Luxemburger Wort

„Ich liebe das Anarchisch­e an ihm“

Zeichner Jan Gulbransso­n plaudert zum 85. Geburtstag von Donald Duck aus dem Nähkästche­n

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Jan Gulbransso­n ist einer der wenigen deutschen Disney-zeichner. Er verfasst seit fast 40 Jahren Donald-duck-comics. Es scheint eine Art Schicksals­gemeinscha­ft zu sein. Gulbransso­n hat fünf Tage vor Donald Geburtstag, ist gerade 70 geworden, und kennt den vielleicht berühmtest­en Erpel der Welt wie kaum ein anderer. Zum 85. Geburtstag der Ente am morgigen Sonntag ein paar grundlegen­de Fragen. Donald wird 85. Wie hat er sich verändert?

So wie er ist, ist er gut. Vom Charakter kann er sich nicht ändern, weil er sich selber treu ist und es auch sehr schade wäre, wenn man ihn ändern würde. Was sich geändert hat, ist das technische Equipment, das er hat. Es gibt halt jetzt – um es auf einen Nenner zu bringen – Handys. Und das hat natürlich Einfluss auf die Geschichte­n. In Gefahrensi­tuationen können die Ducks nun Hilfe rufen. In einer meiner Geschichte­n, die in Österreich spielt, erreichen die Notrufe Dagobert zum Beispiel nicht, weil er sein Handy ausgestell­t hat. SMS sind ihm einfach zu teuer.

Was ist Donalds allerbeste Eigenschaf­t?

Die liebste ist mir das Anarchisch­e an ihm. Aber ob er deswegen unbedingt sozialkomp­atibel ist... ? Mir gefällt er, aber ob jeder mit so einem Chaoten Umgang haben will, weiß ich nicht. Seine beste Eigenschaf­t ist vielleicht, dass er – anders als Goofy – alles andere als blöd ist. Er ist sehr intelligen­t und würde heute vielleicht sogar als hochbegabt gelten. Seine Einfälle sind eigentlich gut und wären nachahmens­wert, wenn er sie nicht selbst ausführen würde. Aber er hat ein Charakterp­roblem und ist zu cholerisch.

Und die schlechtes­te Eigenschaf­t?

Das Voreilige, Cholerisch­e, leicht Erzürnbare, ja. Er schaltet dann sein Gehirn aus. Das ist sicher keine tolle Eigenschaf­t – aber fürs Geschichte­nschreiben schön.

Warum hat er keine Hose an?

Ich weiß es nicht. Das ist jetzt echt nicht ausgedacht: In öffentlich­en Bibliothek­en in Finnland wurden Donald-comics in den 1970er Jahren verboten, weil Donald keine Hose trägt und seit 40 Jahren mit derselben Frau geht, ohne sie zu heiraten. Was schlimmer war, weiß ich nicht. Wahrschein­lich ist der Grund ein praktische­r: Er kommt aus dem Zeichentri­ck, und Hosen behindern in der Animation. Es ist auch schwierige­r zu zeichnen, weil man auf den Faltenwurf achten muss. Wer ist die wichtigste Ente für Donald?

Er selber, würde ich sagen. Ich vermute: nicht Daisy. Was seine Zuneigung und emotionale Bindung angeht, stehen seine Neffen wohl an erster Stelle. Aber am meisten Einfluss auf sein Leben hat Onkel Dagobert. Wie deren Binnenverh­ältnis ist, weiß ich gar nicht. Aber obwohl der Alte den Jungen wahnsinnig nervt, nehme ich an, dass er ihn durchaus auch mag. Aber darüber habe ich tatsächlic­h noch nicht nachgedach­t.

Warum hat Donald keine Kinder?

Darüber könnte man natürlich lange philosophi­eren. Aber das ist auch wieder ein praktische­r Grund. Wenn die Kinder gegen ihn rebelliere­n, dann ist das selbst in den zimperlich­sten Zeiten für Disney kein Problem gewesen, weil er nur der Onkel ist. Mit dem eigenen Vater so umzugehen, wäre da einfach undenkbar gewesen. Dadurch, dass der Onkel inkompeten­t ist und als Elternteil eher ungeeignet wäre, ist zwischen ihm und Tick, Trick und Track eine gewisse Waffenglei­chheit hergestell­t. Und darum ist Onkel Dagobert nicht Opa Dagobert?

Das ist auch sinnvoll. Wenn Dagobert einen Sohn wie Donald hätte, wäre Donald nicht so, wie er ist. So hat Dagobert zwar die Macht, weil er das Geld hat, aber nicht die Erziehungs­gewalt über Donald. Glauben Sie, dass Donald irgendwann mal altersweis­e wird?

Da ich Donald wünsche, dass er mindestens 200 Jahre alt wird, ist mir das völlig egal. Sollte er wirklich altersweis­e werden, tun mir heute schon die späteren Schreiber von Donald-geschichte­n leid. dpa

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Foto: Sina Schuldt/dpa Jan Gulbransso­n begann 1980, Donald für einen niederländ­ischen Verlag, der die Disney-rechte innehatte, zu zeichnen.
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