Borderlands“von El Paso und Ciudad Juarez addierte sich das Handelsvolumen im vergangen Jahr auf 103 Milliarden Dollar auf. Jeder fünfte Dollar im Haushalt El Pasos wird von mexikanischen Konsumenten beigesteuert. „Mexiko bestrafen“Präsident Trump lässt sich durch solche Argumente wenig beeindrucken. Er „liebe“Strafzölle, gab er offen zu erkennen. Demonstrativ setzte er sich über die Einwände seines Chefunterhändlers