Im Europa der heiligen Sprünge
Durch die Sprungkraft der Pilger wird Echternach ein „Whit Tuesday for Future“, wo sich Erde und Himmel berühren
„Die wirklichen Zentren der Weltund Heilsgeschichte sind nicht die betriebsamen Hauptstädte von Politik und Wirtschaft, von Geld und irdischer Macht. Die wahren Mittelpunkte der Geschichte sind die stillen Gebetsorte der Menschen. Hier vollziehen sich in besonders dichter Weise die Begegnung der irdischen Welt mit der überirdischen Welt, der pilgernden Kirche auf Erden mit der ewigen und siegreichen Kirche des Himmels. Hier geschieht Größeres und für Leben und Sterben Entscheidenderes als in den großen Hauptstädten, wo man meint, am Puls der Zeit zu sitzen und am Rad der Weltgeschichte zu drehen.“Diese Worte von Papst Johannes Paul II. treffen sicherlich auf Echternach und seine Springprozession zu, denn hier berühren sich sozusagen Erde und Himmel. Ankunft der Pilger aus Großprüm und Waxweiler.
Wenn wir springend durch die Straßen der ehemaligen Abteistadt zum Grab unseres Landesapostels Willibrord ziehen, dann bleiben wir geerdet, verbunden mit dem kulturellen Erbe und vernetzt mit den christlichen Werten, dem Fundament unseres Lebens.
Der Christ der Zukunft wird ein Springer
In Echternach docken die Füße immer wieder an die Erde an, aber das Springen ist weitaus mehr als nur Bodenhaftung. Der Sprung nach vorne steht für unsere Weitsichtigkeit und unser Engagement, nachhaltig die Zukunft mitzugestalten, mutig aufzustehen für die Belange unserer Zeit und Antworten auf die drängenden Fragen unserer Welt wie Klimaschutz zu suchen und zu finden.
„Whit Tuesday for Future“, so könnte ein Schlachtruf anlässlich der diesjährigen Springprozession lauten, zumal viele Jugendliche – der Pfingstdienstag ist erstmals nicht mehr schulfrei – an der durch die Unesco geschützten Echternacher Springprozession teilnehmen werden. Das gemeinschaftliche Springen in Echternach kann dazu beitragen, ein Stück Himmel auf Erden erfahrbar zu machen, und uns anspornen, die Dynamik des Springens schrittweise in unserem Leben umzusetzen, die „heiligen Sprünge“in unseren Alltag zu implementieren.
In dem Sinne könnte der Christ der Zukunft tatsächlich ein Springer sein, dem dieses Spagat zwischen Erde und Himmel gelingt.
„Gerade an diesem Ort, wo uns die steinernen Zeugen einer glaubensstarken christlichen Vergangenheit umstehen, wird uns bewusst, dass wir eine Zukunft, die Bestand hat, nur aufbauen können auf dem Fundament der grundlegenden Wahrheiten und der bleibenden Werte des Evangeliums, wie sie in der Kirche von Generation zu Generation überliefert werden und zu allen Zeiten von großen Glaubensgestalten bezeugt und vorgelebt werden“, rief Papst Johannes Paul II. am 16. Mai 1985 der in Echternach versammelten Jugend zu. Der damalige Pontifex sprach von der „ureigenen Berufung Europas“, das Evangelium weiterzureichen. Echternach als einstiges Epizentrum kulturreligiösen Lebens im Abendland und als Ikone mittelalterlicher Buchkultur ist dazu berufen, die Sprungkraft Europas stets aufs Neue in den Fokus zu stellen.
Europäische Berufung Echternachs
Am Pfingstdienstag treffen sich in der Grenzstadt viele Springer aus dem europäischen Ausland, angeführt von zahlreichen Bischöfen aus Europa. Am Grab des „Salvator Luxemburgensis“wird ein gutes Stück Europa gelebt und erfahrbar, wenn verschiedene Nationalitäten Seite an Seite zu Ehren des europäischen Heiligen Willibrord „mit den Füßen beten“.
Mit dem jährlichen Springen können wir ein wichtiges Zeichen setzen und unseren Fußabdruck in das kulturell-geschichtliche Echternach nachhaltig hineinkomplimentieren. Mit Freude und Zuversicht dürfen wir den Sprung nach vorne wagen und mit Willibrord ausrufen: „In Dei nomine feliciter“(In Gottes Namen voran, zum glücklichen Gelingen). Willkommen im Europa der heiligen Sprünge!