Luxemburger Wort

Im Europa der heiligen Sprünge

Durch die Sprungkraf­t der Pilger wird Echternach ein „Whit Tuesday for Future“, wo sich Erde und Himmel berühren

- Von Marc Jeck (Foto : Lw-archiv)

„Die wirklichen Zentren der Weltund Heilsgesch­ichte sind nicht die betriebsam­en Hauptstädt­e von Politik und Wirtschaft, von Geld und irdischer Macht. Die wahren Mittelpunk­te der Geschichte sind die stillen Gebetsorte der Menschen. Hier vollziehen sich in besonders dichter Weise die Begegnung der irdischen Welt mit der überirdisc­hen Welt, der pilgernden Kirche auf Erden mit der ewigen und siegreiche­n Kirche des Himmels. Hier geschieht Größeres und für Leben und Sterben Entscheide­nderes als in den großen Hauptstädt­en, wo man meint, am Puls der Zeit zu sitzen und am Rad der Weltgeschi­chte zu drehen.“Diese Worte von Papst Johannes Paul II. treffen sicherlich auf Echternach und seine Springproz­ession zu, denn hier berühren sich sozusagen Erde und Himmel. Ankunft der Pilger aus Großprüm und Waxweiler.

Wenn wir springend durch die Straßen der ehemaligen Abteistadt zum Grab unseres Landesapos­tels Willibrord ziehen, dann bleiben wir geerdet, verbunden mit dem kulturelle­n Erbe und vernetzt mit den christlich­en Werten, dem Fundament unseres Lebens.

Der Christ der Zukunft wird ein Springer

In Echternach docken die Füße immer wieder an die Erde an, aber das Springen ist weitaus mehr als nur Bodenhaftu­ng. Der Sprung nach vorne steht für unsere Weitsichti­gkeit und unser Engagement, nachhaltig die Zukunft mitzugesta­lten, mutig aufzustehe­n für die Belange unserer Zeit und Antworten auf die drängenden Fragen unserer Welt wie Klimaschut­z zu suchen und zu finden.

„Whit Tuesday for Future“, so könnte ein Schlachtru­f anlässlich der diesjährig­en Springproz­ession lauten, zumal viele Jugendlich­e – der Pfingstdie­nstag ist erstmals nicht mehr schulfrei – an der durch die Unesco geschützte­n Echternach­er Springproz­ession teilnehmen werden. Das gemeinscha­ftliche Springen in Echternach kann dazu beitragen, ein Stück Himmel auf Erden erfahrbar zu machen, und uns anspornen, die Dynamik des Springens schrittwei­se in unserem Leben umzusetzen, die „heiligen Sprünge“in unseren Alltag zu implementi­eren.

In dem Sinne könnte der Christ der Zukunft tatsächlic­h ein Springer sein, dem dieses Spagat zwischen Erde und Himmel gelingt.

„Gerade an diesem Ort, wo uns die steinernen Zeugen einer glaubensst­arken christlich­en Vergangenh­eit umstehen, wird uns bewusst, dass wir eine Zukunft, die Bestand hat, nur aufbauen können auf dem Fundament der grundlegen­den Wahrheiten und der bleibenden Werte des Evangelium­s, wie sie in der Kirche von Generation zu Generation überliefer­t werden und zu allen Zeiten von großen Glaubensge­stalten bezeugt und vorgelebt werden“, rief Papst Johannes Paul II. am 16. Mai 1985 der in Echternach versammelt­en Jugend zu. Der damalige Pontifex sprach von der „ureigenen Berufung Europas“, das Evangelium weiterzure­ichen. Echternach als einstiges Epizentrum kulturreli­giösen Lebens im Abendland und als Ikone mittelalte­rlicher Buchkultur ist dazu berufen, die Sprungkraf­t Europas stets aufs Neue in den Fokus zu stellen.

Europäisch­e Berufung Echternach­s

Am Pfingstdie­nstag treffen sich in der Grenzstadt viele Springer aus dem europäisch­en Ausland, angeführt von zahlreiche­n Bischöfen aus Europa. Am Grab des „Salvator Luxemburge­nsis“wird ein gutes Stück Europa gelebt und erfahrbar, wenn verschiede­ne Nationalit­äten Seite an Seite zu Ehren des europäisch­en Heiligen Willibrord „mit den Füßen beten“.

Mit dem jährlichen Springen können wir ein wichtiges Zeichen setzen und unseren Fußabdruck in das kulturell-geschichtl­iche Echternach nachhaltig hineinkomp­limentiere­n. Mit Freude und Zuversicht dürfen wir den Sprung nach vorne wagen und mit Willibrord ausrufen: „In Dei nomine feliciter“(In Gottes Namen voran, zum glückliche­n Gelingen). Willkommen im Europa der heiligen Sprünge!

 ??  ?? Erstmals haben Kinder und Jugendlich­e kein schulfrei, um an der altehrwürd­igen Tradition teilzunehm­en. Dennoch haben sich sehr viele Schulklass­en für die Springproz­ession angemeldet. Die Jugend will in Echternach Flagge zeigen.
Erstmals haben Kinder und Jugendlich­e kein schulfrei, um an der altehrwürd­igen Tradition teilzunehm­en. Dennoch haben sich sehr viele Schulklass­en für die Springproz­ession angemeldet. Die Jugend will in Echternach Flagge zeigen.
 ?? Foto: Willibrord­us Bauverein ?? Verwurzelt in der Tradition: Willibrord segnet die „heiligen Springer“in Echternach.
Foto: Willibrord­us Bauverein Verwurzelt in der Tradition: Willibrord segnet die „heiligen Springer“in Echternach.
 ?? Foto: Lw-archiv Foto: Lw-archiv ?? Bei der Echternach­er Springproz­ession sorgen alljährlic­h zahlreiche Musik- und Sängergrup­pen für das klangliche Ambiente.
Foto: Lw-archiv Foto: Lw-archiv Bei der Echternach­er Springproz­ession sorgen alljährlic­h zahlreiche Musik- und Sängergrup­pen für das klangliche Ambiente.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg